Die Vertreter der deutschen ITK-Branche ziehen eine positive Bilanz für das Jahr 2015 und blicken auch optimistisch dem weiteren Jahresverlauf 2016 entgegen. Für das abgelaufene Jahr bilanziert der Branchenverband Bitkom ein Marktvolumen von 157,6 Milliarden Euro, das sind 2,9 Prozent mehr als im vorangegangenen Jahr. Damit fiel das Plus deutlich höher aus als noch vor wenigen Monaten prognostiziert. Im Herbst 2015 waren die Bitkom-Funktionäre noch von einem Wachstum in Höhe von 1,9 Prozent ausgegangen. Für 2016 rechnet der Verband mit einem Plus von 1,7 Prozent auf 160,2 Milliarden Euro.
Ein Blick auf die verschiedenen Marktsegmente zeigt indes, dass die Entwicklungen teilweise sehr unterschiedlich verlaufen. So hatte 2015 ein unerwartet starkes Smartphone-Geschäft die gesamte Branche beflügelt. Die Umsätze mit TK-Endgeräten legten im Vergleich zum Vorjahr um 19,3 Prozent zu. Allein mit Smartphones verdienten die Hersteller hierzulande 10,3 Milliarden Euro, ein Plus von 22,1 Prozent. Das ist mehr, als die gesamte Consumer-Electronic-(CE) Branche 2015 in Deutschland umsetzte.
Smartphone-Boom flaut ab
Der beispiellose Boom des vergangenen Jahres hat allerdings Folgen für das laufende Jahr. Zwar soll das Smartphone-Business in Deutschland weiter wachsen, allerdings nur noch um 0,7 Prozent auf 10,4 Milliarden Euro. Insgesamt werde der Markt für TK-Endgeräte 2016 um 0,2 Prozent auf elf Milliarden Euro schrumpfen. Etwas durchatmen können der Bitkom-Prognose zufolge die Anbieter von TK-Diensten. Nachdem deren Markt hierzulande in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich geschrumpft ist - zuletzt 2015 um 0,2 Prozent - ist für das laufende Jahr zumindest eine schwarze Null prognostiziert.
Die Anbieter stünden vor der Herausforderung, mit rückläufigen beziehungsweise stagnierenden Einnahmen die für den Netzausbau notwendigen Investitionen stemmen zu müssen, berichtete Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. In den vergangenen Jahren seien insgesamt rund 170 Milliarden Euro in den deutschen Netzausbau geflossen. Das spiegelt sich auch im wachsenden Markt für TK-Infrastruktur wider. Das Segment legte im vergangenen Jahr um 2,5 Prozent zu. Für 2016 prognostizieren die Auguren ein weiteres Plus von 2,9 Prozent.
Software treibt die IT-Geschäfte an
Solide entwickelt sich den Bitkom-Zahlen zufolge der gesamte Bereich Informationstechnologie. Das Segment soll 2016 um drei Prozent auf ein Volumen von 83,5 Milliarden Euro zulegen. Dabei könnten alle drei Segmente auf eine positive Entwicklung hoffen. Für die Hardware ist ein Plus von 0,8 Prozent vorhergesagt (2015: plus 5,1 Prozent). Der Umsatz mit IT-Services soll 2016 um 2,7 Prozent zulegen (2015: plus 2,6 Prozent). Der stärkste Treiber bleibt allerdings das Software-Business, das im laufenden Jahr um 6,2 Prozent wachsen soll. Die gleiche Wachstumsrate stand bereits im Vorjahr zu Buche.
Etwas zuversichtlicher können auch die CE-Anbieter dem weiteren Jahresverlauf entgegen sehen. Zwei sportliche Großereignisse, die Fußball-Europameisterschaft in Frankreich sowie die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro sollen den Umsatz mit Unterhaltungselektronik 2016 um 0,2 Prozent wachsen lassen. Im Vorjahr waren die Einnahmen dieser Branche hierzulande noch um 5,3 Prozent geschrumpft.
Deutschland weltweit viertgrößter ITK-Markt
Insgesamt zeigten sich die Verbandsverantwortlichen angesichts dieser Zahlen zufrieden. Bitkom-Präsident Thorsten Dirks sprach von einem erfreulichen Wachstum. Deutschland reiht sich mit seinem ITK-Marktvolumen und einem weltweiten Anteil von 4,4 Prozent global auf Platz vier ein, hinter den USA (28,1 Prozent), China (11,9 Prozent) und Japan (6,4 Prozent). Insgesamt sollen die globalen ITK-Umsätze 2016 um 2,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 2881 Milliarden Euro zulegen, berichtet der Bitkom unter Berufung auf Marktzahlen von EITO und IDC. Treiber sind einmal mehr China (plus 4,6 Prozent) und die Vereinigten Staaten (plus 3,5 Prozent). Die Europäische Union insgesamt schwächelt dagegen mit einem mageren Plus von 0,1 Prozent.
Trotz der positiven Marktentwicklung sehen die Bitkom-Verantwortlichen durchaus Bedarf für Verbesserungen im hiesigen ITK-Sektor. Angesichts der rund 43.000 offenen und nur schwer zu besetzenden Stellen für IT-Experten mahnte Dirks entschiedenere Maßnahmen zur Modernisierung des Bildungssystems an. "Wir müssen in der Schule die Grundlage für die künftige Aus- und Weiterbildung schaffen", so der Bitkom-Präsident.
Der Verband fordert die Einführung eines Pflichtfachs Informatik sowie von der ersten Grundschulklasse an Englisch-Unterricht. Englisch sei die Weltsprache der digitalen Wirtschaft. "Nach der Grundschule sollten alle Kinder flüssig Englisch sprechen können", formuliert Dirks die Erwartungshaltung des Bitkom.
Digitalbranche ist ein Jobmotor
Insgesamt entwickelt sich der deutsche ITK-Jobmarkt jedoch positiv. 62 Prozent der Unternehmen wollen 2016 weitere Mitarbeiter einstellen, nur acht Prozent rechnen mit einem Stellenabbau. Insgesamt würden Ende des Jahres 1,022 Millionen Menschen im hiesigen ITK-Sektor arbeiten, so die Prognose des Verbands, ein Plus von 20.000 Stellen gegenüber 2015.
Insgesamt habe der Sektor in den vergangenen fünf Jahren rund 135.000 neue Jobs geschaffen, sagte Dirks und bezeichnete die Digitalbranche als wichtigen Jobmotor für Deutschland. "Mit 1,022 Millionen Beschäftigten festigt die Bitkom-Branche ihre Position als zweitgrößter industrieller Arbeitgeber, nur knapp hinter dem Maschinenbau, aber deutlich vor anderen Leitbranchen wie der Automobilindustrie oder der chemischen Industrie."
Damit dies so bleibt, kündigte der Präsident an, das Thema Bildung ganz oben auf diesjährige Agenda des Bitkom zu setzen. Auch der wieder im Herbst stattfindende IT-Gipfel soll sich vornehmlich mit der Ausbildung von IT-Experten beschäftigen. Dirks sieht etliche Baustellen in diesem Umfeld. Von gut 35.000 Studienanfängern im Bereich Informatik aus dem Jahr 2014 seien lediglich knapp 8000 Frauen. Ferner sprach Dirks von einer Verlustrate von zwei Dritteln. Am Ende stünden dem Arbeitsmarkt lediglich 12.000 Abgänger zur Verfügung. Der Rest breche das Studium ab oder entscheide sich für eine andere berufliche Zukunft.
Fremdenfeindliche Atmosphäre schreckt ausländische Fachkräfte ab
Um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern, benötigt die deutsche Wirtschaft nach Ansicht des Bitkom kurz- und mittelfristig weiter Zuwanderung von IT-Experten. "Ohne die Zuwanderung von ausländischen Fachkräften, ohne ausländische Studierende, ohne den internationalen Austausch können wir die digitale Transformation nicht erfolgreich gestalten", mahnte Dirks. Angesichts einer wachsenden rechtspopulistischen und fremdenfeindlichen Stimmung warnte der Bitkom-Präsident aber auch vor den Folgen für die international ausgerichtete IT- und Telekommunikationsbranche. "In einer fremdenfeindlichen und gewalttätigen Atmosphäre werden es Unternehmen sehr schwer haben, die international gefragten Spezialisten zu gewinnen."