Während fast alle aktuellen Studien von Analysten und Marktforschern den ungebremsten Einzug von Cloud Computing in die Unternehmen verkünden, kommt die von Deloitte durchgeführte Umfrage unter Unternehmen aus den Bereichen Telekommunikation, Medien und Technologie, Fertigung und Financial Services zu einer deutlich zurückhaltenderen Bewertung. Danach bestehen nach wie vor maßgebliche Bedenken gegen Cloud Computing. Diese beziehen sich vor allem auf geschäftskritischen Anwendungen und Kernprozesse; zudem beklagen Unternehmen den Aufwand bei der Umsetzung, der oft größer als erwartet sei.
Nach den Ergebnissen der Deloitte-Studie "Cloud Computing in Deutschland" setzten mehr als die Hälfte der Befragten bisher keine Cloud-Computing-Lösungen ein und wollten das auch in naher Zukunft nicht tun. Das hieße aber nicht, dass Cloud Computing sie kein Thema sei. Im Gegenteil: "Fast überall wird das Thema Cloud Computing erörtert; aber in vielen Unternehmen wird das nicht - oder noch nicht - in konkrete Pläne oder Projekte für den tatsächlichen Wirkbetrieb umgesetzt", sagt Robert Horndasch, Partner bei Deloitte und Autor der Studie.
Zudem gäbe es eine gewisse Unschärfe in der Begrifflichkeit. Ein Teil der IT-Services, die Analysten und Anbieter heute dem Themenfeld Cloud Computing zuordnen, liefen in den Unternehmen teilweise schon seit Jahren unter Bezeichnungen wie Outsourcing, Application Hosting oder Managed Services, die vor dem Cloud-Hype gebräuchlich waren. Die Abgrenzung sei im Einzelfall recht schwierig. "Unsere Ergebnisse liefern eine Momentaufnahme: Wir haben nicht nach mittel- und langfristigen Erwägungen und Planungen gefragt, sondern danach, was zum jetzigen Zeitpunkt konkret an Cloud-Installationen realisiert ist" stellt Deloitte-Berater Horndasch klar.
Selbst die Unternehmen, die Cloud-Computing-Lösungen nutzen, messen diesen nur in knapp 20 Prozent der Fälle auch eine strategische Bedeutung bei. Im Vordergrund stehen dagegen Wirtschaftlichkeit, funktionale Vorteile sowie Verfügbarkeit von Services. Dabei gaben 50 Prozent der Befragten an, dass sie die angestrebten Ziele bislang nicht erreicht hätten.
IT stößt Cloud-Projekt an - nicht die Fachabteilungen
Die Initiative für Cloud-Computing-Projekte geht fast immer von der IT-Abteilung aus: In über einem Drittel der Fälle war die Unternehmens-IT Initiator von Cloud-Projekten, bei 40 Prozent der Projekte haben IT- und Fachabteilung gemeinsam den Anstoß gegeben. Lediglich jedes siebte befragte Unternehmen (14 Prozent) gibt an, dass der Impuls direkt von einer Fachabteilung ausging.
Wenn Unternehmen Cloud-Computing-Angebote nutzen, liegt die Software-as-a-Service-Variante klar auf dem ersten Platz: Bei mehr als der Hälfte der Firmen, die Cloud-Modelle nutzen, handelt es sich um SaaS-Lösungen. IaaS-Modelle (Infrastructure-as-a-Service) kommen bei knapp 30 Prozent der Unternehmen zum Einsatz, bei PaaS-Modellen (Platform-as-a-Service) sind es lediglich gute 10 Prozent. Nach Einschätzung der Studienautoren würden diese beiden Varianten zurzeit höchstens in Pilotprojekten erprobt. Fast immer stehen dabei Kostenerwägungen und - im Fall von Private Clouds - rechtliche und Compliance-Fragen im Fokus. Letztere Variante wird aus Gründen der besseren Kontrolle vielfach einer Hybrid- oder Public Cloud Lösung vorgezogen.
Als Ergebnis der Pilotprojekte verzeichneten die Unternehmen oft, dass die Produktivsetzung einer Cloud-Computing-Lösung aufwendiger ist als erwartet und sich das Ziel einer signifikanter Kostenreduktion deshalb nur mittelfristig erreichen lässt. Dennoch will die Mehrheit der Befragten, die schon Cloud Computing nutzen, nicht zu den früheren Lösungen zurückkehren. Ein Viertel will aber bis auf Weiteres auf den Ausbau von Cloud Computing verzichten und stattdessen lediglich den Status Quo halten um weitere Entwicklungen abzuwarten.
Während die geringe Akzeptanz und der noch sehr zurückhaltende Einsatz von Cloud Computing in deutschen Unternehmen als Ergebnis der Studie überrascht - besonders im Vergleich anderer aktueller Untersuchungen - liegt der Deloitte-Report bei den Treibern und Hemnissen von Cloud Computing voll im Trend. Als wichtigste Argumente geben die Befragten hier - wie in der Mehrzahl der einschlägigen Studien - die verbesserte Flexibilität der Infrastruktur und Kostenersparnisse an. Als wichtigste Hinderungsgründe nannten die Unternehmen das Risiko des Governance-/Kontrollverlusts, unzureichende Datensicherheit/Verfügbarkeit sowie offene rechtliche und Compliance-Fragen.
Auf die Frage, welche Anbieter sie mit Cloud Computing assoziieren, nannten die Befragten am häufigsten Google, Microsoft, Amazon, IBM und Salesforce. Damit lagen ausnahmslos US-amerikanische Cloud Computing-Provider, die als global Player im IT-Markt etabliert sind, auf den ersten fünf Plätzen. Dabei wird der am häufigsten genannte Cloud-Provider Google besonders als SaaS-Anbieter wahrgenommen, wie auch bei den anderen genannten Unternehmen jeweils die SaaS-Lösungen als wichtigster Bestandteil des Angebots eingeschätzt wurden.
Kein Vertrauen in Cloud Computing
"Cloud Computing scheint in Deutschland noch unter einem Vertrauensdefizit zu leiden. Vorteile wie Skalierbarkeit und Flexibilität werden zwar wahrgenommen, aber die Skepsis im Hinblick auf Datensicherheit und Prozesskontrolle überwiegt bei vielen", erklärt Horndasch. "Bezeichnend ist die Tatsache, dass sich unter den fünf am häufigsten aufgeführten - und damit etabliertesten - Cloud-Anbietern kein einziges deutsches Unternehmen befand. Hier herrscht Nachholbedarf“, sagt Horndasch.
Deloitte hat die Umfrage zusammen mit der BITKOM durchgeführt und im Zeitraum von Anfang Dezember 2009 bis Mitte Januar 2010 knapp 300 Unternehmen aus den Bereichen Telekommunikation, Medien und Technologie, Fertigung und Financial Services mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro jährlich befragt.
Die Deloitte-Studie steht hier zum kostenlosen Download bereit.
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