Erstmals ist Nokia nicht mehr Marktführer - laut den Analysten von Canalys ist nicht mehr Symbian sondern Android das am meisten verkaufte Smartphone-Betriebssystem. Das ist kein Wunder, im letzten Jahr wechselten immer mehr Hersteller zum Google-OS. LG etwa, ebenso wie Samsung und Sony Ericsson verwenden sogar in den billigeren Smartphones bevorzugt Android.
Nokia und allen voran Konzernchef Elop haben sich für einen radikalen Schritt entschieden: Künftig soll Microsofts Betriebssystem Windows Phone 7 die High-End-Smartphones antreiben.
Der neue Deal sorgt für einige Unruhe, Ex-Microsoft-Manager Elop wird gar als trojanisches Pferd bezeichnet, das vom Redmonder Konzern eingeschmuggelt wurde, um einen Übernahme vorzubereiten.
Sieht man sich allerdings den Deal sowie die nackten Zahlen an, so bemerkt man mehrere Dinge: Nokia musste etwas unternehmen, beide Konzerne profitieren und Symbian wird weiterexistieren.
Sorge vor dem Duopol von Android und iOS
Nokia hat sich dabei entschieden gegen Android entschieden. Einer der Gründe war, dass Nokia die Gefahr eines Duopols befürchtete, bestehend aus Android und iOS. Mit Windows Phone 7 wolle man komplett neu durchstarten und Nutzern, Entwicklern, Herstellern sowie Mobilfunkprovidern ein alternatives, drittes Ökosystem bieten. Ein weiterer Grund könnte sein, dass man nicht in der Flut der Geräte untergehen möchte. Allein HTC hat auf dem Mobile World Congress fünf neue Smartphones vorgestellt. Im Android-Bereich war zudem ein Förderband aufgebaut, das einen Großteil der Android-Smartphones zeigte - die sich optisch im abgeschalteten Zustand nicht wirklich unterscheiden:
Die ersten Geräte sollen übrigens noch in 2011 auf den Markt kommen. Wann genau halten beiden Konzerne noch unter Verschluss. Ein realistischer Zeitraum für eine Spekulation wäre wohl gegen Ende des dritten Quartals, also etwa ein Jahr, nachdem die ersten Geräte mit Windows Phone 7 auf den Markt kamen. Zudem wären die Smartphones dann für das Weihnachtsgeschäft verfügbar.
Was Nokia bekommt
Symbian galt noch vor einigen Jahren als eins der nutzerfreundlichsten und modernsten Betriebssysteme für Handys. All das änderte sich allerdings mit dem Auftreten des iPhones sowie der Welle an Smartphones mit Touchscreens. Quasi über Nacht galt Symbian als veraltet und Nokia verpasste trotz enormer Entwicklungsanstrengungen den Anschluss im Software-Bereich.
Das zeigt sich beispielsweise beim Nokia N8 - während das Gerät selbst und die Hardware es locker mit iPhone und Co aufnehmen kann, wirkt Symbian v3, vor allem wenn man tiefer in die Menüs vordringt, überfrachtet und altbacken.
Neues Touchscreen-Betriebssystem
Nokias großer Gewinn mit Windows Phone 7 ist, dass der Konzern ein komplettes, Touchscreen-optimiertes Betriebssystem samt der dazugehörigen Online-Dienste wie etwa Bing oder Xbox Live. Dazu kommt ein umfangreiches Ökosystem mit Apps und dem Zune-Player für den Abgleich mit Multimediadateien.
Windows Phone 7 wurde im letzten Herbst veröffentlicht und unterscheidet sich optisch deutlich von iOS oder Android. Die Live-Tiles genannten Kacheln können zudem zusätzliche Informationen darstellen, etwa wenn ein Kontakt ein Facebook-Update veröffentlicht. Einen umfangreichen Test finden Sie in diesem Artikel. Auf dem Mobile World Congress hat Microsoft zudem eine neue Version angekündigt, die unter anderem Funktionen wie Copy and Paste oder Multitasking bringt. Auch der Internet Explorer 9 soll auf dem Smartphone Einzug halten.
Was Microsoft im Gegenzug erhält
Neben den Lizenzeinnahmen profitiert Microsoft noch durch zusätzliche Dienste aus dem Deal mit Nokia. Etwa wird Bing und die Bing-Navigation künftig durch das Kartenmaterial von Ovi Karten unterstützt. Bing wird außerdem die Standard-Suche für andere Nokia-Systeme.
Microsoft profitiert außerdem von der guten Verkaufsinfrastruktur von Nokia. Der finnische Konzern hat über die Jahre ein Netz an Verkaufsstellen sowie Kontakte zu Providern weltweit aufgebaut.
Übrigens ist es keineswegs das erste Mal, dass die beiden Konzerne kooperieren. Bereits seit 2005 hatte Nokia die ActiveSync-Technik lizenziert, mit denen Smartphones etwa auf Exchange-Server zugreifen können (eine Technik, die übrigens auch im iPhone oder in Android steckt). Zudem gibt es von Nokia zahlreiche Clients für Windows Systeme, etwa für die Unified Communications-Lösung.
Symbian wird nicht sterben
Liest man einige Artikel in Blogs oder Magazinen, könnte man davon ausgehen, dass Nokia Symbian sofort den Hahn abdrehen will. Das allein wäre nicht nur ein Fehler, sondern ist auch nahezu unmöglich. So werden beispielsweise die Feature-Phones, also Handys ohne Smartphone-Funktionen und Verkaufsschlager in den Emerging Markets, größtenteils von Symbian Series 40 angetrieben.
Außerdem darf man die Anforderungen von Windows Phone 7 nicht vergessen. Microsoft liefert klare Anweisungen, welche Hardware ein zertifiziertes Smartphone unterstützen muss, darunter etwa ein Multi-Touch-fähiger Bildschirm. Der Großteil von Nokias Portfolio besteht allerdings - auch im Smartphone-Bereich - aus Geräten ohne Touchscreen.
Symbian wird also keineswegs von der Bildfläche verschwinden. Es wird lediglich von Windows Phone 7 als primäres Betriebssystem abgelöst, ein Konzept, das etwa auch Samsung recht erfolgreich fährt.
Die Kooperation könnte Symbian also den notwendigen Spielraum verschaffen, den die Entwickler für einen Neustart benötigen um Symbian wieder auf den aktuellsten Stand der Dinge zu bringen.
Zukunft von Betriebssystem MeeGo sehr ungewiss
Deutlich schlechter dürfte es allerdings für das Betriebssystem MeeGo aussehen. Vor einem Jahr als Kooperation mit Intel vorgestellt, kam MeeGo bislang nicht über den Status eines Forschungsprojektes hinaus.