Auch der stärkere Euro hat die Rekordjagd der deutschen Exportunternehmen bislang nicht gebremst. Im vergangenen Jahr stiegen die Ausfuhren um 6,3 Prozent auf den neuen Bestwert von 1279,4 Milliarden Euro. Der Außenhandelsverband BGA erwartet eine Fortsetzung des Booms in diesem Jahr und damit den fünften Exportrekord in Folge. Ganz ungetrübt ist das Bild allerdings nicht.
Die Unternehmen in Europas größter Volkswirtschaft profitieren vor allem von der Erholung der Weltwirtschaft, die die Nachfrage nach Maschinen, Autos und anderen Produkten aus deutscher Herstellung anheizt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet auch 2018 und 2019 mit einem kräftigen globalen Wachstum. "Die weltweite Nachfrage nach deutschen Produkten wird stark bleiben und die Produktion der deutschen Industrie stützen", sagt der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands BDI, Joachim Lang voraus.
Auch die Wirtschaft in der Eurozone hat die Krisenjahre hinter sich gelassen und wächst wieder robust. Im vergangenen Jahr stieg die Wirtschaftsleistung im gemeinsamen Währungsraum und in der Europäischen Union nach vorläufigen Zahlen um jeweils 2,5 Prozent. Die EU ist der wichtigste Absatzmarkt für Waren "made in Germany".
Entsprechend optimistisch sind die Unternehmen. Nach der jüngsten Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) haben sich die Exporterwartungen deutlich verbessert - "vor allem dank der guten wirtschaftlichen Entwicklung in Europa".
Starker Euro ohne Auswirkungen auf das Wachstum
Selbst der stärkere Euro hat bislang keine Bremsspuren hinterlassen. Gewinnt die Gemeinschaftswährung gegenüber Dollar und Co. an Wert, verteuert das tendenziell Waren auf Märkten außerhalb des Euroraumes. Das kann die Nachfrage dämpfen.
Der Chef des Kreditversicherers Euler Hermes, Ron van het Hof, sieht die Stärken der deutschen Exportindustrie in ihrer Vielfalt und der hohen Wettbewerbsfähigkeit. "Immer dann, wenn es um High-End-Produkte geht, sind deutsche Produkte gefragt. Das gilt nach wie vor für deutsches Maschinenbau-Know-how, Chemie-Erzeugnisse und Automobile." Eine zentrale Rolle spielten kleine und mittlere Firmen, "von denen viele in ihrem jeweiligen Bereich tatsächlich Weltmarktführer sind".
Doch es gibt auch Gegenwind: "Immer mehr Länder suchen die Lösung für globale Herausforderungen in nationalen Rezepten und einem "Mein Land zuerst". Für eine internationale Volkswirtschaft wie die unsere, die auf Exporte wie Importe angewiesen ist, ist das brandgefährlich", warnte BGA-Präsident Holger Bingmann jüngst.
Deutschland profitiert vom Freihandel enorm
Vor allem US-Präsident Donald Trump macht seit seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr Front gegen den Freihandel. "Die US-Politik macht Schule. Die Idee, die heimische Industrie gegen ausländische Konkurrenz abzuschirmen, greift um sich", meint Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.
"Unsere Unternehmen sind beunruhigt, dass die USA deutlich stärker als bisher Gebrauch von ungerechtfertigten Anti-Dumping-Maßnahmen machen", beschrieb Dieter Kempf, Präsident des BDI, jüngst die Sorgen der deutschen Industrie. Zuletzt verhängte Washington Strafzölle auf Waschmaschinen und Solarmodule. Dies wurde als direkter Angriff auf die großen Produzenten-Länder China und Südkorea gewertet - und schürte Sorgen vor Handelskonflikten. Die USA prüfen auch Strafzölle auf Stahleinfuhren. Dies könnte auch deutsche Unternehmen treffen.
US-Präsident Trump stört sich an Deutschlands Überschüssen
Trump stört sich an den hohen Überschüssen anderer Länder - darunter Deutschland - im Handel mit den USA. Im ersten Amtsjahr des Republikaners importierten die Vereinigten Staaten insgesamt allerdings erneut deutlich mehr Waren, als sie einführten. Das Handelsdefizit stieg 2017 um 12 Prozent auf 566 Milliarden Dollar - der höchste Wert seit der globalen Finanzkrise 2008.
Auch bei anderen Handelspartnern sorgt Deutschlands Stärke immer wieder für Kritik. Im vergangenen Jahr wurde die Lücke etwas kleiner, weil die Importe stärker wuchsen als die Ausfuhren. "Der dadurch sinkende Außenhandelsüberschuss sollte auch den Kritikern Deutschlands etwas den Wind aus den Segeln nehmen", sagt Bingmann. (dpa/rs)