Standesvertreter der Apotheken fordern ein Eingreifen der Politik, um den Negativtrend zumindest zu stoppen: Erstmals seit 1994 gibt es in Deutschland weniger als 21.000 Apotheken. Anfang der 90er Jahre hatte es mit der Eingliederung der ehemaligen DDR noch ein stärkeres Wachstum bei den Apotheken gegeben. Doch damit ist es seit Jahren vorbei, inzwischen geht es immer weiter rückwärts.
Offiziell werden Bevölkerungsrückgang in einigen Regionen und ein geringeres Interesse an der selbständigen Existenz eines Apothekers als Gründe für diesen Trend genannt. Die Interessensverbände der Apotheker stellen sich die Frage nach den Gründen dieser Entwicklung. Doch merkwürdigerweise taucht dabei die zunehmende Konkurrenz durch die Online-Versender von Medikamenten gar nicht auf. Dabei erfreuen sich gerade diese einer ungebrochenen Gesundheit - und nehmen den klassischen Apotheken immer mehr Geschäft weg.
Wie der Bitkom, der Interessensverband der deutschen IT- und Telco-Industrie, am 8. Februar in Berlin bekannt gab, gibt es inzwischen rund 3000 zugelassene Online-Apotheken in Deutschland. Deutsche Verbraucher kaufen zunehmend Medikamente im Internet: Mehr als 16 Millionen Bundesbürger hätten bereits frei verkäufliche oder apotheken- und verschreibungspflichtige Arzneimittel im Web bestellt. Der Bitkom: "Das sind 30 Prozent aller Internet-Nutzer. Anfang 2011 waren es erst 9 Millionen.“
Günstiger und ortsunabhängig
Pablo Mentzinis, E-Health-Experte beim Bitkom, urteilt: "Die Bestellung von Medikamenten im Internet ist mittlerweile für viele ähnlich selbstverständlich wie die von Büchern oder Kleidung. Online-Apotheken bieten wichtige Vorteile: In der Regel sind sie bei frei verkäuflichen Medikamenten günstiger, zudem können Arzneimittel zeit- und ortsunabhängig bestellt werden. Damit sind sie insbesondere für Arbeitnehmer und auch ältere Menschen eine wichtige Alternative zu Präsenz-Apotheken.“ Vor allem Frauen nutzten Versandapotheken: Jede dritte Internet-Nutzerin (33 Prozent) habe bereits Medikamente im Web bestellt, bei den Männern seien es dagegen nur 27 Prozent.
Erst seit 2004 ist der Versandhandel von apothekenpflichtigen Arzneimitteln erlaubt. Beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) kann man Einsicht in die Liste der zugelassenen in- und ausländischen Versandapotheken nehmen.
Beratung und Erfahrung versus niedriger Preis
Laut Bitkom sind Online-Apotheken häufig aufgrund der niedrigeren Preise von rezeptfreien Medikamenten attraktiv: "Hauptgrund dafür sind die im Vergleich zu Präsenz-Apotheken geringeren Fixkosten.“ Einzelne rezeptfreie Medikamente seien sogar um mehr als 50 Prozent günstiger als in der Apotheke um die Ecke.
Punkten könnte die klassische Apotheke noch immer bei der Erfahrung ihres Personals und bei der Qualität der Beratung.
Das sagen zumindest ihre Verbandsvertreter wie zum Beispiel Friedemann Schmidt, Präsident der ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände). Schmidt empfiehlt, die Selbstständigkeit des Apothekerberufes "wieder attraktiver zu machen“ und die "intellektuellen Anteile des Berufes zu stärken“.