Checkliste für PMO

Die Fehler beim Projekt Management Office

22.10.2020 von Alexander Müller-Herbst
In PMOs sind oft die falschen Mitarbeiter. Ihnen fehlt es an Zeit, Erfahrung und Qualität. Ziel ist es, eine Ausbildungs- und Erfahrungsmatrix aufzubauen sowie die zentrale Projektorganisation an den CIO berichten zu lassen.
Der CIO sollte das PMO bei allen wichtigen Entscheidungen zur Strategie oder Geschäftsanforderungen einbeziehen, damit die Aktivitäten des PMO immer dem Geschäft zuarbeiten.
Foto: Drazen Zigic - shutterstock.com

In Unternehmen hält sich die Vorstellung, dass "die richtige Rolle eines PMO (Project Management Office) die Unterstützung aller Beteiligten ist, um ein Projekt erfolgreich werden zu lassen" (Dean Meyer).

Auf den ersten Blick ist an dieser Definition auch gar nicht allzu viel auszusetzen, enthält sie doch en nuce eine der wesentlichen Wahrheiten über das Management von Projekten: In der Tat müssen die Mitglieder eines Projektteams genügend Freiraum erhalten, um ihre Projektziele erfüllen zu können.

Wer jedoch den Alltag in heutigen Unternehmen, vor allem Großkonzernen, kennt, kommt nicht umhin, zwei Fragen nachzuschieben:

Speziell die zweite Frage drängt sich umso mehr auf, wenn man bedenkt, dass in vielen Unternehmen administrative Routinetätigkeiten wie die Erstellung von Reports, das Aktualisieren von Projektplänen und das Ausfüllen von Change Formularen als vordringliche oder gar einzige Tätigkeiten eines PMOs angesehen werden.

Und oftmals sind die Ergebnisse dieser Dokumentationstätigkeiten letztendlich nicht einmal erfolgsunterstützend sondern bestehen aus Projektplänen, die nicht konsistent sind und aus Reports, die einen falschen Ist-Zustand über ein Programm oder ein Projekt abgeben.

Die 3 Arten des PMO

Tatsächlich ist schon die reine Begriffswelt rund um das Thema PMO komplex: Die Abkürzung PMO wird mit verschiedenen Synonymen versehen, die alle unterschiedliche Bedeutungen haben. Die Abkürzung PMO kann sowohl für Projekt- als auch für Programm Management Office genutzt werden. Bekannt sind ein projektunterstützendes, ein projektüberwachendes und ein strategisch-orientiertes PMO.

  1. Das strategisch-orientierte PMO in einem Unternehmen erstellt die Vorgaben für die Organisation. Hier sollten Vorgaben beschrieben, Standards entwickelt, Werkzeuge eingeführt und gewartet und die Weiterentwicklung vorangetrieben werden.

  2. Das projektüberwachende PMO eignet sich immer dann, wenn alle Programme und Projekte eines Unternehmens zur Sicherstellung der drei kritischen Faktoren Zeit, Kosten und Qualität controlled werden müssen.

  3. Projektunterstützende PMOs schließlich sind einem Projekt unterstützend beigestellt. In der Regel sorgen hierbei besonders erfahrene Projektleiter und Projektmitarbeiter dafür, dass alle Teilprojekte koordiniert abgearbeitet werden.

Welche Faktoren sind es nun aber, die ein Projekt zu einem Erfolg werden lassen. Oder anders formuliert: Wo verstecken sich die Sollbruchstellen, welche Klippen gilt es, zu umschiffen?

In Bezug auf das eingangs gebrachte Zitat könnte man sogar noch ein Schritt weiter gehen und den Satz wie folgt erweitern: Wesentlich ist die Unterstützung aller Beteiligten, um ein Projekt trotzdem erfolgreich werden zu lassen. "Trotzdem", obwohl es fast jedem Projekt an gebührendem Raum und an der dafür benötigten Zeit fehlt. Eine der wichtigsten Ursachen für diesen "Ressourcenmangel" liegt darin begründet, dass viele Projekte Linienmitarbeitern als betrieblich notwendige Zusatzaufgaben angetragen werden, die den eigentlichen Linientätigkeiten jedoch zeitlich oder sogar inhaltlich in die Quere kommen.

Überlastete Linienmitarbeiter in Projekten

Die Einbeziehung des PMOs bei wichtigen Entscheidungen stellt sicher, dass die Aktivitäten immer dem Geschäft zuarbeiten.
Foto: Information Services Group

Ergebnis ist, dass Linienmitarbeiter, die mit ihren Standardaufgaben ohnehin bereits vollauf ausgelastet sind, zusätzlich eines oder auch mehrere Projekte balancieren sollen, deren Ausrichtung meist nicht mit den eigentlichen Linien-Prioritäten übereinstimmt. Es entsteht eine Schieflage, die von der Linie nicht aufgelöst werden kann.

Oft wird bei der Ressourcen-Planung auch der Aufwand für die Fachkräfte unterschätzt, die den inhaltlichen Input zum Projekt erarbeiten müssten. Ergebnis: Fehlen ein stringenter Abgleich zwischen Projekt, Prioritäten der Linie und Unternehmensstrategie, dann neigen derartige Projekte dazu, mittelfristig einzuschlafen, speziell wenn das Team personell unterbesetzt ist.

Ein wirkungsvolles PMO geht über die erwähnten administrativen Tätigkeiten weit hinaus. In der Theorie sollte dies zumindest so sein. In der Praxis werden jedoch oftmals diejenigen Mitarbeiter in ein PMO berufen, die über entsprechend verplanbare Zeit zu verfügen scheinen. Allein hierin verbirgt sich ein beträchtliches Risikopotenzial.

Qualifikation und Erfahrung fehlen

Dazu kommt, dass die berufenen Mitarbeiter nicht immer über die Qualifikation und Erfahrung verfügen, die Arbeitsabläufe in einem PMO zu hinterfragen. Nach dem Motto "ich habe das schon immer in Excel abgebildet", werden alte Verfahrensweisen ungeprüft verwendet und die Mitarbeiter sperren sich - oftmals auch rein aus zeitlicher Überlastung - gegen eine Analyse ihrer Vorgehensweisen.

Um die Umsetzung von Transformationsprojekten in IT Projekten effektiv und effizient zur Erreichung des Geschäftszieles zu unterstützen, sind also nicht nur die "richtigen" Arbeitskräfte nötig, sondern diese sollten auch immer wieder ihre Vorgehensweise hinterfragen und zu einer grundsätzlichen Flexibilität angeregt werden.

Hilfreich: Eine Ausbildungs- und Erfahrungsmatrix aufbauen

Vor diesem Hintergrund ist es hilfreich, eine Ausbildungs- und Erfahrungsmatrix aufzubauen und zu aktualisieren, damit alle Initiativen den gewünschten Erfolg in-time, in-budget und in-quality liefern. Auch die Unterstützung der Linienverantwortlichen muss sichergestellt sein, damit die kontinuierliche Verbesserung der Best-Practice Methoden an deren Mitarbeiter weitergegeben werden können.

Speziell kleinere Projekte werden gerne als "Ad-hoc-Maßnahme von oben" eingeführt. Bis sie bei den Mitarbeitern in der Linie angekommen sind, hat sich dabei oftmals jeglicher Bezug zur Unternehmensstrategie verloren. Und genau dieser Punkt erweist sich in der Praxis immer wieder als fatal: Vermeintlich "unwichtige" Projekte gehen unter oder erfahren durch das PMO selbst nicht die Bedeutung oder die Priorität, die ihnen die Unternehmensführung eigentlich zugedacht hatte.

Schlimmer noch: Fehlt der Austausch zwischen PMO und Geschäftsführung, so droht das Projekt relativ bald aus dem Ruder zu laufen - denn schließlich fehlen der notwendige regelmäßige Abgleich und die damit verbundenen inhaltlichen Anpassungen in Bezug auf Impulse, die sich durch strategische Kurskorrekturen der Firmenspitze ergeben.

Zentralisierte Projektorganisation direkt an den CIO berichten lassen

Experten empfehlen, eine zentralisierte Projektorganisation direkt an den CIO berichten zu lassen. Damit ist die Projektorganisation in der Lage, die Strategie der IT optimal mit den laufenden und geplanten Projekten zu unterstützen, Prioritäten vorschlagen und Abhängigkeiten aufzuzeigen. Aus der so abgestimmten Strategie wird die Koordination der Programme und Projekte beschrieben und damit der Bedarf des gesamten Portfolios dirigiert.

Ein weiterer Vorteil ist auch, dass auf diese Weise die Verwaltungstätigkeiten rund um alle Projekte vereinheitlicht und damit nachvollziehbar, automatisierbar und vergleichbar gemacht werden können

Checkliste für eine PMO-Struktur

Umgekehrt sollte der CIO das PMO bei allen wichtigen Entscheidungen zur Strategie oder Geschäftsanforderungen miteinbeziehen, damit die Aktivitäten des PMO immer dem Geschäft zuarbeiten. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Return-on-Invest für die Programm- und Projektaktivitäten sichergestellt ist und die laufenden Aktivitäten immer optimal mit den sich ändernden Anforderungen der Geschäftstätigkeiten an die Unternehmens-IT abgeglichen werden können.

Unternehmen, die eine effiziente PMO-Struktur aufbauen wollen

  • setzen Projektstandards mit Templates, Prozessen und einheitlichen Tools

  • identifizieren alle laufenden oder noch nicht abgeschlossenen Projekte und haben den Mut, Projekte abzubrechen, die nicht (mehr) in die Strategie passen

  • zentralisieren alle Projektleiter in einer dedizierten Projektorganisation

  • evaluieren Erfahrungen und Ausbildungsstand aller Projektleiter, z.B. auf Basis der SFIA Vorschläge

  • entwickeln eine Strategie mit Zeitplan und Abhängigkeiten von derzeit anstehenden Projekten und starten die Projekte anhand dieser Strategie