Einst produzierte IBM hauptsächlich Hardware. Das waren Großrechner (Mainframes), Server- und Storage-Geräte, Prozessoren, Festplatten, PCs und Notebooks, Netzwerk-Komponenten oder Drucker. Von den meisten dieser Produkte hat sich der Weltkonzern inzwischen getrennt, weil die Margen für ihn zu gering sind. Mehr Profit winkt bei IT-, Business- und Finanzdienstleistungen. Diesem Credo folgen die Top-Manager bei IBM seit Jahren. Und bauen unaufhörlich das eigene Haus um.
Inzwischen gehen Finanzanalysten sogar schon davon aus, dass Mainframe, Server und Storage nur noch einen geringen Beitrag zur Wertschöpfung des Unternehmens liefern. Die Analysten von Trefis sprechen von weniger als einem Prozent für diesen Bereich, während man den Wertbeitrag von Software auf 46 und von Services auf 34 Prozent schätzt.
IBM setzt den Umbauprozess des Konzerns fort, wie gerade der Verkauf des Retail-POS-Geschäfts an Toshiba TEC bewiesen hat. Auf Anfrage von CIO.de Drilldown Virtualisierung lehnt man aber jeden Kommentar zu dieser Entwicklung und zu der Einschätzung von Trefis ab.
Alles soll smarter werden
Auf der "Pulse 2012“, einer der großen internationalen Kundenkonferenzen von IBM, konnte man im Frühjahr beobachten, welchen Stellenwert Virtualisierung und Cloud-Services in der Konzernstrategie spielen. "Optimizing the World's Infrastructure” und "Rethink IT/Reinvent Business with Cloud Computing” lauteten die offiziellen Parolen: Der Planet soll "smarter“ werden. Überall, wo IBM das Wörtchen "Smarter“ davor setzt, hat man nichts weniger vor, als einen Beitrag zur Verbesserung der Welt zu leisten. Die Cloud-Lösungen passen laut IBM-Managern in diese Strategie, da sie dazu geeignet seien, die bestehenden IT-Infrastrukturen Schritt für Schritt in Richtung Services umzuwandeln und damit "smarter“ zu machen.
"Smarter Cities“ oder "Smarter Buildings“ zum Beispiel sind solche Elemente des IBM-Weltverbesserungsprogramms. So hat man zusammen mit der Stadt Rio de Janeiro schnellere Unwettervorhersagen realisiert, damit sich die Bevölkerung der Metropole besser auf die plötzlich herabstürzenden Regenmassen vorbereiten kann. Oder im Louvre-Museum in Paris kann die Hausverwaltung nun auf effektivere Methoden der Überwachung und Inspektion des riesigen Gebäudekomplexes zurückgreifen. Voraussetzung sind jeweils zeitnahe Computerberechnungen (Analytics oder Big Data), die in virtualisierten Rechenzentren und über Cloud-Anbindungen durchgeführt werden.
Cloud für Transformation der Geschäftsprozesse
Den privaten Unternehmen bietet IBM an, sie bei der Transformation ihrer Geschäftsprozesse mittels Cloud Computing zu unterstützen. Man geht laut einer vom Hersteller durchgeführten Studie davon aus, dass sich die Zahl der Firmen, die auf Cloud-Services setzen, in den nächsten drei Jahren verdoppeln wird. Mit Cloud Computing ist es laut IBM heute möglich, die akkumulierten Business-Daten schneller auszuwerten und neue Kooperationsmodelle mit Partnern und Kunden zu realisieren. Nicht zufälligerweise kann der Konzern auch die erforderlichen Business-Consulting- und Service-Dienstleistungen für die ehrgeizigen Ziele der angepeilten Transformationsprozesse offerieren.
Die Verkaufsargumentation von IBM sieht heute so aus: "Kaufen Sie kein Flugzeug. Reservieren Sie einen Sitzplatz! Würden Sie sich gleich ein Flugzeug anschaffen, nur um nächstes Jahr ein paar Ziele anzusteuern? Sicher nicht. Warum sollten Sie also in ein herkömmliches IT-Modell investieren, wenn Sie genauso gut eine flexible, vollintegrierte Cloud-Infrastruktur nutzen können?“ (IBM-Flyer)
Der kleine Haken dabei: Die meisten Unternehmen besitzen ja schon eine eigene IT-Infrastruktur, die auf "höchste Leistung“ und auf "Bedarfsspitzen“ ausgelegt ist. Und die übrigens genau mit diesen Argumenten, die heute als obsolet gelten, von IBM und anderen Herstellern in den Markt gedrückt wurden. Es geht also letztlich um den alten Zirkelschluss: Erst etwas investieren, und dann lassen sich die Kosten senken.
5 neue Cloud-Werkzeuge
Auf der Pulse 2012 stellte IBM neue Cloud-Werkzeuge vor, die die Implementierung neuer Dienstleistungsmodelle in der IT erleichtern sollen. Dazu gehören:
1. SmartCloud Foundation: Eine Art Einsteigerhilfe für Installation, Management, Konfiguration und Automatisierung von "private, public and hybrid“ Cloud-Umgebungen. Die IT-Abteilungen sollen so einen leichteren Einstieg in Cloud-Systeme erhalten, als es bisher möglich war.
2. SmartCloud Provisioning: Ein Tool, mit dem der Zeitaufwand für neue cloud-basierte Prozesse laut Hersteller "drastisch reduziert“ werden kann. So soll es zum Beispiel gelingen, 200 virtuelle Maschinen in nur fünf Minuten statt einer Stunde auf einem physikalischen Server einzurichten.
Cloud Provisioning, Delivery und Monitoring
3. SmartCloud Continuous Delivery: Kombination der Rational-Software Collaborative Lifecycle Management mit SmartCloud Provisioning in einer gemeinsamen Suite, die Modelle einer erfolgreichen Einführung von Cloud-Services sammelt, um sie anderen Nutzern zur Verfügung zu stellen.
4. SmartCloud Control Desk und SmartCloud Monitoring: Zwei Werkzeuge, um geplante und ungeplante Änderungen in der Konfiguration komplexer Cloud-Umgebungen unter Kontrolle zu behalten und um ihre Verfügbarkeit und Auslastung permanent zu beobachten. Hierzu werden auch Analytics-Module eingesetzt.
5. Endpoint Manager for Mobile Devices: Soll für Integration und Security von Tablets und Smart Phones der verschiedenen Plattformen von Android, Apple bis zu Windows Phone und Symbian in Cloud-Infrastrukturen sorgen. Damit wird ein aktueller Trend zu BYOD (Bring Your Own Device) in vielen Unternehmen und Organisationen bedient.
Im Unterschied zu anderen Herstellern und ihren Anwenderkonferenzen fällt bei IBM positiv auf, dass man nicht so viel Aufhebens um das vermeintlich Revolutionäre an Cloud-Installationen macht. Offenbar kommt dem Konzern mit seiner breiten Kundenbasis zugute, dass man schon länger auf Software und Services setzt als die Konkurrenten. Deshalb muss man auch nicht so viel Wind machen, sondern kann sich auf die Integration von Cloud-Installationen von privat bis hybrid in die bestehenden Service-Modelle konzentrieren.
Wenig Aufhebens wegen der Revolution
Mit "Smarter Planet“ und seinen verschiedenen Varianten arbeitet IBM zugleich daran, sich weitere Kundenfelder zu erschließen. Virtualisierung und Cloud erlauben es den angesprochenen Zielgruppen, ihre bestehende Infrastruktur behutsam zu verändern, ohne sie völlig umkrempeln müssen. Bei IBM geht es eher um Evolution denn um Revolution.