Moderne Smartphones mit Daten-Flatrates machen die mobile Nutzung von Facebook, YouTube, Google Plus und Twitter immer attraktiver. Über soziale Netzwerke kann man allzeit am Leben der Anderen teilhaben. Damit wächst der mobile Daten-Download rasant - und der mobile Upload noch rasanter. Denn immer mehr mobile User wollen nicht nur passiv konsumieren, sondern das selber Erlebte auch mit anderen teilen, sprich Fotos, Videos, Posts und Tweets aktiv in das Internet hochladen. Dieses veränderte Verhalten spüren alle Mobilfunk-Betreiber auch ganz massiv in ihren Netzen, gerade bei großen Events, von Musik über Sport bis hin zu Volksfesten.
Das zeigt auch ein Blick in die Vorjahre. Hartmut Kremling, CTO bei Vodafone Deutschland, erinnert sich:"Auf dem Oktoberfest 2012 in München hatten wir 3,5-mal so viel Datenverkehr wie nur ein Jahr zuvor, weil beispielsweise immer mehr Videos gesendet werden. Die haben natürlich noch größere Datenmengen als Bilder, von denen auch immer mehr verschickt werden. Wir erleben gerade, dass das Internet wirklich mobil wird, und darüber freue ich mich. Das ist eine große Herausforderung für uns und auf dem Oktoberfest zeigen wir, wie wir diese mit zusätzlichen Kapazitäten meistern".
Vodafone: Wiesn-Traffic verdreifacht
LTE-Antennen von Vodafone hingen 2012 aber noch nicht direkt auf dem Festgelände. Der neue Turbo-Funk strahlte "nur" von den umliegenden Standorten in das Fest hinein. Trotzdem hat der Autor in etlichen Messungen schon auf der Wiesn 2012 mit gut 13 MBit/s im Download und über 14 MBit/s im Upload einen recht brauchbaren LTE-Datendurchsatz bekommen.
Auch 2013 funkt Vodafone das reichweitenstarke LTE-800 "nur" aus den umliegenden Stationen in die Wiesn hinein. Zusätzlich haben die Düsseldorfer jetzt aber innerhalb der Wiesn erstmals einen LTE-2600-MHz-Masten mit drei Sektoren, der das ganze Festgelände von innen her versorgt. Er steht am Südende der Wiesn, zwischen Kufflers Weinzelt und Käfers Schänke.
Mit LTE-2600 kann Vodafone bei entsprechender Versorgung grundsätzlich schon bis zu 150 MBit/s Download auf ein geeignetes LTE-Cat4-Handy senden, etwa auf ein Huawei P2, sofern eine SIM-Karte mit einem Vodafone RED Premium Tarif drin steckt. Doch so ein Massen-Event mit sechs Millionen Besuchern wäre wohl der falsche Ort, um die Grenzen von LTE-Cat4 auszuloten. Die Stationen seien so konfiguriert, dass trotz Besucheransturm möglichst viele Nutzer zeitgleich von hohen Datenraten profitieren und nicht wenige von Spitzen-Datenraten, erklärt dazu Dirk Ellenbeck, Leiter Kommunikation, Technik & Innovationen, Vodafone Deutschland.
Neben LTE hat Vodafone heuer sieben GSM-900-MHz-Standorte mit 19 Sektoren, zudem sieben GSM-1800-MHZ-Standorte mit ebenfalls 19 Sektoren sowie zwölf UMTS-Standorte mit 31 Sektoren und 72 Zellen aufgebaut. Die Anbindung des ganzen Wiesn-Hotspots wurde von 200 MBit/s auf 1 GBit/s deutlich erhöht. Sie läuft über 1-GBit/s-Ethernet, Glasfaser und Richtfunk. Das klingt nach einer hohen Ausfallsicherheit. Auch außerhalb der Theresienwiese hat Vodafone sich auf den Besucheransturm vorbereitet und rechtzeitig zur Wiesn 2013 ein hochkapazitives Mobilfunknetz auf engstem Raume in der Münchener Innenstadt gebaut.
E-Plus setzt auf HSPA+ im Dual-Cell-Modus
E-Plus wiederum stellt laut Unternehmenssprecher Jörg Borm die Versorgung der Wiesn über insgesamt 11 Mobilfunkstandorte auf und neben dem Gelände sicher. Zusätzlich versorgten die bereits vorhandenen Anlagen in München das weiträumige Umfeld um das Festgelände. Erstmals sei es den Besuchern außerdem möglich, mit HSPA+ im Dual Cell-Modus und damit mit bis zu 42 MBit/s direkt von der Wiesn ins mobile Internet zu gehen. Die Anbindung der Stationen erfolgt über Richtfunk und Mietleitungen. Kein Wort zu LTE. Auf Nachfrage vertritt Borm die Meinung, dass es viele User gar nicht interessiert, über welche Funknorm sie genau im Internet surfen. Hauptsache es funktioniert. Außerdem gibt er zu bedenken, dass sich die Mitbewerber den LTE-Spaß mit entsprechend hohen Gebühren vom User bezahlen lassen.
o2 verdreifacht LTE zur Wiesn 2013
Schon zur Wiesn 2012 hatte o2 die Kapazitäten vor Ort verdreifacht und war erstmals auch mit zwei LTE-Stationen an den Start gegangen. Wie Franz Erhart, Specialist Network Optimisation & Performance bei Telefónica Deutschland, ausführt, wird in diesem Jahr zwar bei der Telefonie mit einem ähnlich hohen Niveau wie im Vorjahr gerechnet. Bei der Nutzung mobiler Datendienste sei jedoch erneut eine Verdopplung im Vergleich zu 2012 zu erwarten. Aus diesem Grund habe o2 die Anzahl der 2G-, 3G- und 4G-Netzelemente mit über 40 Stück fast verdoppelt und diese auf 9 Standorte verteilt. Dazu gehörten allein sechs LTE-Stationen auf dem Festgelände - drei Mal so viele LTE-Stationen wie im Vorjahr.
Tatsächlich machten die O2-Mobilfunkschränke von Huawei bei einer Besichtigung Anfang September einen sehr modernen Eindruck. Man darf zur Wiesn 2013 auf gute o2-Connections gespannt sein. Der Verkehr aus dem o2-Hotspot werde über einen eigenen Glasfaserring auf dem Wiesn-Gelände geleitet und von dort - ebenfalls über Glasfaser - zu den "außenliegenden Konzentratoren bzw. BSC/RNC" von o2 abgeführt, erklärt Erhart.BSC steht für Base Station Controller und RNC für Radio Network Controller. Zusätzlich hat o2 aus Redundanzgründen eigene Richtfunk-Schüsseln auf der Wiesn 2013 installiert, und zwar neben dem Hippodrom und bei den Münchener Stadtwerken.
Telekom klotzt mit 10 LTE-Stationen
LTE hatte die Telekom 2012 noch nicht auf der Wiesn angeboten, wenngleich die 4G-Technologie - wie Tests zeigten - direkt auf dem Festgelände verfügbar waren. Beim Wiesn-Opening mit OB Christian Ude zog es im brechend vollen Schottenhamel-Festzelt beim weltberühmten O'zapfen immerhin knapp 10 MBit/s Download und knapp 4 MBit/s Upload bei Ping-Zeiten von 31 Millisekunden aus dem LTE-1800-Netz der Telekom.
In diesem Jahr ist es nun ganz offiziell verfügbar: Die Telekom hat sogar innerhalb der Theresienwiese gleich auf zehn Standorten LTE montiert, auf acht GSM und ebenfalls auf zehn Positionen UMTS-Antennen installiert. Abgeführt wird der gesamte Hotspot-Traffic laut Pressemann Dr. Markus Jodl ausschließlich über das eigene Glasfasernetz der Telekom. Richtfunkschüsseln zur Redundanz nutzt die Telekom hier nicht. Das Vertrauen in das eigene Glasfaser-Netz scheint hoch zu sein. Immerhin sind die Fasern unter dem Festgelände gut im Boden vergraben.
Telekom koordiniert Mobilfunk-Masten
Federführend für alle vier Mobilfunkbetreiber baute in den letzten Jahren jeweils die Deutsche Telekom im Vorfeld der Wiesn acht Mobilfunkmasten auf dem Festgelände auf. An den bis zu 15 Meter hohen Masten waren bislang je nach Bedarf bis zu vier Antennen-Kränze für die Mobilfunkstandards GSM und UMTS montiert, damit alle Handy-Typen die gängigen Sprach- und Datendienste nutzen können. Ab 2012 kamen die ersten LTE-Antennen dazu. Im September 2013 haben wir erstmals auch einen "fünfstöckigen" Masten gesehen. Damit baut die Telekom jedes Jahr die größte Mobilfunk-Sonderversorgung in ganz Deutschland auf. Der Mega-Hotspot für sechs Millionen Besucher könnte eine mittelgroße Stadt wie Augsburg oder Ingolstadt problemlos versorgen.
Auslandsgespräche boomen am Italiener-Weekend
Aus den Erfahrungen des vorherigen Jahres wissen die Netzplaner, wie sie die Antennen ausrichten müssen und wo sie mehr Kapazitäten brauchen. So werden zum Beispiel an einem einzigen Wiesn-Samstag allein im Netz der Telekom weit mehr als eine halbe Million Telefongespräche geführt und rund 300.000 SMS verschickt. Der Schwerpunkt sei auf der Wirtsgasse, bei den Eingängen und in den Festzelten zu messen. Das so genannte italienische Wochenende zur Wiesn-Halbzeit findet demnach auch im Mobilfunknetz statt: Ungefähr ein Drittel der zu Spitzenzeiten im Netz eingebuchten Handy-Nutzer führt erfahrungsgemäß an diesem zweiten Wiesn-Wochenende Auslands-Gespräche.
Oberhalb der Flatrate-Grenzen bringen Auslandsgespräche und SMS-Nachrichten den Mobilfunkanbietern erhöhte Umsätze aus dem Oktoberfest. Kein Provider kann es sich leisten, seine Kunden auf dem Oktoberfest mit einem schlechten Service zu enttäuschen, denn hier wird der Mobilfunk auch zum Verabreden benötigt, vom privaten Flirten und Anbandeln via Handy bis hin zu Business-Terminen mit Besuchern aus aller Welt, die ja ebenfalls gerne auf die Wiesn verlegt werden.
Kupferkabel für Kassen und Notruftelefone
Neben dem Mobilfunk wird auch das Festnetz zur Wiesn alle Jahre wieder ausgebaut. Ungefähr zehn Wochen vor dem Volksfest beginnen die Techniker, Leitungen unter die Böden der Festzelte zu legen. Hier kamen schon 2012 allein 20 Kilometer Kupferkabel zum Einsatz. Es wurden knapp 450 Telefon-, ISDN oder DSL-Anschlüsse geschaltet, die für Kassen, Medienanschlüsse oder Notrufleitungen benötigt wurden. Das Wachstum ist beim Festnetz aber nicht so stark wie beim Mobilfunk.
Mobilfunk-Hardware am Masten Wiesn-Süd
Nicht jedes Jahr erwischen wir die Monteure just zum interessantesten Zeitpunkt des Mobilfunkaufbaus. Am 26.08.2011 aber waren wir mal live dabei, als ein besonders wichtiger Funkmast gerade mit Kathrein-Antennen bestückt und an den Ericsson-Schaltschrank angeschlossen wurde. Dieser Masten steht auch heuer, zur Wiesn 2013, wieder an gleicher Stelle, nämlich westlich vom Weinzelt, südlich vom Löwenbräuzelt und östlich von der Käfer-Schänke.
Bauherr und Auftraggeber der Mobilfunk-Anlage war, laut Planungsbüro Wolfgang Wittwer aus Hohenlinden bei München, die Deutsche Telekom aus der Dingolfingerstrasse in München. Weitere Auftraggeber waren die o2 (Germany) GmbH & Co. OHG unweit des Münchener Olympiageländes sowie die Vodafone Niederlassung Süd aus der Münchener Kastenbauerstrasse. Just diese drei Mobilfunkanbieter ließen die Anlage von Monteuren der Firma Antennenbau Reiter mit GSM- und UMTS-Antennen bestücken. Deren "Montageleiter Antennenbau" erklärte uns die Details:
Auf den zwei obersten Etagen A und B wurden im konkreten Falle fünf Antennenkästen für die Telekom montiert. Darunter hingen auf Etage C sechs längliche Antennenkästen für O2 und ganz unten auf Etage D funkte Vodafone aus vier besonders gut bestückten Antennenkästen.
Ganz oben auf Etage A funkte die Telekom laut Montageplan aus drei Antennen-Gehäusen jeweils GSM 900 MHz sowie UMTS in drei Himmelsrichtungen, und zwar in 100, 220 und 340 Grad ab. Die Messlogik beginnt bei Null Grad auf Richtung Nord. 90 Grad entspricht Ost, 180 Grad strahlt gen Süden, 270 strahlt westlich. Bei 360 Grad ist der Kreis komplett.
Auf der zweitobersten Ebene B funkte ebenfalls die Telekom aus zwei Antennengehäusen: In Richtung 100 Grad, also gen Osten, funkte sie nur GSM 1800 MHz. In Richtung 340 Grad, also nach Norden, funkte sie GSM 900 und GSM 1800 MHz.
Auf der dritten Ebene C hatten die Monteure ein paar Wochen vor dem Oktoberfest sechs Antennen für die Telefonica o2 Germany befestigt, angeschlossen und einjustiert: Davon funkten zwei Antennen GSM 1800 MHz in Richtung Nordost alias 60 Grad. Zwei weitere Antennen funkten ebenfalls GSM 1800 gen Süden auf 180 Grad. Die beiden letzten Antennen funkten GSM 1800 in 300 Grad nach Nordwesten. Anders als die älteren Provider Telekom (D1) und Vodafone (D2) wickelte der jüngere Provider O2 den GSM-Mobilfunk-Verkehr hier offenbar nur auf 1800 MHz ab. Mit den GSM-Frequenzen bei 900 MHz erzielt man eine höhere Reichweite als auf 1800 MHz.
Auf der untersten Antennen-Etage D funkte schließlich Vodafone laut Bauplan und laut Augenschein aus vier Antennengehäusen in 90 Grad gen Osten, in 180 Grad gen Süden, in 255 Grad gen Südwest und in 320 Grad in Richtung Nordwesten in das Oktoberfest hinein. Laut Bauplan funkte Vodafone aus drei der vier Antennen die volle Tri-Band-Funkpalette von GSM 900 und GSM 1800 plus UMTS. Lediglich die Antenne gen Südwesten hatte laut Plan kein UMTS und funkte nur auf 900 und 1800 MHz.
Einstellung der Antennen-Winkel
Die meisten Mobilfunk-Antennen an den Masten stecken in Plastikgehäusen, die circa 1,30 Meter hoch sind. In den letzten Jahren sind auch kurze Antennen dazu gekommen. Die oberste Antenne hängt meist 15 Meter, die unterste etwa 10 Meter über dem Boden. Die genaue Einstellung der Antennenwinkel wurde an den Masten in den letzten Jahren laut Auskunft des Montageleiters zumeist lokal vorgenommen, also nicht ferngesteuert vom Rechenzentrum der Mobilfunk-Provider aus. "Da gibt es Ingenieure, die das berechnen, dann bekomme ich die Zahlen und die Winkel, und die müssen wir dann vor Ort einstellen". Moderne Mobilfunk-Antennen kann man auch elektronisch ferngesteuert drehen und kippen.
Gerade in den Eingangsbereichen entsteht grundsätzlich hoher Mobilfunkbedarf. Im Eingangsbereich des Weinzeltes etwa entsteht erfahrungsgemäß massiver Datenverkehr. Die Telekom neigt daher die UMTS-Antenne auf dem Masten neben Kufflers Weinzelt so, dass die Handys, die dort sind, optimal mit dem mobilen Internet versorgt werden. Man kann die UMTS-Antennen so bedarfsgerecht einstellen, dass man Brennpunkte in den Eingangsbereichen der Festzelte optimal versorgen kann.
Wenn wenige Leute telefonieren, wird die Leistung der Masten zurückgefahren, sagt ein Telekom-Sprecher. Wenn viele Leute Bedarf haben, wird die Leistung hochgefahren. Das wird automatisch über die Software im Rechenzentrum gesteuert. Das steht nicht in München. Der genaue Ort des "Mobilfunk-Nervenzentrums" bleibt geheim.
Backhaul via Glasfaser und Richtfunk
Damit die Oktoberfest-Besucher mit ihren Handys und Smartphones auch wirklich in das weltweite Internet, in das Telefon-Festnetz sowie in andere Mobilfunknetze kommen, müssen die Masten mit dem Rest der Welt verbunden werden. Zu diesem Zweck sind schon seit Jahren alle Funkmasten per Glasfaser angebunden. Und das geht so:
Am Fuße des Antennenmastes steht ein klimatisierter Metallcontainer mit einem Technikschrank. Hier enden die dicken, schwarzen Antennen-Kabel, die von den Mobilfunkantennen herunter kommen. Je länger das Kabel zwischen Schrank und Antenne ist, desto dicker muss es sein, sagt der Montageleiter, damit im Kabel möglichst wenig Dämpfungs-Verlust entsteht.
Etwa zweieinhalb Wochen arbeiten die Antennenbauer auf der Wiesn, bis alle Standorte fertig sind. Danach kommt die Telekom und schließt die Mobilfunkmasten über den Schaltschrank an ihr Glasfasernetz unter der Theresienwiese an. Die Telekom bindet ihre Mobilfunkantennen auf der Wiesn ausschließlich per Glasfaser an. Die anderen Betreiber ergänzen die Glasfaserstrecken zum Teil durch Richtfunkantennen. Vodafone nutzt zusätzlich auch Gigabit-Ethernet.
Software einspielen, Hotspot einschalten
Sobald die ganze Hardware wie etwa Antennen, Basisstationen, Stromversorgung und Klimaanlagen fertig montiert ist, kommen knapp zwei Wochen vor dem Wiesn-Start die Service-Techniker der Netzbetreiber, um aktuellste Software und Netzwerk-Konfigurations-Daten in die Anlagen einzuspielen.
Nach dieser Konfigurations-Einspielung sind die Hotspot-Anlagen im Prinzip fertig und können "auf Sendung" gehen. Dann haben die Netzwerk-Experten der Betreiber noch ein, zwei Wochen Zeit, um Qualitäts-Tests oder Optimierungen vor dem Festbeginn durchzuführen.
Kapazitätsplanung und Qualitätskontrolle
Der größte Mobilfunk-Hotspot der Nation muss jedes Jahr neu geplant und neu aufgebaut werden. In der Regel muss die Kapazität jedes Jahr vergrößert werden, weil immer mehr Menschen immer mehr Fotos und Videos direkt aus dem Oktoberfest per Mobilfunk aus ihren Smartphones in das Internet hochladen. Im März fangen die Netzplaner bei der Telekom und den anderen Mobilfunk-Providern immer schon mit den Berechnungen an und überlegen sich: Wie können wir den immensen Besucherandrang und die immensen Anfragen an die Mobilfunkdienste zur Wiesn überhaupt befriedigen? Das wäre mit den normalen Mobilfunkmasten auf den Dächern rings um das Oktoberfest niemals zu bewältigen.
Im Juni kommen die Bauleiter der Telekom. Sie beauftragen Partnerfirmen, die etwa Masten, Antennen und Schaltschränke aufbauen. Im August kommen die Monteure, die dann tatsächlich vor Ort aufbauen. Gleichzeitig überwachen die Servicetechniker der Telekom den Aufbau. Die überwachen die Funkanlagen auch noch während des Oktoberfestes: Verläuft der Mobilfunkverkehr auch wirklich reibungslos? Reichen die Kapazitäten aus? Sind die Antennen richtig eingestellt und richtig gedreht? Die Servicetechniker der Telekom ändern das im Zweifelsfalle auch noch während des laufenden Oktoberfestes.
Funkloch durch Absenkung der Nachbar-Antennen
Die Telekom-Antennen auf den Dächern rings um das Oktoberfest werden während des Volksfestes in ihrer Strahlungs-Reichweite abgesenkt, damit sie nicht in das temporäre Mobilfunknetz des Oktoberfestes hinein funken. Die Experten nennen das Vermeidung von Interferenzen. Dazu müssen aber schon seit einigen Jahren keine Monteure mehr auf die Dächer steigen. Die Antennen werden vielmehr elektronisch abgesenkt, aus dem entfernten Rechenzentrum der Telekom heraus. Genauer gesagt: Die UMTS-Antennen sind ferngesteuert elektronisch absenkbar, die GSM-Antennen dagegen nicht. Die GSM-Antennen sind viel unempfindlicher als die UMTS-Antennen, die kann man stehen lassen wie sie sind.
Durch die elektronische Absenkung entsteht ein UMTS-Funkloch auf der Theresienwiese. Hier werden für die Zeit des Oktoberfestes neue Funkmasten aufgestellt, die mit wesentlich kleineren Zellen weitaus mehr Mobilfunkkapazität pro Quadratmeter zur Verfügung stellen, will sagen: viel mehr Menschen mit Telefonie, SMS und mobilem Internet versorgen können. So kann man ganz gezielt spezielle Bereiche innerhalb des Oktoberfestes, von denen man weiß, dass dort sehr viele Menschen sehr viel Mobilfunk benötigen, ganz besonders stark versorgen.
Beispielsweise versorgt eine Mobilfunkantenne am nördlichen Eingang des Oktoberfestes ganz gezielt den nördlichen Zugangsweg, auf dem erfahrungsgemäß extrem viel telefoniert wird. Weil die Leute, wenn sie gehen und wenn sie kommen, einen besonders hohen Mobilfunkbedarf haben, beispielsweise um sich zu verabreden.
Die normalen UMTS-Funkzellen haben unterm Jahr in der Regel einen Durchmesser von 600 Metern, sagt Netzexperte Frank-Peter Käßler von der "Deutsche Telekom Netzproduktion GmbH" in München. Während des Oktoberfestes sind die Zellen auf der Theresienwiese sehr viel kleiner, haben aber sehr viel Leistung, sehr viel Kapazität. So können wir die vielen Menschen mit dem Mobilfunk versorgen. Das könnten wir mit den größeren Zellen niemals machen. Die großen Zellen werden während des Oktoberfestes allerdings nicht ausgeschaltet und auch nicht abgebaut, sagt ein Telekom-Sprecher: Wir ersetzen die großformatige Zellstruktur, die wir normalerweise auf der Oktoberwiese haben, durch eine sehr kleinformatige Zellstruktur. Die normalen Masten auf den Dächern versorgen aber nach wie vor das gesamte umliegende Stadtgebiet rund um die Theresienwiese. Nur die Wiesn selber wird in ein Funkloch verwandelt und mit einer sehr kleinformatigen Zellstruktur zusätzlich ausgestattet.
Trotz des enormen Datenwachstums musste die Telekom nicht jedes Jahr mehr Masten aufstellen. Es seien in den letzten Jahren aber immer mehr Antennen auf die Masten drauf gekommen und auch innerhalb der Antennen-Gehäuse gab es Kapazitäts-Reserven, die man durch intelligentes Technik-Management immer besser ausnutzen kann.
Das Wachstum lag in den letzten Jahren weniger bei GSM als bei UMTS. Der Grund: Es gibt mehr UMTS-Geräte bei den Kunden der Provider. Diese Geräte wählen sich per UMTS ein, obwohl sie eigentlich auch noch GSM könnten. Außerdem hat sich das Verhalten der Kunden geändert, sagt ein Telekomsprecher: Inzwischen ist es gang und gäbe, dass man ein Foto macht, und es in das Internet hoch lädt, und das ist Datenverkehr, dafür braucht man UMTS oder LTE.
Rückbau und Einlagerung für 2014
Nach dem Oktoberfest wird die komplette Mobilfunk-Technik auf der Theresienwiese binnen zwei Wochen wieder abgebaut. Sie wird, so wie sie ist, meist bei externen Dienstleistern gelagert, die darauf spezialisiert sind. Im nächsten Jahr wird das im Prinzip wieder hingestellt. Eventuell werden modernere Komponenten eingebaut oder die Anlage erweitert. Neue Komponenten bringen in der Regel mehr Leistung bei weniger Platz- und Stromverbrauch.
Offenbar macht es wenig Sinn, das kleinzellige Funknetz das ganze Jahr über stehen zu lassen, denn für alle anderen Events auf der Festwiese wird die enorme Kapazität nie gebraucht. Es wäre offenbar teurer, das Netz stehen zu lassen, denn es müsste dann ständig gewartet, mit Strom versorgt und gegen Diebstahl abgesichert werden.
Allerdings sind die Fundamente für die Masten auf der Theresienwiese massiv gegossen. Sie bleiben das ganze Jahr bestehen und werden bis zum nächsten Oktoberfest mit Schotter zugedeckt. Bei jedem Neuaufbau werden sie wieder frei gebuddelt. Auch die Glasfaserleitungen bleiben das ganze Jahr fest verschlossen im Boden liegen. Zum Oktoberfest legt man sie frei.
Öffentliches WLAN auf dem Oktoberfest 2014?
Das Festgelände, die Theresienwiese, ist eine Liegenschaft der Stadt München. Die Stadtverwaltung kann bislang maximal 12 Mobilfunk-Standorte an die Mobilfunk-Netzbetreiber vermieten. Allerdings nur unter strengen Auflagen. So achtet das Münchener Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) auf die Einhaltung des so genannten 10%-Vorsorgewerts, der die Anwohner rund um die Theresienwiese vor zu hohen elektromagnetischen Immissionen durch die Mobilfunkanlagen schützen soll. Die direkten Anwohner sind den Immissionen des Mega-Hotspots ja mehr als zwei Wochen lang nonstop ausgesetzt, der normale Wiesn-Besucher dagegen meist nur für einige Stunden.
Erstmals auf der Wiesn 2012 wurde das Münchener 10%-Kriterium laut RGU am Immissions-Messpunkt "Theresienhöhe 10" zeitweilig überschritten. Ein weiterhin rasantes Wachstum des Datenverkehrs trägt nicht zur Verbesserung der Strahlungswerte bei, sofern am bisherigen Hotspot-Konzept nicht viel geändert wird. Denn grob gesagt gilt: Je mehr Sprach- und Daten-Traffic, desto stärker die Mobilfunkstrahlung.
Die Netzbetreiber arbeiten deshalb an einem neuen Konzept mit über 40 Mobilfunk-Stationen, die alle über ein neues Glasfasernetz untereinander verbunden werden sollen. Es kann aber frühestens zur Wiesn 2014 realisiert werden und muss natürlich ebenfalls das Münchener 10%-Kriterium einhalten.
Von diesen neuen Plänen hat auch der Münchener CSU-Stadtrat Dr. Georg Kronawitter erfahren und Anfang Juli einen Antrag gestellt, den Aufbau eines öffentlichen WLANs auf dem Oktoberfest als Alternative zur weiteren Mobilfunk-Ausbauoffensive zu prüfen. Seine Begründung: Die heutige Überlastung komme nicht durch die Mobilfunkgespräche, sondern durch die mobilen Internetanwendungen zustande, welche viel passender über WLAN versorgt werden könnten.
Ob solche Gedankengänge auch allen Mobilfunk-Netzbetreibern und deren Netzwerk-Ausrüstern Alcatel, Ericsson, Huawei und Nokia Solutions and Networks gefallen, steht zu bezweifeln. Professionellen WLAN-Ausrüstern mit robustem Outdoor-Equipment dagegen könnte mit einem solchen Technik-Wechsel ein unverhofftes WLAN-Großprojekt mit einem höchst vorzeigbaren Referenz-Charakter ins Haus flattern. Die meisten Smartphones, Phablets und Tablets haben ja eh schon WLAN-11n an Bord. Einige Topmodelle haben sogar "Gigabit-WLAN" IEEE.802.11ac unter der Haube.