EU-Länderanalyse

Deutschland verliert im Benchmark

30.11.2009 von Johannes Klostermeier
In der aktuellen Benchmark-Analyse für E-Government stellen Capgemini, Rand Europe Institut, Dänisches Technologie Institut und IDC fest: Der Ausbau von Online-Dienstleistungen steigt. Nur die Nutzer wollen noch nicht so richtig mit machen. Und Deutschlands Stern sinkt.

Die EU-Staaten sind, so die Studie, beim Ausbau von Verwaltungsvorgängen, die Bürger online erledigen können, allgemein gut voran gekommen. Von 20 zuvor definierten Dienstleistungen sind in den Staaten der EU plus Island, Norwegen, der Schweiz und Kroatien im Durchschnitt 71 Prozent vollständig online verfügbar. Im Jahr 2007 war es nur 59 Prozent. Die Studie untersucht 20 grundlegende Service-Angebote der Öffentlichen Hand anhand von rund 14.000 Internetseiten von Behörden in 31 europäischen Staaten.

Österreich, Malta, Portugal, Großbritannien Schweden und Slowenien sind die führenden Staaten des Rankings, das bereits seit 2001 regelmäßig im Auftrag des Generaldirektoriats für die Informationsgesellschaft und Medien der EU-Kommission durchgeführt wird. Die 8. Benchmark-Studie zum Stand des E-Government in Europa beruht auf dem i2010 Policy Aktionsplan der EU.

Deutschland hat sich in der Rangliste um sieben Plätze verschlechtert. Stand es zuvor auf Platz 8, so sank es jetzt auf Platz 15. Die Ursache sei, dass sich Deutschland im Vergleich zur letzten Studie nicht verbessert habe. Dadurch konnten andere Länder an Deutschland vorbei ziehen. Deutschland liegt jetzt leicht über dem EU-Durchschnitt im Mittelfeld bis 71 Prozent. Die Schweiz konnte sich zwar verbessern, ist aber Schlusslicht, schreiben die Autoren.

„Die weltweiten Bürger wissen was an Service möglich ist und erwarten dies von ihren Kommunen, Ländern und dem Staat", kommentiert Tom Gensicke, Leiter Public Services bei Capgemini. „Die Fähigkeit, die zur Verfügung stehenden Mittel und Technologien in spürbare Ergebnisse umzusetzen, spielt hierbei eine entscheidende Rolle. "Wenn wir die Möglichkeiten nicht nutzen, fallen wir im globalen Standortwettbewerb hinter anderen Nationen weiter zurück."

Positiv hervorgehoben werden die Länder Polen und Lettland, die beide sehr deutlich zulegen konnten. Die Gründe dafür, so die Autoren, sei, dass das Thema E-Government hier an höchster Stelle aufgehängt ist und dass es zudem klare Prioritäten gebe und zwischen den zuständigen Institutionen eine gute Zusammenarbeit herrsche.

Der durchschnittliche Umsetzungsgrad der Dienstleistungen online hat seit der letzten Messung von 76 Prozent um sieben Prozentpunkte auf 83 Prozent zugelegt. Dieser wird an Hand einer fünfstufigen Skala gemessen, die von der reinen Bereitstellung von Informationen bis hin zur vollständigen Integration mit Backoffice-Prozessen reicht.

Generelles Problem über ganz Europa hinweg bleibt jedoch, so stellt die Studie fest, dass es eine deutliche Lücke zwischen der Verfügbarkeit der Dienstleistungen und ihrer tatsächlichen Nutzung gibt. Die meisten Behörden würden „nicht aktiv genug auf ihre Kunden hören“, kritisieren die Verfasser. Länder, die eine stärker bürgerorientierte Politik betreiben, seien hier im Vorteil.

Benutzerführung wird immer wichtiger

Nachdem der Ausbau des E-Government insgesamt vorangeht, werde nun auch der Benutzerführung mehr Bedeutung zugemessen. Dabei ginge es um die Zugangsmöglichkeiten über Portale, die Einfachheit der Bedienung, Feedback-Möglichkeiten oder der Bewertung von Services. Hinzu kämen Web 2.0-Techniken und Social Networks. Länder wie Österreich, Dänemark, Estland oder die Niederlande seien hierfür gute Beispiele.

Die Wirtschaftskrise werde allerdings auf viele Jahre die finanziellen Möglichkeiten der EU-Staaten einschränken, so die Autoren in einem Ausblick in die Zukunft. "Sparen und besser werden" laute deswegen hier die Devise. Insgesamt legten die Staaten unter dem bestehenden Kostendruck ein größeres Augenmerk auf die Konsolidierung sowie die gemeinsame Nutzung von Infrastrukturen und Service-Erbringung. Allerdings habe sich die Idee einiger Staaten, so genannte Shared Services aufzubauen, im gesetzten Zeitrahmen noch nicht ausgezahlt.

Die Studie steht zum Download unter www.de.capgemini.com/presse/studien bereit.