Wann ist ein Unternehmen ein guter Arbeitgeber? Diese Frage bewegt Bewerber wie Mitarbeiter und Unternehmen. Wer zufriedene Mitarbeiter hat, braucht sich um deren Motivation und Leistungsbereitschaft nicht zu sorgen. Damit sind die Weichen für unternehmerischen Erfolg gestellt. Personalkennziffern wie Fluktuation und Krankenstand können gute Arbeitgeber in der Regel vernachlässigen. Das zeigt der Benchmark-Wettbewerb „Beste Arbeitgeber in der IT 2013", den das unabhängige Great Place to Work Institute in Zusammenarbeit mit dem Branchenverband Bitkom und der COMPUTERWOCHE zum ersten Mal auflegte. In den 40 prämierten IT-Unternehmen beträgt die Fluktuationsrate durchschnittlich nur 2,8 Prozent, der Krankenstand pro Mitarbeiter 2,4 Tage im Jahr.
Die Attraktivität eines Arbeitgebers hängt an vielen Dingen: So ergab die anonyme Befragung der Mitarbeiter, dass harte Faktoren wie üppige Sozialleistungen oder die wirtschaftliche Beteiligung am Unternehmenserfolg ebenso wichtig sind wie integre, verlässliche und kompetente Führungskräfte, gute Entwicklungsmöglichkeiten für Mitarbeiter und das Thema Work-Life-Balance mit entsprechenden Angeboten zur Gesundheitsförderung. „Was die Qualität der Arbeitsplatzkultur betrifft, ist die IT-Branche ein Trendsetter", sagt Karsten Schulte-Deußen, der die Studien von Great Place to Work verantwortet. „Hierzu zählen ein guter Teamgeist ebenso wie die Anerkennung für Mitarbeiter und vertrauenswürdige Führungskräfte."
Wenige Branchen spüren den Engpass an Fachkräften stärker als die ITK, entsprechend groß sind die Anstrengungen der ausgezeichneten IT-Firmen, neue Mitarbeiter zu gewinnen. Sie beschäftigen sich mit Employer Branding, kooperieren mit Hochschulen, sind auf Messen vertreten und rekrutieren zunehmend auch im Ausland. Frauen für IT-Berufe zu gewinnen ist für sie ebenfalls eine wichtige Aufgabe. Die besten Arbeitgeber machen sich zudem die Informationstechnologie in der Personalarbeit zunutze, etwa durch die Bewerberansprache über Social Media oder durch Podcasts und Blogs in der internen Kommunikation.
In der Königsklasse der IT-Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern hat sich die Microsoft Deutschland GmbH vor der Datev und der SAP AG durchgesetzt. Diese Unternehmen haben die beste Persoanlarbeit und die zufriedensten Mitarbeiter. In den drei weiteren Größenklassen heißen die Gewinner netapp, Pentasys und MaibornWolff et al.. Wir haben mit den Personalverantwortlichen gesprochen – und einige überraschende Dinge erfahren.
Microsoft: Manager als Vorbilder
Als Personalchefin von Microsoft Deutschland weiß Brigitte Hirl-Höfer, dass sie nicht nur mit überdurchschnittlichen Gehältern, Sozialleistungen oder einem State-of-the-IT-Arbeitsplatz punktet: „Bewerber erwarten von uns als Arbeitgeber Innovationskraft, Internationalität und eine starke Technologie, aber auch flexible Arbeitsbedingungen und eine gute Work-Life-Balance." Arbeit bemisst sich bei Microsoft nicht nach Stechuhr oder Anwesenheit, sie kann sehr flexibel eingeteilt werden, solange die Ziele erreicht werden. Vertrauensarbeitszeit in einer Branche, der die rasante Weiterentwicklung der Technologien den Takt vorgibt, heißt für Hirl-Höfer aber auch: „Es ist wichtig, dass sich die Mitarbeiter disziplinieren und selbst Grenzen setzen. Die Führungskräfte müssen es vorleben: Ich verschicke am Wochenende keine Mails an mein Team."
Der Personalchefin liegt zudem die ausgeprägte Feedback-Kultur am Herzen, die seit 2011 durch ein neues Anerkennungssystem gefördert wird: „Mitarbeiter können ihren Kollegen ein Lob aussprechen, das durch ein Sternchen im Organigramm visualisiert wird. Zudem zeichnen wir einmal pro Quartal verdiente Kollegen aus." Anregungen der Mitarbeiter, etwa eine Community für technisch orientierte Kollegen zu gründen, werden vom Management aufgenommen und in die Tat umgesetzt.
Microsoft hat in Deutschland eine unterduchschnittliche Fluktuationsrate von weniger als zwei Prozent, das bestätigt Hirl-Höfer ebenso wie der erste Platz im Great-Place-to-Work-Wettbewerb für die IT-Branche. Dass die Mitarbeiter bleiben, führt sie auch auf das strukturierte Karrieremodell zurück, in dem die Erwartungen und Kompetenzen für jede Berufsgruppe genauso definiert sind wie die Erfahrungen, die für eine erfolgreiche Karriere in den Gruppen typisch sind. „Werden Bewerber zu Mitarbeitern, rücken ihre Entwicklungsmöglichkeiten in den Fokus. Darum ist ein Karriereplan wichtig."
Datev: Eine langfristige Beziehung
Gewinnmaximierung ist ein Wort, das nicht in den Datev-Kosmos passt. Der Austausch mit und die Nähe zu den Kunden sind groß, da viele von ihnen auch Mitglieder der Genossenschaft sind. Seinen fast 40.000 Mitgliedern fühlt sich der Softwaredienstleister verpflichtet. Unter dem Motto „Zukunft gestalten" gilt es, neue Technologien für Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Anwälte nutzbar zu machen. Daraus abgeleitet sollen auch die Mitarbeiter „Zukunftsgestalter" sein, dazu gehören die Freiräume, sich selbst und die eigene Kompetenz weiterzuentwickeln. Führungskräfte sollen Gestaltung zulassen, aber auch einfordern, beschreibt Christian Kaiser das Ziel. Für den Leiter Personalstrategie ist „beim Employer Branding die Passung die größte Herausforderung. Wir versprechen Bewerbern wie unseren Kunden nur das, was wir auch halten können." Halten können die Nürnberger viel, was der zweite Platz im Great-Place-to-Work-Ranking für die IT-Branche (Größenklasse über 1000 Mitarbeiter) deutlich unterstreicht.
„Wir versprechen den Bewerbern Substanz, eine besondere Form von Kollegialität, Arbeit an innovativen Themen, eine systemrelevante Tätigkeit, Profilentwicklung und eine auf Jahre angelegte Tätigkeit. Unsere Betriebszugehörigkeit beträgt durchschnittlich 15 Jahre", sagt Kaiser, der selbst seit 16 Jahren für Datev arbeitet. Über 90 Prozent der Beschäftigen bekräftigen, dass sie hier noch lange arbeiten wollen. Auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter in verschiedenen Lebensabschnitten wird eingegangen, so ist eine Kindertagesstätte im Bau und seit zwei Jahren „Führen in Teilzeit" möglich. Seitdem nutzen dreimal so viele Führungskräfte das Teilzeitmodell.
Auch wenn Datev marktgerechte Gehälter zahlt und gute Sozialleistungen anbietet, sollte das Finanzielle nicht im Vordergrund stehen, sagt Kaiser: „Bewerber, die wahnsinnig schnell mit hohem Einsatz viel verdienen wollen, sind bei uns nicht so gut aufgehoben. Wir legen Wert auf eine langfristige Karriereentwicklung, und dafür kann Geld nicht das einzige Motivationsmittel sein." Entscheidend bleibt die Unternehmens- und Arbeitskultur, die beide Seiten leben müssen.
Netapp: Mitarbeiter in Bewegung bringen
Der Storage-Hersteller Netapp hat sich in der Kategorie der Unternehmen mit 501 bis 1000 Mitarbeitern durchgesetzt. Marion Berkmann, Senior HR Manager von Netapp in Deutschland, hat kein Problem, sich mit anderen messen zu lassen. Das Siegel „Bester Arbeitgeber in der IT" von Great Place to Work hilft ihr in doppelter Hinsicht.
Zum einen ist die Auszeichnung ein Pluspunkt im Werben um IT-Spezialisten, vor allem wenn man mit so großen Unternehmen wie IBM und Hewlett-Packard in einem engen Spezialistenmarkt konkurriert. Zum anderen arbeitet die Personalerin das ganze Jahr hindurch mit den Ergebnissen der anonymen Mitarbeiterbefragung. Berkmann nennt ein Beispiel: „Den Wunsch unserer Mitarbeiter nach mehr Aktivitäten zum Thema Work-Life Balance haben wir ernst genommen und das Projekt Fit@Netapp angestoßen. Dazu gehört, dass wir Mitarbeiter wie Führungskräfte zu mehr Bewegung anregen, aber auch für einen achtsamen Umgang mit ihrer Gesundheit sensibilisieren wollen. Wir nehmen an Firmenläufen teil, bieten in München eine Rückenschule oder auch Vorträge über Fitness und Gesundheit an."
Dass zufriedene Mitarbeiter neue Kollegen werben, funktioniert bei Netapp bestens. Jede zweite Stelle kann Berkmann auf diesem Weg besetzen. Für Bewerber steht nicht die Firmenkultur an erster Stelle, die sie ja erst als Mitarbeiter beurteilen können, sondern das Gesamtpaket, sagt die Personalchefin.
„Gehalt und Dienstwagen sind Hygienefaktoren, die natürlich stimmen müssen. Allerdings bedeutet das nicht, dass wir uns auf zu hohe Gehaltsforderungen eines Bewerbers einlassen." Letztlich müssten die Gehälter marktgerecht und vor allem auch innerhalb des Unternehmens stimmig sein, so Berkmann. Andernfalls lege man den Keim für Unzufriedenheit.
Vector Informatik: Der Geist des Ingenieurbüros
Platz zwei hinter Netapp nimmt in dieser Größenklasse die Stuttgarter Vector Informatik GmbH ein. Im Ländle ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, ohne sich wie Porsche oder Daimler auf die Strahlkraft seiner Produkte verlassen zu können, ist keine leichte Aufgabe. Darum begann sich Vector Informatik schon vor zwölf Jahren mit dem Thema Employer Branding zu beschäftigen, als viele noch gar nicht wussten, was sich dahinter verbirgt. Das Software- und Beratungshaus produziert Werkzeuge für die Entwicklung von Steuergeräten. Die Embedded Systems spielen im Auto eine wichtige Rolle, sind aber nicht sichtbar.
Um als Arbeitgeber sichtbar zu sein, setzen die Schwaben auf Werbung in Radio und S-Bahnen, arbeiten bundesweit mit Universitäten zusammen, unterstützen Studenteninitiativen und vergeben Stipendien. Marcell Amann ist Personalleiter von Vector Informatik und freut sich über das gute Arbeitsklima, das man sich trotz des Wachstums bewahren konnte: „Obwohl wir in Deutschland über 850 Mitarbeiter beschäftigen, haben wir uns den Geist des ursprünglichen Ingenieurbüros bewahrt: stark technisch geprägt, ein hohes Maß an Interaktion und Kollegialität, und die Nähe zu Geschäftsführung und oberen Führungskräften ist immer noch gegeben." Dazu tragen offene Türen, das informelle Zusammenstehen zum Wochenausklang und die Tatsache bei, dass ein Geschäftsführer jeden neuen Mitarbeiter begrüßt und mit ihm ein längeres Einführungsgespräch führt.
Natürlich kann ein Mittelständler nicht so viele Aufstiegsmöglichkeiten im klassischen Sinn bieten, räumt Personalleiter Amann ein: „Karriere sollte man nicht nur auf Personalführung reduzieren. Wir versuchen zum Beispiel die Fachlaufbahn zu stärken. Schon in jungen Jahren können unsere Mitarbeiter viel Verntwortung übernehmen." Genau das ist laut Umfrage auch der Punkt, der für das Gros der Vector-Beschäftigten von zentraler Bedeutung ist. Auch die großzügig ausgestatteten Arbeitsplätze bezeichnen sie als Pluspunkt.
Darüber hinaus hat Amann beobachtet, dass Jobsicherheit für viele immer wichtiger wird. Und da könne der solide schwäbische Mittelständler gute Argumente anführen, so Amann: "Vector ist ein unabhängiges Unternehmen. Selbst im Krisenjahr 2009, als auch unser Umsatz zurückging, mussten wir keine Mitarbeiter entlassen oder zu Instrumenten wie Kurzarbeit greifen. Das gab es auch in der IT-Branche nur selten."
Pentasys: Auf Augenhöhe mit dem Bewerber
In der Größenklasse von 101 bis 500 Mitarbeitern hat Pentasys die Nase vorn. Zu den Erfolgsgeheimnissen gehört es, die Mitarbeiter von Beginn an ernst zu nehmen – schon im Bewerbungsprozess. IT-Spezialisten monatelang auf eine Antwort warten zu lassen kommt für Martin Lehnert, Personalchef beim Münchner IT-Dienstleister, nicht in Frage: „Bewerber haben eine zügige Rückmeldung und ein Gespräch auf Augenhöhe verdient. Um auf beiden Seiten für Erwartungssicherheit bezüglich der künftigen Aufgabe zu sorgen, halten wir eine Gesprächsbeziehung auf Augenhöhe für am sinnvollsten. Letztlich bewerben wir uns als Unternehmen auch beim Bewerber!"
Lehnert freut sich über das positive Feedback, das Bewerber zum schnellen Bewerbungsprozess und dem transparenten Feedback geben. Das sei auch deshalb wichtig, weil sich viele der Kandidaten auf Empfehlung der eigenen Mitarbeiter beim IT-Dienstleister bewerben. Zufriedene Mitarbeiter, die in ihrem Umfeld über ihre Arbeit berichten und andere werben, begründen den guten Ruf des Unternehmens mit und erleichtern dem Personaler die Arbeit.
Am besten beurteilen Pentasys-Mitarbeiter, dass ihre Führungskräfte gut erreichbar und unkompliziert anzusprechen sind. Lehnert sieht sein Führungsverständnis bestätigt: „Wachstum darf kein Grund dafür sein, dass Kommunikation nicht klappt. Ein Teil unserer Führungsarbeit ist es, den Mitarbeitern zu ermöglichen, ihre Anliegen ins Gespräch zu bringen und ein enges Vertrauensverhältnis herzustellen, gerade weil unsere Consultants im Projekteinsatz direkt vor Ort bei unseren Kunden tätig sind."
Derzeit beschäftigt das Unternehmen 161 feste Mitarbeiter und etwa 140 Freiberufler. Um sich gegenüber großen produktorientierten Unternehmen abzugrenzen, hebt Lehnert die Qualitäten des inhabergeführten Mittelständlers hervor: „Hier sind die Entscheidungswege kurz, der einzelne Mitarbeiter wird anders sichtbar, und soziale Eigenschaften wie Vertrauen, Sicherheit und die Qualität des kollegialen Miteinanders werden als attraktiv empfunden." Das zeige sich beispielsweise in den zweimal jährlich stattfindenden Workshop-Wochen, in denen Mitarbeiter sich gegenseitig trainieren und ihr Fachwissen weitergeben.
MaibornWolff et al: Offen, freundschaftlich, exzellent
In der Größenklasse 51 bis 100 Mitarbeiter hat sich der Münchner IT-Dienstleister MaibornWolff et al. behauptet, der inzwischen 91 Beschäftigte zählt. Die Geschäftsführer Volker Maiborn und Jens Rieger sind in jeder Beziehung erfolgreich: In Online-Portalen wie Kununu und im Great-Place-to-Work-Wettbewerb erhalten sie Bestnoten als Arbeitgeber.
Stets wird ihnen ein familiärer, fairer und offener Umgang bescheinigt, was ihren Anspruch bestätigt, möglichst authentisch zu sein und niemandem etwas vorzumachen. Schon am Vorstellungstag mit Präsentation, Fach- und Persönlichkeitsinterview erhalten die Kandidaten Feedback und bei Erfolg ein Jobangebot. Für interne Transparenz sorgt die wöchentliche Freitagsrunde, zu der sich die ganze Firma trifft, um über Projekte und Aktuelles zu sprechen. Impulse und Ideen der Mitarbeiter werden umgesetzt, vom Dienstfahrrad bis zum Yoga-Kurs. Die offene und freundschaftliche Kultur trägt nach Maiborns Ansicht auch zur Work-Life-Balance bei: „Wir nehmen uns gegenseitig ernst und belasten uns nicht durch politische Spielchen. Work-Life-Balance fängt bei uns damit an, dass wir in erster Linie 40 Stunden in der Woche arbeiten. Es gibt keine Arbeit am Wochenende oder eine Kultur, in der es cool ist, um 22 Uhr eine Mail zu schreiben." Geschäftsführerkollege Rieger weiß aber, dass „allein eine gute Kultur ein Team nicht zusammenhält. Die Inhalte, an denen man wachsen kann, müssen stimmen."
Darum gehört Exzellenz neben Leidenschaft und Verantwortung zu den zentralen Werten: „Wir strengen uns an, unser Bestes zu geben und so gut wie möglich zu sein" lautet Riegers Credo. In Projektgruppen werden Themen wie Prozessstandards, interne Kommunikation oder auch die Integration neuer Kollegen weiterentwickelt. Exzellent sollten auch die Bewerber sein, so Rieger: „Exzellenz heißt für uns nicht, dass ein Kandidat nur Einser haben muss. Er muss gut qualifiziert sein und mitdenken." Um begabte Studenten zu unterstützen, kooperiert der IT-Dienstleister seit Kurzem mit dem Elitestudiengang Software Engineering der Universität Augsburg. Zur Partnerschaft gehört eine jährliche Weiterbildungsveranstaltung für Studenten und Gastvorträge an der Hochschule, etwa über die Entwicklung von mobilen Apps für BMW.
(Quelle: Computerwoche)