Die einen sprechen von einer "Wissensgesellschaft", die nächsten von einer "Informationsgesellschaft" - das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation ruft die "App-Society" aus. Das gilt zumindest für deutsche Bankkunden, weil sie ihre Aktivitäten immer stärker ins Internet verlagern. Wie Banken darauf reagieren, ist Thema der Studie "Bank & Zukunft 2011". Das Institut mit Sitz in Stuttgart hat für die Analyse 320 Entscheider befragt.
Die Finanzdienstleistungsbranche bezeichnet das neue Kundenverhalten mit "ROPO". Dieses Kürzel steht für "resarch online, purchase offline". Rund sechs von zehn Befragten (58 Prozent) wollen denn auch in den Vertriebskanal Internet investieren. Davon planen 20 Prozent "sehr hohe" Investitionen und 38 Prozent "hohe".
50 Prozent stellen außerdem Geld für Mobile Banking bereit (13 Prozent bezeichnen ihre Investitionen dafür als "sehr hoch", 37 Prozent als "hoch"). 48 Prozent haben die Integration der verschiedenen Vertriebskanäle auf der Investitionsliste (13 Prozent "sehr hoch", 35 Prozent "hoch").
Dennoch: Wichtigstes Thema in Sachen Informationstechnologie bleibt die Sicherheit. Eine große Mehrheit von 95 Prozent der Befragten räumt IT-Security "sehr hohe" oder "hohe" Wichtigkeit ein. Es folgen Reduktion der IT-Kosten (85 Prozent), Datenintegration für das Kunden-Management (80 Prozent) und IT-gestützte Prozessautomation (79 Prozent).
Zum Vergleich: Der Ablösung alter Kernbankensysteme - laut dem Gartner-Analysten Martin Gutberlet haben manche Banken Legacys von dreißig Jahren und mehr - messen nur 48 Prozent der Befragten "sehr hohe" oder "hohe" Bedeutung zu. Und einem modernen Architektur-Management lediglich 46 Prozent.
Dafür legen Banken laut Fraunhofer mehr Wert auf Ausstattung und Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter. Für 76 Prozent hat IT- und Medienkompetenz der Angestellten sehr hohe bis hohe Wichtigkeit. 59 Prozent attestieren dem Schnittstellen-Management zur Integration von Kooperationspartnern sehr hohe bis hohe Relevanz.
Das Fraunhofer-Institut schreibt, "dass sich die Bankvertreter der Notwendigkeit der Weiterentwicklung des webbasierten Bankangebots zunehmend bewusst werden". Sie setzten das auch aktiv um, so die Forscher. Das heißt konkret: 34 Prozent wollen die IT-Ausstattung der Berater verbessern. 34 Prozent wollen ihren Internetauftritt neu gestalten und 30 Prozent in webbasierte Kommunikationsdienste investieren.
Keine Kannibalisierung
Das Fraunhofer-Institut erwartet nicht, dass sich die verschiedenen Vertriebskanäle kannibalisieren. Die Banken wollen ihre klassische Filiale daher auch gar nicht vernachlässigen. Allerdings fordern die Studienautoren eine "Runderneuerung" des stationären Vertriebs.
Auch hierbei beleuchtet die Analyse die Rolle der IT. Diese soll die Arbeit in folgenden Bereichen unterstützen: Gesprächsdokumentation (61 Prozent der Nennungen mit sehr hoher bis hoher Bedeutung), Gesprächsüberleitung (57 Prozent), Vertragserstellung und Archivierung (55 Prozent) sowie Gesprächsvorbereitung (54 Prozent).
Das kommt wohl nicht von ungefähr: Mitte vorigen Jahres hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Bonn, den Banken Mängel bei den Beratungs-Protokollen vorgeworfen. Banken sind seit Anfang 2010 verpflichtet, Verkaufs- und Beratungsgespräche über Geldanlagen in einem Protokoll zu dokumentieren. Ziel ist, private Endverbraucher besser zu schützen.
Die BaFin belegte diese Einschätzung mit der Auswertung der Antworten von 302 Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten sowie rund 1100 Protokollen von 192 Unternehmen. Außerdem hatten die Bonner Schulungsunterlagen von 152 Instituten analysiert.
Bankberater erwarten neue Turbulenzen
Insgesamt schätzen die befragten Bank-Manager ihre Situation nicht rosig ein. Fast sechs von zehn (59 Prozent) gehen davon aus, dass sich die Branche weiter konsolidieren wird. 15 Prozent rechnen auch 2011 mit "dem Einzug neuer Turbulenzen im Bankenmarkt".
Zwölf Prozent halten sich mit einer Beurteilung zurück und geben an, die Situation sei "nicht abschätzbar". Mit lediglich acht Prozent glaubt noch nicht einmal jeder Zehnte, dass sich der Markt im Nachgang der Krise "deutlich revitalisiert".