Colony kennt die IT-Industrie seit über 30 Jahren. Er hat viele Hersteller kommen und gehen sehen. Es wurde viel versprochen, und nur wenig davon ist eingetroffen. Colony resümiert im Gespräch mit dem CIO-Magazin: "Die IT-Industrie hat eine sehr schlechte Angewohnheit: Sie setzt ständig neue Trends in die Welt und übertreibt dabei maßlos. Cloud ist dafür ein gutes Beispiel." Dem ganzen Marketing-Trara um Cloud Computing setzt er entgegen: "Cloud is dead."
Die Argumentation von Colony stützt sich auf das von ihm konstatierte Ende von zwei Architekturen, mit dem ein signifikanter Wechsel in der Geschichte der IT eingeleitet wird. Zum einen sei das bisherige Erfolgsmodell von Microsoft mit verteilter Software auf Millionen von PCs tot, und zum anderen sei die Architektur verteilter Rechenzentren ein Auslaufmodell. Stattdessen formiere sich zurzeit ein neues, gleichgewichtiges Modell aus "Internet und App", symbolisiert in Apples iPad und ähnlichen Geräten, die erst den Anfang einer neuen Ära ankündigen.
Dass der klassische PC am Ende ist, kann man Colony zufolge schon an den zahlreichen Versuchen von Microsoft sehen, sich neu zu erfinden. Die Gates-Nachfolger besetzen neue Geschäftsfelder von Business-Software über Suchmaschinen bis hin zu Smartphones und Tablets, weil sie wissen, dass sie allein mit Windows und Office untergehen werden. Mit der Cloud-Plattform Azure oder mit Office 365 und Windows 8 sucht man Auswege aus dem alten Lizenzmodell.
Apple lässt Microsoft hinter sich
Über Apple sagt der Forrester-CEO dagegen: "The iPad, that’s it." Dabei meint er aber nicht die Tablet-Hardware, sondern die neuen Apps: "Die Apple-Revolution ist eine Software-Revolution." In der Entwicklung einer riesigen Menge von Apps sieht Colony den Beginn einer neuen Ära. Das bedeute nicht, dass jetzt alles vom Internet ausgehe, wie Unternehmen wie Google glaubten. Colony ist sich sicher, dass zum Beispiel das Chromebook von Google, das nur in ständiger Verbindung mit dem Internet funktionsfähig ist, "die größte Dummheit ist, die ich je in der IT-Geschichte beobachtet habe".
Colony, der über exzellente Industriekontakte verfügt und im ständigen Gedankenaustausch mit IT-Managern von Hersteller- und von Anwenderseite steht, bezieht klar Position: "Cloud allein ist tot. Die Entwicklung des App-Internet geht dahin, dass wir beide Seiten haben werden - lokale Geräte und Infrastrukturen mit ihrem Potenzial und das Internet mit seiner Technologie. Das Chromebook von Google setzt auf das andere Extrem: auf absolut dumme Empfangsgeräte, die ohne Internet-Anschluss nichts sind."
Chromebook zu "verrückt"
Colony verweist auf die Entwicklung bei Prozessoren und Speichergeräten, die weit über der Netzwerk-Performance liege. Google lasse dies beim Chromebook vollkommen beiseite. So etwas "Verrücktes" werde sich nicht durchsetzen: "Die Idee des Chromebooks verdankt sich ausschließlich dem Kerngeschäft von Google, dem Web-Advertising. Man will die Leute noch abhängiger vom Internet machen."
Wenn man begreifen will, wohin die Reise in der Welt der IT geht, müsse man sich nur Apple ansehen, argumentiert Colony: "Apple verfügt über eine höhere Marktkapitalisierung als Google, obwohl man nicht primär im Cloud-Geschäft ist. Apple wächst pro Jahr um 80 Prozent, und der Gewinn steigt sogar um 90 Prozent pro Jahr."
Der Erfindergeist von Apple bei mobilen Geräten und in der App-Entwicklung schlägt sich laut Colony in der Börsenbewertung nieder: "Während meiner Karriere als Marktbeobachter und Analyst habe ich ein solches Wachstum noch nicht gesehen.
Apple ist heute bedeutender als HP oder IBM." Auch der Tod von Steve Jobs werde Apple nicht sofort zu einem normalen IT-Hersteller zurückstutzen. Einwände, dass es sich bei den Börsenbewegungen nur um Reflexe der realen Unternehmensentwicklung und um Erwartungen auf künftige Gewinne handelt, lässt der Forrester-CEO nicht gelten. Er setzt alles auf die Apple-Karte.
Die "vierte Welle"
Die gegenwärtigen Umbrüche in der IT-Industrie ordnet Colony in den historischen Kontext ein: Die derzeitige "vierte Welle" von "Internet-App" folge auf die früheren Wellen, die zunächst durch die Dominanz des Mainframes und dann durch den Mini-Computer und den PC (Client/Server-Computing) gekennzeichnet waren. Hersteller, die diese Entwicklung verpassten, würden bald "out" sein.
Eine gewisse Technikverliebtheit verleugnet Colony keineswegs: "Das iPad ist vielleicht noch nicht perfekt, aber es markiert einen Anfang. Mit den Apps, die es bis jetzt gibt, kann man als Nutzer schon sehr viel anfangen. Sicher fehlen aber noch die Apps aus dem Bereich der Business-IT. Hier muss noch sehr viel passieren, und Hersteller wie SAP, Oracle und andere sind gefordert."
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