„Mehrere hundert Millionen Bürger sind nicht nur auf die öffentliche Verwaltung angewiesen, sie wollen vielmehr eine neue, interaktive Beziehung zu ihren Regierungen aufbauen", sagte Neelie Kroes, EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, als sie im Dezember 2010 den neuen E-Government Action Plan 2011-2015 vorstellte.
Einer neuen Studie (PDF) von Capgemini und anderen zufolge ist Europa schon gut vorangekommen. Im Durchschnitt sind 82 Prozent der 20 wichtigsten Behördendienstleistungen in den Staaten der Europäischen Union sowie Kroatien, Island, Norwegen, der Schweiz und der Türkei vollständig online umgesetzt. Mit einem Zuwachs von 13 Prozentpunkten im Vergleich zu 2009 hat sich damit die Situation deutlich verbessert.
Online-Verfügbarkeit steigt auf 90 Prozent
Am besten schneiden in der Studie die Länder Österreich, Italien, Malta, Portugal und Schweden ab. Der durchschnittliche Grad der Online-Verfügbarkeit von Dienstleistungsangeboten stieg ebenfalls - auf 90 Prozent. Österreich, Irland, Malta und Portugal liegen bei dabei ganz vorne, dicht gefolgt von Deutschland und Schweden. Die Schlusslichter sind Zypern und Griechenland.
Das ist das Ergebnis der neunten Benchmark-Studie der EU-Kommission zum E-Government in Europa, die von Capgemini, dem Rand Europe Institut, dem Analystenhaus IDC und dem Dänischen Technologie Institut durchgeführt wurde. Die Studie dokumentiert seit 2001 jährlich den Fortschritt von E-Government in Europa. Die Studie wurde in der diesjährigen Ausgabe inhaltlich breiter angelegt als bisher. Basis der Studie bildet die Untersuchung von mehr als 10.000 Behördenwebseiten in allen 32 Teilnehmerländern.
Im Ergebnis der diesjährigen Studie sind in Deutschland 95 Prozent der 20 untersuchten Dienstleistungen vollständig online verfügbar, was gegenüber 2009 einer Verbesserung von 21 Prozentpunkten entspricht. Damit hat sich Deutschland im Gesamtranking auf den zwölften Platz verbessert, liegt aber damit immer noch hinter der Platzierung aus der Untersuchung von 2007 (Platz 8).
Deutschland bedarf noch Anstrengungen für Spitzenplatz
„Erklärtes Ziel ist der Vorstoß in die Spitzengruppe. Um dies erreichen zu können, bedarf es in den kommenden Jahren allerdings noch einiger Anstrengungen", sagte Tom Gensicke, Leiter Public Services bei Capgemini Consulting, zum Ergebnis.
Beim Grad der Online-Verfügbarkeit, die anhand einer fünfstufigen Skala gemessen wird, erreicht Deutschland 99 Prozent und verbessert sich vom zwölften auf den sechsten Rang. Gleichauf liegen hier Italien und Schweden. Hier zeigt sich der Aufwärtstrend erneut deutlich: 2009 erreichte Deutschland zehn Prozentpunkte weniger und rangierte im Mittelfeld.
Die deutschen Webportale werden hinsichtlich ihrer Gestaltung als bürgerorientiert erlebt, haben zufriedenstellende Werte im Bereich Benutzerfreundlichkeit, weisen jedoch noch großen Nachholbedarf bei der Vernetzung der einzelnen Angebote auf. Mit nur 13 erreichten Prozentpunkten ist der Abstand zum EU-Durchschnitt von 77 Prozentpunkten sehr groß.
Schlechtes Ergebnis bei Ausschreibungen wegen Föderalismus
Die öffentliche Hand wickelt ihren Einkauf von Jahr zu Jahr stärker über elektronische Prozesse ab. Dies steigert die Transparenz, ermöglicht Einsparungen beim Einkauf und trägt so zur Haushaltskonsolidierung bei. Hier verbessert sich Deutschland von 71 Prozent (2009) auf 79 Prozent und liegt damit leicht über dem EU-Durchschnitt. Betrachtet man ausschließlich die Prozessschritte vor der Auftragsvergabe, so schneidet Deutschland allerdings schlechter ab als die EU-Vergleichsgruppe. Hier zeige sich, dass es im föderalen Deutschland aufgrund der Vielzahl von Vergabeportalen immer noch schwierig sei, von einer Ausschreibung zu erfahren.
Obwohl die Ergebnisse der diesjährigen Studie vielversprechend seien, werde es in den kommenden Jahren darauf ankommen, die Onlineangebote der Behörden weiter zu entwickeln, so die Autoren. In dieser Hinsicht bewertet die Studie den in Deutschland neu geschaffenen IT-Planungsrat als übergreifende Koordinierungsstelle positiv.
Bund, Kommunen und Länder in der Pflicht
„Nur wenn wir E-Government-Dienstleistungen auch auf Länder- und kommunaler Ebene stärker ausbauen und Querverbindungen schaffen, wird Deutschland eine europäische Spitzenposition erreichen und wettbewerbsfähig bleiben", sagt Gensicke. Auch müsse dem Wandel in der Gesellschaft Rechnung getragen werden, der immer mehr engagierte, technisch versierte Bürger hervorbringe. „Die Wirtschaftskrise und der demographische Wandel zwingen die Regierungen ihr Handeln zu überdenken."
Quelle: CIO.de