Anbieterkampf

Die 10 wichtigsten Virtualisierungstrends

30.03.2010 von Hartmut  Wiehr
Server-Virtualisierung ist unbestritten einer der wichtigsten Trends. Doch wie stark ist genau? Führt VMware immer noch den Markt an? Und wo stehen Citrix und Microsoft inzwischen? Eine Umfrage von ITIC gibt einen Überblick.
Von Cloud Computing wollen viele Unternehmen noch nichts wissen - es geht ihnen zunächst darum, alle Möglichkeiten der Virtualisierung bei sich selbst einzusetzen. Selbst dieser Prozess steht erst am Anfang, wie eine Umfrage von ITIC beweist.

Exakte Zahlen über Marktsegmente und -anteile bei Virtualisierung zu bekommen, ist derzeit gar nicht so einfach. Der Markt ist in Bewegung, und selbst die Anbieter von Virtualisierungs-Software, die es eigentlich sehr genau wissen müssten, hüllen sich lieber in Schweigen, als dass sie präzise Auskünfte geben wollen.

Die einen sind interessiert daran, einen möglichst großen Vormarsch ihrer eigenen Produkte und Marktgewinne zu suggerieren, und der bisherige Marktführer möchte sich vielleicht auch nicht allzu tief in die Karten schauen lassen. Umso nützlicher sind die Ergebnisse des "2009-2010 Global Virtualization Deployment Trends Survey“, den das unabhängige amerikanische Institut ITIC (Information Technology Intelligence Corporation) erstellt hat.

Über 700 Unternehmen wurden weltweit im Mai/Juni und im August 2009 befragt, wie sie es mit dem Einsatz von Virtualisierung halten. Trotz der andauernden Wirtschaftskrise steigt die Anzahl der Unternehmen, die Server-Virtualisierung einsetzen, wobei man laut neuesten IDC-Zahlen allerdings von einer relativ schmalen Basis von etwa 20 Prozent der Unternehmen ausgehen muss, die diesen Schritt schon in der Vergangenheit getan haben.

Auch Tod Nielsen, der Chief Operating Officer (COO) von VMware, ist in einem Gespräch mit CIO.de von diesem niedrigen Niveau und von insgesamt eher bescheidenen Wachstumsraten von jährlich etwa drei Prozent ausgegangen. In dieser Situation konnten die drei Marktführer Citrix, Microsoft und VMware ihre Position jeweils stärken, während ansonsten viele Merger, Übernahmen und Partnerschaften von einer anhaltenden Konsolidierung bei den vielen kleinen Anbietern zeugen.

Die 10 Virtualisierungstrends

1. Die "großen Drei" Citrix, Microsoft und VMware konnten im Sommer und Herbst 2009 ihre führende Rolle ausbauen. Alle drei kamen mit weiteren Software-Angeboten und neuen Releases heraus und intensivierten jeweils ihre Partnerschaften. Insbesondere Citrix und Microsoft festigten ihre Allianz gegen den gemeinsamen Konkurrenten VMware. Zu beachten ist ferner die vor kurzem angekündigte verstärkte Zusammenarbeit zwischen HP und Microsoft, die sich auch auf Virtualisierung auswirken dürfte.

2. Hyper-V von Microsoft rückt näher an VMwares ESX-Server beziehungsweise vSphere heran. Das mag weniger unter technologischen Aspekten gelten – aber immerhin umfasst das Microsoft-Portfolio nun auch Lösungen für das Verschieben von virtuellen Maschinen und für Disaster Recovery-, als vielmehr unter Marktgesichtspunkten: Laut den ITIC-Umfrageergebnissen kommt Hyper-V bereits auf einen Marktanteil von 32 Prozent. Und in den nächsten 12 bis 18 Monaten planen 59 Prozent der befragten Unternehmen die Implementation von Hyper-V. Das wird auch dazu führen, dass in den Unternehmen immer mehr gemischte Virtualisierungsumgebungen anzutreffen sein werden.

3. Doch VMware bleibt laut ITIC mit etwa 50 Prozent Marktanteil der führende Anbieter von Server-Virtualisierung. Dieses Ergebnis korrespondiert immerhin mit Aussagen von Gartner: Die Analysten erwarten für die nächsten Jahre ein Schrumpfen des VMware-Marktanteils, der gegenwärtig noch 89 Prozent betrage, auf rund 60 Prozent.

4. Absehbar ist eine Marktsegmentierung: VMware wird vor allem bei großen Unternehmen eingesetzt, weniger wegen der dort oft schon längst erfolgten Server-Konsolidierung, sondern wegen der zusätzlichen Funktionen in Sachen flexible Infrastruktur, Automatisierung und Hochverfügbarkeit. Microsoft Hyper-V und Citrix XenServer könnten dagegen Schritt für Schritt "von unten her", also bei kleineren und mittleren Unternehmen, weiter Fuß fassen. Hier werden weniger ausgefeilte Funktionen gebraucht, da es vor allem um den ersten Schritt der Konsolidierung vieler physikalischer auf wenige Server mit einer Reihe von virtuellen Maschinen geht. Auch sind hier gar nicht die erforderlichen Erfahrungen und die Ausbildung der Mitarbeiter erforderlich, wie sie im VMware-Umfeld gang und gäbe sind.

5. Microsoft ist gegenwärtig mit 15 Prozent bereits Marktführer bei der Application-Virtualisierung, gefolgt von Citrix mit 11 Prozent und VMware mit 7 Prozent. Bei diesen Zahlen muss man allerdings berücksichtigen, dass etwa zwei Drittel der Anwender diese Form der Abkapselung von Anwendungen noch gar nicht im Einsatz haben.

Citrix führt bei Desktop-Virtualisierung

6. Citrix verfügt bei Desktop-Virtualisierung mit 19 Prozent über den größten Marktanteil, hat die Umfrage von ITIC ergeben. Danach kommen Microsoft mit 15 und VMware mit 8 Prozent. Auch hier interessieren sich bisher nur relativ wenige Unternehmen für diese Technologie, die teilweise an das frühere Thin-Client-Computing oder an Suns Ray-Desktops mit ihren von überall her aufrufbaren individuellen Images anknüpft – über 60 Prozent der Firmen üben sich in Askese.

7. Merger und Übernahmen verunsichern zum Teil die Anwender. So fragen sich zum Beispiel einige, was wird nach dem Kauf von Sun durch Oracle mit den Sun-Containern, einer Virtualisierungsvariante, und mit den Produktlinien und dem technischen Support von Virtual Iron, ebenfalls von Oracle übernommen.

8. Parallels und VMware Fusion teilen sich mit etwa jeweils 50 Prozent den Markt für Virtualisierung auf Apple-Rechnern. Doch hierbei handelt es sich eigentlich um ein Relikt aus der Frühzeit von Virtualisierung: die Abkapselung und Lauffähigkeit von Windows-Betriebssystemen und -Applikationen unter einer Mac-Umgebung. Dies mag für eine Anzahl von (individuellen) Anwendern recht nützlich sein, sollte aber nicht mit den heutigen Möglichkeiten von Virtualisierung in einen Topf geworfen werden.

9. Trotz Budgetkürzungen und weniger Ressourcen geben nur 7 Prozent der befragten Unternehmen an, bisher versucht zu haben, ihre Lizenz- und Supportverträge für Virtualisierung neu zu verhandeln. Dabei stehen die Chancen derzeit gar nicht so schlecht, auf ein Entgegenkommen bei den Anbietern zu stoßen. In dem Masse, wie sich die Anwendung von Virtualisierung verändert von einem Mittel zur Konsolidierung der Server-Landschaft hin zu einem Management-Tool der IT-Infrastruktur machen die Lizenzen jedoch nur einen Teil der notwendigen Ausgaben aus.

10. Virtualisierung wird immer wieder zu einer Voraussetzung für Cloud Computing erklärt. Dies mag für Service-Anbieter beziehungsweise "Public Clouds“ zutreffen, die ihre Infrastruktur für On-Demand-Angebote und präzise Abrechnungsverfahren umrüsten, aber weniger für Unternehmen, die nach wie vor auf ihre eigenen Rechenzentren setzen. Die ITIC-Umfrage zeigt, dass im Moment erst 14 Prozent der befragten Unternehmen darüber nachdenken, in den nächsten sechs bis 12 Monaten ihre Daten in eine Public Cloud zu verlagern und sich so zumindest von einem Teil ihrer IT-Infrastruktur zu trennen. Nimmt der allgemeine Kostendruck für die IT jedoch zu, könnte sich diese leichte Tendenz doch noch zu einem mächtigeren Trend auswachsen.