Zwischen Wunsch und Wirklichkeit beim Konfliktmanagement klaffte eine große Lücke in deutschen Unternehmen, als sich die Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) mit dem Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers das Problem näher anschaute. Nachdem sie anschließend die Praxis des Konfliktmanagements untersuchten, legen beide nun mit dem dritten Teil ihrer auf ein Jahrzehnt angelegten Studienserie einen Fahrplan vor. In "Konfliktmanagement - Von den Elementen zum System" stellen sie ein Modell vor, wie sich Auseinandersetzungen strukturiert bearbeiten lassen.
Mobbing und Machtkämpfe, aber auch Streit um Ressourcen - innerhalb des Unternehmens oder zwischen verschiedenen Unternehmen - schmälern den Erfolg und schaden dem Betriebsklima. Häufig schwelen auch unausgesprochene Konflikte zwischen der IT und den anderen Abteilungen. Ein gutes Konfliktmanagement geht diese Probleme systematisch und institutionalisiert an. Es soll, schreiben die Professoren Ulla Gläßer und Lars Kirchhoff vom vom Institut für Konfliktmanagement an der Viadrina, "Transparenz, Steuerbarkeit und Effizienz der Konfliktbearbeitung sicherstellen".
Streitkultur als festen Teil der Unternehmenskultur etablieren
Das System von PwC und der Viadriana besteht aus sechs Elementen, zusammengehalten durch eine Steuerungsinstanz. Erst sie bindet die einzelnen Komponenten - wie Mediatoren und Verfahrensregeln - in ein funktionierendes System zusammen.
Als Steuerungsinstanz empfehlen die Wissenschaftler zum Beispiel eine interne Stabsstelle zur Koordination des Konfliktmanagements. Sie hält den Kontakt mit der Firmenleitung und versorgt die einzelnen Beteiligten mit den notwendigen Informationen. Vor allem aber muss sie das Konfliktmanagement im Unternehmen verankern, so dass es Teil der Unternehmenskultur wird.
Internen Mediatorenpool aufbauen
Wenn es nicht auf einen Schlag funktioniert, sollten Unternehmen die einzelnen Elemente des Konfliktmanagement sukzessive aufbauen. Diese sind:
Konflikt-Anlaufstellen: Sie sind das Frühwarnsystem und weisen den Weg zu den richtigen Ansprechpartnern. Wenn es um Streit in der Firma geht, können Ombudspersonen genau wie ausgebildete Konfliktberater oder Personalberater als Anlaufstellen dienen. Für Konflikte zwischen Unternehmen eignen sich etwa die Rechtsabteilung, Anwälte von außen oder Projektleiter.
Die Wahl des richtigen Lösungsverfahrens: Eine Eskalationsklausel im Arbeitsvertrag kann der erste Schritt zur Lösung von Konflikten sein, auch die Personalabteilung kann Kriterien für den Umgang mit den unterschiedlichsten Streitfragen aufstellen. Von Seiten der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit oder der International Chamber of Commerce gibt es Richtlinien für streitende Firmen.
Konfliktbearbeiter: Sie müssen nicht nur benannt, sondern auch dann verfügbar sein, wenn ein Streit ausbricht. Im Haus bietet sich etwa ein eigener Mediatorenpool an. Auf Listen mit Schiedsgutachtern oder Pools mit externen Mediatoren lassen sich Profis finden, die den Streit zwischen Unternehmen eindämmen oder beilegen helfen.
Verfahrensstandards: Sie sorgen für einen klar geregelten und vor allem transparenten Prozess der Konfliktbewältigung. Hausinterne Mediatoren können beispielsweise nach speziellen Leitlinien arbeiten. Für Streitigkeiten zwischen Firmen hat die International Chamber of Commerce eine Amicable Dispute Resolution entwickelt. Denn nicht jeder Streit muss gleich vor einem Richter landen.
Dokumentation und Qualitätssicherung: Ein Feedbacksystem, und wenn es aus Fragebögen besteht, hilft den Konfliktmanagern, ihr System weiterzuentwickeln. Mit einer systematischen Selbstevaluation finden die Konfliktmanager auch die Balken vor dem eigenen Auge. Mit einer Kostenerfassung lässt sich der Konflikt mit anderen Unternehmen dokumentieren.
Darstellung nach Innen und Außen: Tue Gutes und sprich darüber. Erst wenn die Kollegen wissen, dass es ein System zur Streitschlichtung gibt, werden sie es von sich aus nutzen. Hier hilft schon eine Präsentation im Intranet, persönlicher wird aber eine Inhouse-Roadshow. Eine branchenspezifische Selbstverpflichtung macht professionelle Hilfe für Streitigkeiten über Unternehmensgrenzen hinweg bekannt.