Telekom über Start, Kritik und Pläne

Die De-Mail ist kein iPhone

04.10.2012 von Johannes Klostermeier
Der De-Mail-Verantwortliche Frank Wermeyer von der Telekom erklärt im Interview mit unserer Schwesterpublikation CIO, wie der Start geklappt hat und wie die künftigen Pläne aussehen.
Frank Wermeyer, Geschäftsverantwortlicher für De-Mail bei der Deutschen Telekom.
Foto: Deutsche Telekom

Kurz vor der Ifa am 31. August hat die Deutsche Telekom ihren De-Mail-Dienst gestartet. Im Interview erklärt Frank Wermeyer, Geschäftsverantwortlicher für De-Mail bei der Deutschen Telekom, ob sein Unternehmen mit dem Start von De-Mail zufrieden ist – und was noch folgt.

CIO.de: Wie zufrieden sind Sie mit dem Start?

Wermeyer: Sehr zufrieden. Wir hatten eine sehr erfolgreiche Ifa - und das im Umfeld von Unterhaltungselektronik und "hippen" Themen. Unser De-Mail-Stand war immer umlagert. Wir hatten viele Gespräche mit Privatkunden. Eine gigantische Zahl an Kunden hat sich direkt vor Ort für De-Mail identifiziert. Kunden haben sogar Schlange gestanden. Das hatten wir so nicht erwartet. Die Nachfrage ist extrem groß, nicht nur auf der Messe. Wir sind seit drei Wochen live mit dem Produkt, und wir haben eine Menge Komplettbuchungen für das System. Ich bitte jedoch um Verständnis, wenn ich die genaue Zahl noch nicht nenne.

CIO.de: Aber es bewegt sich noch nicht viel auf der Plattform, oder?

Wermeyer: Wir sind erfolgreich gestartet und das ist erst drei Wochen her. Wir stehen damit am Anfang einer langfristigen Entwicklung, in der die Nutzerzahlen natürlich noch nicht hoch sein können.

Noch wenig Firmen und Behörden

CIO.de: Auch auf der anderen Seite tut sich noch nicht viel, Firmen, Behörden und Verwaltungen müssen ja mitmachen. Von Behörden und Verwaltungen war niemand auf der Launch-Pressekonferenz.

Wermeyer: De-Mail richtet sich an den breiten Markt, insbesondere an den Absenderkreis von klassischen Briefen. Darum waren mit der Targobank und der Allianz zwei Großversender der Versicherungs- und der Bankbranche vertreten.

Wir hätten ohne weiteres eine Bundesbehörde oder eine Kommune dabei haben können. Allerdings treten wir nur mit Kunden gemeinsam auf, mit denen wir eine Referenzkundenvereinbarung getroffen haben. Im Rahmen unserer Testphase gibt es eine Reihe von Institutionen der öffentlichen Hand, von Bundesbehörden bis hin zu einzelnen Kommunen. Diese testen ihre Anbindung, ihre Prozesse und Fachverfahren und werden in den nächsten Monaten in den Markt einsteigen.

CIO.de: Gerade ist das E-Government-Gesetz durchs Kabinett gegangen. Ist das gut für De-Mail?

Bundes-CIO Cornelia Rogall-Grothe hat das E-Government-Gesetz unterstützt. Es wurde jetzt vom Kabinett beschlossen.
Foto: BMI/Hans-Joachim M. Rickel

Wermeyer: Das ist sehr positiv und wichtig für De-Mail. Es sorgt für Rechtssicherheit und Klarheit. De-Mail ist ja kein Produkt, sondern ein Standard des Gesetzgebers, um den Briefverkehr in Deutschland zu digitalisieren, indem er zum ersten Mal einen Rechtsrahmen dafür schafft, der es erlaubt, Briefe in größerem Maße elektronisch zu versenden. Das De-Mail-Gesetz sagt aber zum Beispiel noch nicht, dass die De-Mail der elektronischen Signatur gleichgesetzt wird. Das E-Government-Gesetz regelt deswegen sehr folgerichtig für den Bereich der öffentlichen Verwaltung, dass die De-Mail ein zugelassener Kommunikationsweg ist.

Startprobleme der De-Mail

CIO.de: Was hat ihre Plattform für Kinderkrankheiten? Bei Teltarif.de schlug ein Virenwächter bei der Registrierung an. Die Identifizierung mit dem neuen Ausweis klappt nicht immer.

Wermeyer: Die Sache mit dem Virenscanner war ein sehr spezieller Fall mit einem bestimmten Browser und einem bestimmten Virenscanner. Der Hersteller analysiert gerade den Fall, warum der Scanner bestimmte Javascripts fälschlicherweise als verdächtig identifiziert hat. Es hat die Nutzung aber nicht verhindert. Das ist hoffentlich in ein paar Tagen abgestellt. Probleme mit dem neuen Ausweis sind uns nicht bekannt. Unsere Tests ergaben da ein sehr positives Bild. Wir haben zum Start eines ganz neuen Dienstes eine sehr gute Qualität.

CIO.de: Wenn man sich mit dem neuen Ausweis anmeldet, bekommt man zweimal Post von der Telekom – mit dem Briefträger. Wieso dieser Medienbruch?

Wermeyer: Das ist sicher noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Wir haben die zugrundeliegenden Bestimmungen in der ersten Phase zunächst sehr eng ausgelegt, das wird aber nicht immer so bleiben. Das ist tatsächlich ein Medienbruch, da gebe ich Ihnen Recht.

Künftige Neuerungen

CIO.de: Was wird es für Neuerungen in der Zukunft geben? Stichwort: Outlook-Zugriff, De-Safe, Payment.

Wermeyer: Nach dem webbasierten Browserzugriff für Privatkunden ist der Client-Zugriff auf De-Mail der nächste große Schritt, also etwa mit Outlook, Thunderbird, aber auch mit einer App auf dem Mobiltelefon als mobilen Client. Das werden wir zum nächsten großen Meilenstein vorstellen, also etwa zur Cebit oder zur kommenden Ifa. De-Mail bietet viel Potenzial für zusätzliche Dienste für verschiedene Anwendergruppen.

De-Safe als eine mögliche Weiterentwicklung bietet eine sichere Ablage für beliebige Dokumente. Noch interessanter für unsere Kunden ist alles rund um das Thema Identifikation. Wir haben mit De-Mail eine Möglichkeit der Identifikation für E-Commerce.

Ein weiteres Thema ist das Thema Payment, das eng zusammenhängt mit den Themen Ident und E-Commerce. Den geschäftlichen Nutzer interessiert auch der Versand von strukturieren Daten, die nahtlos in den Workflows und Prozessen der Kunden weiter verarbeitet werden können. Das sind alles denkbare Erweiterungen von De-Mail.

Kkostenlose Prepaid-Grundversorgung

CIO.de: Wird es weitere Anreize für die Nutzer geben, auf digitale Kommunikation umzusteigen?

Werbeplakat am Flughafen Köln-Bonn. Für die Kunden soll es Anreize geben.
Foto: Deutsche Telekom

Wermeyer: Ähnlich wie bei der anfänglichen Verbreitung von SMS setzen wir hier auf den Netzeffekt. Es muss genügend Sender und Empfänger geben. Irgendwann überschreiten die Zahlen die kritische Grenze. Deshalb ist es gut, dass De-Mail ein Standard und ein interoperables System ist und nicht ein singuläres Produkt eines Anbieters.

Wir bieten eine quasi kostenlose Prepaid-Grundversorgung für den Privatkundenmarkt. Es gibt ein Freikontingent von derzeit 50 und später drei Frei-De-Mails im Monat. Es liegt natürlich auch im Interesse der großen Nutzer, ihre privaten und geschäftlichen Empfänger dafür zu gewinnen, sich eine De-Mail-Adresse anzulegen. Wir kooperieren hier mit den wichtigen Unternehmen auch auf der Marketingseite.

CIO.de: Kann man sich bei der Deutschen Telekom schon per De-Mail beschweren?

Wermeyer: Das ist selbstverständlich. Auch wir sind per De-Mail erreichbar. Da unterscheiden wir uns nicht von anderen Unternehmen, dass wir unseren Versand digitalisieren und nach und nach auch zu De-Mail migrieren.

E-Mail- und De-Mail unter einen Hut bringen

CIO.de: Anfragen per Mail versacken oft. Unternehmen könnten die Einführung von De-Mail nutzen, um ihre Prozesse zu überprüfen.

Wermeyer: Ja, das passiert auch oft. Unternehmen, die sich noch nicht so viele Gedanken etwa über ein Output-Management oder Automatisierung gemacht haben, stellt sich die Frage, wie sie ihren physischen Versand und den E-Mail- und De-Mail-Kanal unter einen Hut bringen können. Wir selbst und eine Reihe von Partnern können den Unternehmen dabei helfen.

CIO.de: Ist De-Mail also auch eine Art Türöffner für T-Systems?

Wermeyer: Es geht um die Digitalisierung des heutigen Briefmarktes. Man hat über die Jahre überall viel optimiert, automatisiert, digitalisiert. Im Postbereich jedoch ist bei vielen in Sachen professioneller E-Mail- und Kundenadressverwaltung nicht so viel passiert. Es gibt hier also einen Anlass, etwas zu tun. Und als Antwort auf Ihre Frage eine Metapher: Wir bauen den Kunden eben nicht nur eine Wassertraße ans Haus, sondern sorgen auf Wunsch auch gleich im Haus für die Installation der Leitungen bis zum Wasserhahn.

CIO.de: Planen Sie noch viel Werbung für Ihr Produkt?

Wermeyer: Wir werden nicht in den Dimensionen einer Deutschen Post werben. De-Mail ist für den breiten Markt ein klassisches Onlinethema, das online gebucht wird. Deshalb machen wir die zentrale Kommunikation über das Produkt online – vor allem über unsere Plattform.

Gespräche mit Providern in anderen Ländern über De-Mail

CIO.de: Ist De-Mail nicht sehr deutsch? Wie sieht es mit der Internationalisierung des Produkts aus?

Wermeyer: De-Mail wurde erst einmal im nationalen Rechtsrahmen aufgebaut. Technisch kennt es keine Grenzen. Man kann zum Beispiel De-Mails jetzt schon austauschen mit einem ausländischen Staatsbürger mit ausländischem Wohnsitz. De-Mail kann also heute bereits grenzüberschreitend genutzt werden. Damit haben wir einen international nutzbaren, hochsicheren Kommunikationskanal. Die Rechtsverbindlichkeit ist aber zunächst nur in Deutschland gegeben. Es gibt bereits Gespräche auf europäischer Ebene zur Harmonisierung. Auch die Provider sprechen mit den Providern in den anderen Ländern. In den nächsten Monaten wird man dazu sicher mehr hören und sehen.

CIO.de: Wann wollen Sie Zahlen bekannt geben?

Wermeyer: Nach einem Jahr kann man das eventuell machen. Wir starten ja bei null in einen Markt, der sich jetzt erst langsam entwickelt. Auch bei uns im Haus erwartet niemand Wunder. Es ist kein iPhone, das wir hier verkaufen, das Thema hat andere Qualitäten.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.