"Kannst Du mir mal mit dem Computer helfen? Ich hab da ein Problem mit Word?" - diese oder ähnliche Bitten hören Sie sicher häufig von Ihren Bekannten. Normalerweise bedeutet das: Termin vereinbaren, hinfahren, Problem lösen, zurückfahren. In Zeiten von schnellem Internet können Sie sich Zeit und Geld für die Fahrt aber sparen.
Alles, was Sie und Ihr Rat suchender Freund benötigen, ist ein Programm für den Fernzugriff. Dann sehen Sie seinen Desktop und können per Maus und Tastatur so darauf zugreifen, als ob Sie vor seinem Rechner sitzen würden. Es gibt mehrere Fernzugriffs-Programme, die entweder komplett gratis oder zumindest für private Nutzung kostenlos sind. Die besten stellen wir Ihnen in diesem Ratgeber vor. Außerdem verraten wir Ihnen, welches Tool welche Stärken und Schwächen hat und sich für wen eignet.
Fernwartung / Fernhilfe mit Teamviewer
Mit Teamviewer greifen Sie einfach und bequem auf PCs von Freunden und Bekannten zu, die Hilfe benötigen. Sie müssen so gut wie nichts konfigurieren. Durch einen speziellen Server, bei dem sich sowohl das Teamviewer-Programm des Hilfesuchenden als auch das des Helfers automatisch anmelden, müssen Sie sich keine Gedanken um Dinge wie IP-Adresse und Firewall-Freigaben machen. Teamviewer ist für private Nutzung kostenlos.
Sie haben nach dem Start des Installations-Programms die Option, Teamviewer entweder dauerhaft zu installieren, oder ohne Installation zu starten. Vom Funktionsumfang her macht das so gut wie keinen Unterschied. Nach dem Programmstart meldet sich das Tool beim Server des Anbieters an und bekommt einen Identifikationscode (ID) zugewiesen. Außerdem generiert das Programm einen Zugriffscode (Kennwort), der immer nur für eine Sitzung gültig ist. Beide Nummern zeigt es im linken Teil des Hauptfensters an.
Derjenige, der Hilfe benötigt, teilt Ihnen als Helfer beide Nummern mit, zum Beispiel telefonisch, per Mail oder Chat. Sie geben die ID im rechten Teil des Programmfensters ein, achten darauf, dass die Option "Fernwartung" ausgewählt ist und klicken auf "Mit Partner verbinden". Kurz darauf wird das Kennwort abgefragt. Wenige Sekunden später erscheint ein Fenster mit dem Bildschirminhalt Ihres Freundes. Sie können nun ganz normal mit Maus und Tastatur darin arbeiten, Probleme analysieren oder Ihrem Gegenüber Schritt für Schritt zeigen, wie er ein bestimmtes Programm bedient.
Über die Leiste am oberen Fensterrand greifen Sie auf nützliche Teamviewer-Funktionen zu. Sie können zum Beispiel Dateien mit Ihrem Freund austauschen, die gesamte Sitzung aufzeichnen sowie per Headset und gegebenenfalls Kamera mit ihm kommunizieren. Über "Ansicht" lassen sich einige Einstellungen anpassen: Bei einer langsamen Internetverbindung verringern Sie die Bildqualität zugunsten der Darstellungsgeschwindigkeit. Ist die Bildschirmauflösung des Gegenübers zu hoch, reduzieren Sie diese über das Menü. Falls Ihnen die Leiste den Blick versperrt, klappen Sie sie über den kleinen Pfeil rechts unten ein und bei Bedarf wieder aus.
Mit Teamviewer ist es übrigens auch möglich, Dateien zwischen zwei Rechnern übers Internet auszutauschen, ohne dabei den Bildschirminhalt zu übertragen. Dazu wählen Sie im Haupt-Programmfenster die Option "Dateiübertragung" statt "Fernwartung".
Interessant ist die Option, über "Aktionen, Richtungswechsel" die Desktop-Freigabe umzukehren - das heißt, Ihr Freund sieht dann Ihren Bildschirm, auf dem Sie ihm bestimmte Dinge zeigen können.
Eine weitere nützliche Funktion von Teamviewer ist es, einen festen Fernzugriff auf den eigenen PC einzurichten. Dazu installieren Sie das Tool wie folgt auf der Festplatte: Aktivieren Sie im ersten Schritt des Setups "Erweiterte Einstellungen anzeigen" und im Schritt "Installationsart festlegen" den Punkt "Automatisch mit Windows starten". An dieser Stelle legen Sie auch gleich ein dauerhaft gültiges Passwort fest. Bei "Zugriffskontrolle" erlauben Sie den "Vollzugriff".
Fernwartung / Fernhilfe mit Netviewer
Auch mit Netviewer können Sie anderen Anwendern bei Software-Problemen helfen, ohne selber vor Ort sein zu müssen. Die private Nutzung ist kostenlos. Die Funktionen sind ähnlich wie bei Teamviewer, die Bedienung unterscheidet sich aber etwas: Sie als Helfer laden sich Netviewer Support herunter. Sie können ohne Installation sofort loslegen: Auf dem Willkommensbildschirm klicken Sie dazu auf "Sitzung starten (expert)". Daraufhin erscheint am rechten Bildschirmrand ein kleines Fenster, das die individuelle Sitzungsnummer anzeigt, die das Tool vom Server des Anbieters zugewiesen bekommen hat.
Diese Nummer teilen Sie dem Hilfesuchenden zum Beispiel per Mail oder Telefon mit. Die Übermittlung per Mail ist besonders komfortabel gelöst: Unter der Sitzungsnummer ist ein kleines Icon zum Verschicken einer Mail oder einer Skype-Nachricht mit allen relevanten Informationen inklusive Download-Link für die "Teilnehmerversion".
Wenn Sie die Nummer telefonisch durchgegeben haben geht der Hilfesuchende auf www.netviewer.de und klickt rechts oben auf "An Sitzung teilnehmen". Daraufhin wird er zur Eingabe der Sitzungsnummer aufgefordert. Im Anschluss startet der Download der Teilnehmerversion von Netviewer, die bereits die eben eingegebene Sitzungsnummer enthält. Der Anwender muss die Datei also nur noch starten und die Frage, ob sein Bildschirm übertragen werden soll, mit "Ja" beantworten.
Sie sehen nun zwar den Desktop Ihres Freundes, können diesen aber noch nicht steuern, sondern nur per Klick einen großen roten Pfeil erscheinen lassen, um ihm Dinge zu zeigen. Damit Sie auch Aktionen ausführen können, muss Ihr Gegenüber im kleinen Netviewer-Fenster den Schalter "Fernsteuerung" auf "ON" stellen oder "F11" drücken.
Um Dateien auszutauschen, klicken Sie auf das kleine rote Sprechblasen-Symbol am rechten Bildschirmrand. Dadurch erscheint eine Seitenleiste mit vielen Funktionen. Klicken Sie auf "Dateitransfer" und ziehen Sie Dateien oder Ordner auf das weiße Feld darunter. Ihrem Gegenüber wird durch ein blinkendes Sprechblasen-Symbol angezeigt, das auch er die Seitenleiste öffnen soll. Er sieht dort, welche Dateien zum Download bereitstehen und kann sie auf seinen Desktop oder in einen Ordner ziehen. Weitergehende Funktionen bietet der "Dateitransfer-Explorer", den Sie über das Zahnrad-Icon erreichen.
Wenn es Ihrem Freund unangenehm ist, Ihnen seinen kompletten Desktop und alle offnen Programme zu zeigen, kann er über die Seitenleiste gezielt aussuchen, was Sie sehen können und was nicht. Möchten Sie mit Ihrem Gegenüber kommunizieren, klicken Sie in der Seitenleiste auf "Chat". Ein Gespräch per Headset ist durch Aktivieren von "VoIP" möglich. Auch Webcams werden unterstützt (Abschnitt "Video").
Bei Teamviewer können Sie mit einem Klick auf "Show" die Richtung umdrehen, wenn Sie möchten, dass Ihr Freund Ihren Desktop sieht. Über "Watch" drehen Sie den Spieß wieder um.
Fernwartung / Fernhilfe mit UltraVNC
VNC (Virtual Network Computing) ist ein Veteran unter den Fernwartungsprogrammen. Der Quellcode wurde vor einigen Jahren vom Hersteller öffentlich gemacht. Seitdem haben mehrere Entwickler-Teams eigene Versionen des Tools herausgebracht. Die unserer Ansicht nach leistungsfähigste kostenlose Variante ist UltraVNC.
Die Konfiguration und Handhabung von UltraVNC ist wesentlich komplizierter als die von Teamviewer und Netviewer. Zum einen ist die Bedienerführung englischsprachig. Zum anderen müssen Sie manuell Anpassungen an der Firewall Ihres Routers und eventuell auch an der von Windows oder der Ihres Internet-Sicherheitspakets vornehmen, damit diese Verbindungen von außen an UltraVNC weiterleiten. Nicht zuletzt müssen Sie auch noch dafür sorgen, dass Ihr PC unter einem festen Domainnamen im Internetnet erreichbar ist, zum Beispiel per Dyndns.com - es sei denn Sie besitzen eine feste IP-Adresse. Das ist bei privaten Internetanschlüssen aber eher unüblich.
Wenn UltraVNC erst einmal läuft, gibt es keine weiteren Hürden: Über den mitgelieferten und auch separat erhältlichen UltraVNC Viewer greifen Sie von einem anderen PC auf den Rechner zu, auf dem UltraVNC installiert ist. Eine Funktion zum Dateiaustausch ist integriert. Auf Chat oder Kommunikation per Headset müssen Sie verzichten beziehungsweise auf zusätzliche Tools wie Skype zurückgreifen.
Fazit: Welches Fernwartungs-Tool für wen?
Nachdem wir Ihnen drei Vertreter von Fernwartungs-Tools vorgestellt haben, geht es jetzt um die Frage, welches Programm für wen geeignet ist. Privatanwender sollten wegen der einfachen Bedienung Teamviewer und Netviewer in die engere Wahl nehmen. Die Grunddisziplinen beherrschen beide perfekt.
Bei Teamviewer hat uns die Handhabung beim Verbindungsaufbau eine Idee besser gefallen: Sie erhalten eine dauerhafte Identifikationsnummer, die Sie nur einmal mit Ihrem Freund austauschen müssen und können ein festes Passwort vergeben. Dadurch können Sie Teamviewer auch zur unbeaufsichtigten Fernwartung - zum Beispiel Ihres eigenen Rechners - nutzen. Netviewer hingegen setzt auf wechselnde Sitzungsnummern, was regelmäßige Zugriffe verkompliziert und eine unbeaufsichtigte Fernwartung unmöglich macht. Dafür lässt sich bei Netviewer detailliert einstellen, welche Anwendungen das Gegenüber sehen soll und welche nicht. Bei Teamviewer lässt sich das nur über den "Präsentationsmodus" realisieren, der aber - wie es der Name schon sagt - für einen anderen Einsatzzweck vorgesehen ist.
Wenn es Ihnen nur darum geht, im internen Netzwerk auf einen anderen PC zuzugreifen, wäre allerdings durchaus auf UltraVNC einen Versuch wert. Denn im internen Netz besitzen in der Regel alle PCs eine feste interne IP-Adresse, außerdem sind die Firewall-Regelungen lockerer. Ansonsten empfehlen wir UltraVNC nur Profi-Nutzern - und geschäftlichen Anwendern, die eine kostenlose Fernzugriffs-Software suchen.
Quelle: PC-Welt