Auch in den Alpen liegt nicht immer überall Schnee, wie der vergangene Winter gezeigt hat. Dafür fließen - wirtschaftlich gesehen - in Österreich und der Schweiz Milch und Honig. So konnte man es jedenfalls lange Zeit durch die deutsche Brille wahrnehmen. Ist aber nicht mehr unbedingt mehr so, dass deutsche CIOs neidisch auf ihre Kollegen in den Alpenländern schauen müssen. Wie die aktuelle Investitionsumfrage der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) zeigt, wachsen die IT- und SAP-Budgets hierzulande mittlerweile stärker an als in den bergigen Nachbarländern.
Große Unbekannte IBM
Parallel zu DSAG-Studie, die auf Basis einer Befragung von 413 CIOs und anderen Führungskräften ein umfassendes Bild der SAP-basierten Aktivitäten in der DACH-Region zeichnet, widmen sich die Analysten von Pierre Audoin Consultants (PAC) dem Spezialgebiet des SAP-Hostings. Als führende Anbieter in diesem Feld macht PAC derzeit T-Systems, Atos und HP aus. Neben diesen drei Dienstleistern erhielt vermutlich auch IBM eine Einstufung der bestmöglichen Art: "Best in Class".
Vermutlich deshalb, weil IBM ebenso wie Fujitsu/TDS, NTT Data/itelligence und QSC/Info AG offiziell nicht an der vergleichenden Bewertung im PAC-Radar teilnehmen wollte und deshalb im Ranking neben dem Spitzentrio nur ein anonymisierter Kantonist ebenfalls unter den Klassenbesten verortet ist. Dabei hätten die führenden Anbieter die anhand von 70 Kriterien vorgenommene Prüfung nicht scheuen müssen. Wie auch die offiziellen Teilnehmer All for One Steeb und Freudenberg IT erhielten alle genannten Dienstleister mindestens eine Bewertung der zweitbesten Art: "exzellent".
SAP-Services machen 20 Prozent des Marktes aus
Services rund um SAP-Produkte machen laut SAP-Studie etwa ein Fünftel des deutschen IT-Dienstleistungsmarktes aus. "Das SAP-Hosting, also der Betrieb der SAP-Systemlandschaft im Rechenzentrum eines externen Providers, steht wiederum für 27 Prozent dieses SAP-bezogenen Dienstleistungsmarktes", heißt es in der Studie. 68 Prozent aller Application Hosting-Services in der Bundesrepublik haben demnach einen SAP-Bezug. Zudem stehe der deutsche Markt für mehr als ein Fünftel des weltweiten SAP-Hosting-Geschäfts.
Als aktuellen Trend in diesem Segment sieht PAC Cloud-Modelle. Vor zwei Jahren habe es hier nur wenige Vorreiter gegeben, mittlerweile verfügten fast alle Anbieter über Angebote. Diese "Cloudability" sei gekennzeichnet von einer zunehmenden Standardisierung, einer teilweisen "Paketisierung" der Angebote und einer steigenden Flexibilisierung der Vertragsmodalitäten, so PAC. Hinzu kommen nutzungsbasierte Preis- und Abrechnungsmodelle, skalierbare Ressourcen über "as-a-Service-Modelle" sowie eine "Plattform"-basierte Leistungserbringung, die sich immer mehr durchsetze.
Schaut man auf DSAG-Basis generell auf den SAP-Markt in der DACH-Region, bestätigt sich der Trend in die Wolke. Ein gutes Drittel der Befragten betrachtet Software-as-a-Service (SaaS) mittlerweile als relevantes Investitionsthema; vor einem Jahr lag dieser Anteil lediglich bei einem Viertel.
In-Memory mit SAP HANA macht großen Sprung
In-Memory-Technologie legt mit einem Sprung von 10 auf 31 Prozent ebenso klar an Relevanz zu. Noch viel mehr gilt das - und zwar längst auf Augenhöhe mit klassischen SAP-Projektthemen - für mobile Anwendungen. 75 Prozent gegenüber 62 Prozent im Vorjahr bescheinigen der Mobilität inzwischen eine hohe Bedeutung. Rund 34 der DSAG-Mitglieder wollen laut Studie in diesem Bereich in SAP-Produkte investieren.
Der mit 75 Prozent ebenfalls sehr hohe Relevanzwert für Konsolidierung und Harmonisierung zeigt allerdings, dass es in der Welt der SAP-Anwender zwar ein wachsendes Interesse an Innovation gibt. Dennoch bleibt das klassische Kerngeschäft zentral.
Konsolidieren und harmonisieren immer noch Brot- und Buttergeschäft
"Projekte im Bereich Konsolidierung und Harmonisierung sind immer noch das Brot- und Buttergeschäft der SAP-Anwender", sagt der DSAG-Vorstandsvorsitzende Marco Lenck. Gründe könnten Unternehmenszukäufe und -verkäufe oder Ausgliederungen sein. Aber auch grundlegende Aufräumarbeiten seien ein Treiber.
Im Vergleich zu 2013 steigen die SAP-Investitionen laut DSAG-Studie in der DACH-Region um 6 Prozent. Der Zuwachs speist sich vor allem aus Vorhaben deutscher Unternehmen. Die befragten deutschen Firmen prognostizierten einen durchschnittlichen Zuwachs von 6,9 Prozent. Jene aus der Schweiz kalkulieren nur mit einem Plus von 3,2 Prozent, während in Österreich sogar mit einer um 1,2 Prozent rückläufigen Entwicklung zu rechnen ist.
Länderunterschiede Deutschland, Österreich und Schweiz
Immerhin entwickeln sich die SAP-Investitionen damit einmal mehr besser als die IT-Budgets insgesamt. So können die von der DSAG in Deutschland befragten Firmen im Mittel 2,1 Prozent mehr als 2013 für ihre IT ausgeben. In Österreich ist ein Minus von 0,4 Prozent, in der Schweiz sogar ein Schrumpfen um 0,9 Prozent zu erwarten.
Auffällig im Ländervergleich ist, dass die Schweizer Firmen deutlich offener für SAP-Services aus der Wolke sind als ihre Kollegen. 57 Prozent der Eigenossen sprechen SaaS Relevanz für ihre IT-Planungen zu. In Deutschland sind es nur durchschnittliche 33 Prozent, in Österreich sogar nur 15 Prozent.
Investitionen in Industrie 4.0
Nicht vorne dran sind die österreichischen SAP-Anwender auch beim Trend Industrie 4.0, der von der DSAG erstmals abgefragt wurde. In Deutschland und der Schweiz beschäftigen sich jeweils 15 Prozent der Befragten mit dem Thema, in Österreich nur 8 Prozent. "Aktuell laufen 15 Projekte in den Mitgliedsunternehmen, 31 sind derzeit geplant und zwei bereits abgeschlossen", berichtet die DSAG mit Blick auf die Gesamtregion.
Zwei Drittel der Befragten haben vor, 2014 in SAP ERP zu investieren. 41 Prozent nennen außerdem Analytics BI/BW, 34 Prozent mobile SAP-Anwendungen, 27 Prozent BusinessObjects, 25 Prozent CRM und SRM. Erst hinter dem SAP NetWeaver-Portal mit 23 Prozent folgt mit 18 Prozent das in Walldorf gehätschelte In-Memory-Baby HANA. In SaaS-Produkte wollen nur 3 Prozent investieren. Offenbar mündet das gesteigerte Interesse also noch nicht in konkrete Projekte.
Die Trends bei As-a-Service
Vielschichtig ist im "as-a-Service"-Bereich auch die Lage beim SAP-Hosting, wie die PAC-Studie zeigt. Anders als noch vor zwei Jahren bieten mittlerweile fast alle Provider im Storage-Umfeld zeitnah nach oben und unten skalierbare Ressourcen über "as-a-Service-Modelle" an. Dies gilt laut PAC allerdings nur teilweise für Server-Hardware und Betriebssysteme.
Gerade mit flexiblen und nutzungsbasierten Preismodellen werde im Sinne des Cloud-Trends gerne geworben. Die tatsächliche Flexibilität aber variiere von Provider zu Provider sehr stark. Während bei den Verträgen einzelne Provider Festpreisbestandteile von weniger als 20 Prozent akzeptierten, dominierten im Durchschnitt nach wie vor Festpreise von mehr als 50 Prozent.
Public Cloud derzeit chancenlos
"Der Umfang der Flexibilisierung ist natürlich limitiert", kommentiert PAC-Analyst Karsten Leclerque. Sie hänge nicht nur von den technischen und methodischen Fähigkeiten des Providers ab, sondern auch stark von Faktoren wie Asset- und Mitarbeiterübernahme, sowie Scope und Laufzeit des Vertrags. "Hinzu kommt, dass Kunden nicht selten bessere Planbarkeit und Überschaubarkeit einem komplexen Preisfindungssystem vorziehen", so Leclerque.
Der Anteil der Bestandskunden, die auf eine Provider-eigene Standardarchitektur zugreifen, liegt laut PAC bei rund 65 Prozent. Dies bedeute verglichen mit dem durchschnittlichen Anteil vor zwei Jahren eine signifikante Steigerung; die Provider-Community sei sich einig, dass dieser Trend weiter anhält.
Reine Public-Cloud-Angebote, etwa in Form von Add-on-Angeboten zum traditionellen Hosting, konnten nach PAC-Beobachtung bislang im deutschen Markt nicht Fuß fassen. Lediglich einer der untersuchten Anbieter habe bereits Lösungen wie beispielsweise von Amazon Web Services in Einsatz - allerdings nur für nichtdeutsche SAP-Hosting-Kunden. Demgegenüber sei SaaS zunehmend verbreitet, auch über die "Cloud-Marktplätze" mancher Anwender