Nach einer Umfrage der Unternehmensberatung Wolfgang Martin Team und des Fachbereichs KOM der Technischen Universität Darmstadt hat Cloud Computing den Hype-Status längst hinter sich gelassen und ist in den deutschen Unternehmen angekommen. Danach setzen bereits jetzt knapp 40 Prozent der Befragten in der einen oder anderen Form Cloud-Technologien ein, bis Ende 2012 soll die Zahl auf fast drei Viertel anwachsen. Nur eine Minderheit von 13 Prozent will auch in Zukunft völlig ohne IT-Services aus der Wolke auskommen.
Auf absehbare Zeit sollen vor allem sogenannte "hybride" Clouds das Bild der Unternehmens-IT bestimmen. Dabei geht es um IT-Architekturen, die Cloud-Technologien innerhalb des Unternehmens (Private Cloud) mit Cloud-Services von externen Anbietern (Public Cloud) miteinander verknüpfen. Ein Drittel der Befragten gab an, dass für sie dieses Modell die größte Bedeutung habe. Für jedes fünfte Unternehmen sind Private Clouds (22 Prozent) oder Public Clouds (23 Prozent) am wichtigsten, weitere 17 Prozent planen Cloud-Architekturen auf Basis einer unternehmensübergreifenden Private Cloud.
Die wesentlichen Treiber für die Beschäftigung der Unternehmen mit dem Thema Cloud Computing sind Kostensenkungen, bessere Skalierbarkeit und Verfügbarkeit sowie die Zunahmen an Flexibilität. Dagegen stehen nach wie vor Bedenken im Hinblick auf Sicherheit, Vertraulichkeit, rechtliche Aspekte und Compliance-Anforderungen. "Die Zahlen der Umfrage belegen eindeutig, dass sich die Unternehmen nicht vom Hype um Cloud Computing blenden lassen, sondern die Vorteile, aber auch die Probleme bezüglich der organisatorischen und rechtlichen Fragen realistisch einschätzen", kommentiert Studienleiter Dr. Wolfgang Martin die Ergebnisse.
Dies zeige sich auch in der Frage der Governance: Der Anteil der Befragten, die nach eigener Aussage eine Cloud Computing Governance installiert haben, liegt bei 23 Prozent, weitere 25 Prozent befinden sich in der Planungsphase. Auch beim Sponsorship von Cloud-Initiativen zeige sich die Professionalität, mit der die Unternehmen das Thema angehen: 45,2 Prozent sind sich des Rückhaltes in der Geschäftsleitung sicher. Allerdings sind auf der anderen Seite die Verantwortlichkeiten in 19 Prozent der Unternehmen nicht klar geregelt.
Implementiert wird die Cloud im Wesentlichen durch eigene Ressourcen: Bei 41,5 Prozent der Befragten implementiert die eigene IT-Abteilung, 17 Prozent der Teilnehmer überlassen der Fachabteilung die Implementierung und weitere 18,9 Prozent der Befragten vertrauen auf die Dienstleistungen eines Cloud-Anbieters. Das wichtigste Qualitätsmerkmal von Cloud-Angeboten ist für gut ein Drittel der Unternehmen die Verfügbarkeit, ein weiteres Drittel schätzt die Sicherheitsmechanismen als entscheidend für die Qualität ein, und für 24 Prozent steht die Einhaltung der Datenschutzanforderungen an erster Stelle.
SaaS-Angebote: CRM liegt vorn
Für die Studie "XaaS-Check 2010" hatte Martin zusammen mit dem Fachbereich KOM der Technischen Universität Darmstadt im Zeitraum von Mai bis Juli dieses Jahres 84 Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum nach dem Status Quo und zukünftigen Planungen bezüglich Cloud Computing befragt. Dabei kamen 45 Prozent der Umfrageteilnehmer aus Unternehmen mit bis zu 100 Millionen Euro Umsatz, 26 Prozent lagen zwischen 100 Millionen und einer Milliarde Euro, und 29 Prozent setzten über einer Milliarde Euro um. "Die Stichprobe ist natürlich zu klein, um als repräsentativ zu gelten", räumt Martin ein, "aber sie gibt einen Trend wieder, der als Anhaltspunkt für eigene Entscheidungen und Planungen in Sachen Cloud Computing genutzt werden kann."
Tatsächlich stimmen seine Zahlen im Wesentlichen mit den Ergebnissen anderer aktueller Studien überein. So herrscht bei Marktbeobachtern unterdessen weitgehender Konsens darüber, dass Cloud Computing kein Hype-Thema mehr ist, sondern sich in den Unternehmen etabliert hat. Ebenso gilt es als anerkannte Tatsache, dass auf absehbare Zeit hybride Cloud-Infrastrukturen das Bild der Unternehmens-IT beherrschen werden, weil sie gleichsam den technologischen Graben zwischen den gewachsenen IT-Landschaften der Unternehmen und Services aus der Public Cloud überbrücken. Auch in einem anderen Punkt decken sich die Ergebnisse mit anderen Untersuchen: Cloud-Services nach dem SaaS-Modell (Software as a Service) werden von den meisten Befragten als bevorzugtes Bezugsmodell genannt. Beim aktuellen XaaS-Check waren es 20,3 Prozent, die bei Cloud Computing zuallererst an SaaS denken; Plattform as a Service nannten 16,7 Prozent der Befragten, für weitere 15,3 Prozent steht Cloud Computing allgemein als eine Form des IT-Outsourcing.
Bei den SaaS-Angeboten liegen CRM-Applikationen vorn. "Es sind vor allem die Unternehmensbereiche Marketing und Vertrieb, die auf Cloud-Installationen vertrauen. Hier gibt es seit Jahren etablierte Lösungen im Markt" kommentiert Studienleiter Martin. Befragt nach weiteren Anwendungsfeldern gaben 29,7 Prozent der Teilnehmer an, sie setzen Cloud-Angebote für kollaborative Aufgaben wie E-Mail, Content Management Systeme oder Web 2.0 ein.
Allerdings werden die mit Cloud Computing angestrebten Projektziele nicht in allen Fällen erreicht. Befragt nach dem Erfolg ihrer Cloud-Initiativen lag der entsprechende Index-Wert bei 3,31. "Das bedeutet, dass mit einer durchschnittlichen statistischen Zielerreichung von 66 Prozent zu rechnen ist", interpretiert Martin das Ergebnis. Aber hier sei im Laufe der Zeit mit einer Verbesserung zu rechnen: "Der Cloud Computing-Markt steckt eben noch in einem sehr frühen Stadium."