CW: Wie wird sich der Bereich Kommunikation im Automobilbereich generell entwickeln?
Andreas Hecht:Wir gehen über das Thema Car-2-Car hinaus und setzen verstärkt auf das Themenfeld Car-2-Cloud-2-Car, weil hier mehr Potenzial steckt. Fortschritte in der Mobilbranche spielen dabei eine wichtige Rolle. Diese Fortschritte werden besonders durch geringere Latenzzeiten zum Tragen kommen. Wir sind bereits mit einigen OEMs im Gespräch und führen Tests durch, die zeigen sollen, wie man diese Kommunikation am effektivsten verbessern kann.
CW: IT-Firmen wie IBM, Intel, Xerox oder Google drängen in den Bereich "Connected Car" Deren Argument: Sie verfügen über Zugang zu Big-Data-Ressourcen, die für die Steuerung von Fahrzeugen und generell die Verkehrslenkung unerlässlich sind. Kann Inrix mit solchen Unternehmen mithalten?
Hecht: Das Themenfeld Connected Car wird immer umfassender. Da ist es kein Wunder, dass IT-Firmen diesen Markt für sich nutzen möchten. Wir sehen diese Firmen allerdings nicht als Konkurrenz, sondern vielmehr als bestehende oder potenzielle Partner an. Es ist schwierig, Firmen wie IBM, Google und Inrix miteinander zu vergleichen, weil jedes Unternehmen andere Interessen hat. Einige Anbieter sind beispielsweise daran interessiert, die User Experience zu verbessern und die Systeme stärker zu integrieren. Andere IT-Unternehmen verfolgen wiederum andere Interessen, etwa das Vermarkten von Servern und IT-Infrastrukturprodukten.
CW: Wie ist es um die Sicherheit der Daten und die Zuverlässigkeit der drahtlosen Medien bestellt, etwa Mobilfunk und Wireless LANs?
Hecht: Was das Thema Sicherheit angeht, habe ich keine großen Bedenken, weil die Daten anonymisiert und verschlüsselt übertragen werden. Zudem tragen die Fahrzeughersteller dafür Sorge, dass es keinen direkten Schreibzugriff auf kritische Fahrzeugsysteme gibt. Die Daten werden derzeit ausschließlich im Bereich Infotainment eingesetzt. Was den Datenschutz betrifft, durchlaufen wir zusammen mit unserem Kunden regelmäßige Auditierungen, um die Sicherheit der Daten zu gewährleisten.
In Bezug auf die zuverlässige Netzwerk- und Datenabdeckung wird sich noch etliches ändern. So muss die Netzabdeckung im Mobilfunkbereich verbessert werden, um die wachsenden Datenmengen besser bewältigen zu können, die bei Car-2-Car- oder Car-2-Infrastructure-Verbindungen anfallen. Zurzeit sind die Datenmengen noch relativ gering, aber es absehbar, dass sie rapide steigen werden.
CW: Welche Techniken kommen für die Kommunikation zwischen Fahrzeugen beziehungsweise Fahrzeugen und der Infrastruktur am besten geeignet, etwa WLANs und Mobilfunk?
Hecht: Hier gibt es natürlich verschiedene Möglichkeiten. Mit einer SIM-Karte hat der Endverbraucher den großen Vorteil, dass er eine Out-of-the-box-Lösung kauft, die sofort einsatzbereit ist. Das Thema Tethering [Freigeben einer Mobilfunkverbindung über einen WLAN-Hotspot im Fahrzeug, etwa ein Smartphone, d. Red.] ist natürlich für OEMs sehr attraktiv, weil der Verbraucher die Kosten für die Kommunikation trägt. Allerdings muss der Endverbraucher die Verbindung erst einrichten, was oft zu Problemen und somit zur Verärgerung des Kunden führen kann. Eine SIM-Karte ist aus Kundensicht eindeutig die bessere Option.
CW: Welche Rolle spielen Apps im Bereich Fahrzeugkommunikation, eventuell in Verbindung mit bereits vorhandenen Systemen wie Smartphones?
Hecht: Besonders im unteren Preissegment der Fahrzeughersteller können Apps integrierte Systeme ersetzten. Diesen Trend kann man derzeit beobachten. Ein großes Problem ist allerdings die Tatsache, dass solche Lösungen nicht von allen Smartphones gleichmäßig unterstützt werden. Zudem müssen Automobilhersteller Kompatibilitätsproblem vermeiden, und das bedeutet für sie einen höheren Aufwand. Auf der anderen Seite steht der Vorteil, dass dieser Trend die Entwicklung von vollintegrierten Systemen reduziert.
Einige erfolgreiche und beliebte Apps, die sich gut auf dem Markt halten, werden als integrierte Systeme ins Auto kommen. Das Ziel ist es somit, die 'App Experience' ins Auto zu bringen. Integrierte Systeme werden aber nicht aussterben, weil die den Herstellern gute Margen bringen. Zudem bedeuten integrierte Infotainment-Lösungen mehr Sicherheit für den Fahrer, wenn man an die kleinen Displays von vielen Smartphones denkt.
CW: Inrix bietet Lösungen für Privat-PKW und für den Güterverkehr an. Welcher Bereich profitiert stärker von Connected-Car-Lösungen?
Hecht: Hier ist eine Prognose schwierig. Die Stückzahlen von PKWs werden die von LKWs übersteigen. Gleichzeitig muss man aber die Frage stellen, wie der Nutzen in den jeweiligen Bereichen überhaupt gemessen werden kann. Unterstützt man beispielsweise ein Logistikunternehmen dabei, Sprit und Zeit zu sparen, bedeutet das zum einen für das Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil. Zum anderen ist dies aber auch aus ökologischer Sicht wünschenswert. Wenn man auf der anderen Seite PKW-Fahrern dabei hilft, Zeit und Treibstoff zu sparen, ist auch hier der Vorteil für den einzelnen Fahrer wie auch die Umwelt gegeben, wenn auch in geringerem Maße. (mb)