Starker Inlandskonsum

Die deutsche Wirtschaft erhöht das Tempo

14.02.2017
Die deutsche Wirtschaft legt zum Jahresende einen Schlussspurt hin. Verlass ist einmal mehr auf den Konsum. Aus dem Ausland kommt allerdings zunehmend Gegenwind.

Die deutsche Wirtschaft steigert zum Jahresende ihr Wachstumstempo. "Die Chancen stehen gut, dass die deutsche Wirtschaft ein Langstreckenläufer wird", sagt Andreas Rees, Deutschlands-Chefvolkswirt von Unicredit. Auch in diesem Jahr wird der Aufschwung Ökonomen zufolge weitergehen. Die Risiken sind allerdings gestiegen. Vor allem aus der Politik kommt Gegenwind, der die exportorientierte deutsche Wirtschaft treffen könnte.

Der neue US-Präsident Donald Trump zieht regelmäßig gegen Freihandel zu Felde und droht wichtigen Handelspartnern mit Strafzöllen. Die deutsche Exportstärke ist dem Republikaner ein Dorn im Auge. Im Frühjahr sollen die Brexit-Verhandlungen beginnen und in etlichen Euroländern stehen Wahlen an. EU-feindliche Rechtspopulisten wie Geert Wilders in den Niederlanden und Marine Le Pen in Frankreich sind im Aufwind.

Die deutsche Wirtschaft zeigt sich gegen politische Turbulenzen immun.
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Zudem sitzen viele Banken - insbesondere in Italien - auf einem Milliardenberg fauler Kredite. Europas oberster Bankenaufseher fürchtet, dass der EU eine lange wirtschaftliche Stagnation droht, wenn sie das Problem nicht schnell genug angeht. "In den 1990er-Jahren hat Japan mehr als 15 Jahre gebraucht, um das Problem in den Griff zu bekommen," sagte Andrea Enria, Chef der Europäischen Bankenaufsicht EBA dem "Handelsblatt".

Zum Jahresende 2016 zeigte sich Deutschlands Konjunktur jedoch unbeeindruckt von wachsenden Unsicherheiten. Die Wirtschaftsleistung legte von Oktober bis Dezember gegenüber dem dritten Quartal um 0,4 Prozent zu und damit deutlich stärker als im vorangegangenen Vierteljahr (plus 0,1 Prozent). Im Gesamtjahr steht ein kräftiges Plus von 1,9 Prozent. "Das haben wir unserer starken Binnenwirtschaft einschließlich der sehr kräftigen Baukonjunktur zu verdanken, weswegen die vielen internationalen Turbulenzen kaum auf uns durchgeschlagen sind", argumentiert KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner.

In den Topetagen der deutschen Wirtschaft ist die Skepsis zuletzt allerdings gewachsen. Die Stimmung verschlechterte sich laut Ifo-Geschäftsklimaindex zum Jahresanfang.

Viele Unternehmen fragten sich, was die US-Regierung nun beschließen werde, sagte Deutsche-Bank-Volkswirt Heiko Peters jüngst. Aber auch der Brexit und mögliche Wahlsiege von Populisten brächten "politische Unsicherheiten", die im zweiten Halbjahr die Konjunktur schwächen könnten: "Wenn die Unsicherheit hoch ist, wird das Investitionsumfeld gedämpft."

Grundsätzlich rechnen Volkswirte mit einer Fortsetzung des Aufschwungs in diesem Jahr. Nach Einschätzung der Bundesregierung wird die deutsche Wirtschaft um 1,4 Prozent zulegen, die Bundesbank ist mit 1,8 Prozent zuversichtlicher.

Wenig Impulse sind allerdings erneut vom Außenhandel zu erwarten. "Seit der Finanzkrise wächst die Weltwirtschaft nur noch verhalten. Dabei wird es wegen Trump und der europäischen Freihandelsgegner bleiben", sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer voraus.

Verlass scheint auf den Konsum zu sein. Die Kauffreude der Verbraucher gilt auch in diesem Jahr als eine wichtige Stütze der Konjunktur. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig und Sparen wirft wegen der Niedrigzinsen kaum noch etwas ab. Allerdings dürften die privaten Ausgaben nicht mehr ganz so stark steigen wie 2016, erwartet das Marktforschungsunternehmen GfK: "Wir haben bereits seit sechs bis sieben Jahren ein gutes Konsumklima in Deutschland. Da haben sich viele Anschaffungen erledigt."

Zudem könnte die steigende Inflation die Kauflaune mancher Bürger dämpfen. In Januar kletterte die Teuerungsrate wegen gestiegener Energiepreise auf 1,9 Prozent - es war der höchste Stand seit Juli 2013. Ökonomen rechnen allerdings nicht damit, dass es in diesem Tempo weitergeht. Die Bundesbank geht für dieses Jahr von einer moderaten Teuerungsrate von 1,4 Prozent durchschnittlich aus.

Profitieren könnte Deutschland wegen der engen Handelsbeziehungen von der Erholung der europäischen Wirtschaft. Die EU-Kommission traut den 19 Staaten der Eurozone in den kommenden beiden Jahren ein stärkeres Wachstum zu als zunächst angenommen. Ökonom Rees ist zuversichtlich: "Mit einer Fortsetzung des robusten Wachstums 2017 - und wahrscheinlich 2018 - wäre der Aufschwung der längste in der deutschen Geschichte seit den 1960er Jahren" - allerdings nicht der stärkste. (dpa/rs)