Der Hype um das Internet of Things (IoT) wird laut Forrester Research auch 2016 andauern. Für CIOs ist das Getöse um das Internet der Dinge an sich aber nur von sekundärer Bedeutung, meinen die Analysten. Wichtig für die IT-Chefs ist demnach vor allem, dass IoT konkrete Veränderungen in den Unternehmen vorantreibe - und zwar in kritischen Bereichen wie Sicherheit, Systemarchitektur, geschäftlichen Metriken, Finanz-Reporting und Data Management über den gesamten Customer Life Cycle hinweg.
Diesen Hinweis an die IT-Chefs formulieren die Analysten Frank E. Gillett, Michele Pelino und Tyler Shields in einem Vorausblick auf 2016 mit dem Titel "IoT's Impact Inside Companies". Ein gutes Dutzend IoT-Prognosen wird darin zu letztlich vier Blöcken gebündelt, die jeweils in konkrete Empfehlungen an die CIOs münden.
1. Connected Customers wichtiger als pure Technologie
Forrester lästert über gängige Vorhersagen, nach denen bestimmt Milliarden an Geräten mit dem Internet verbunden sind, woran zwangsläufig Billionen an Dollars an wirtschaftlichem Einfluss hängen. Wichtiger als derartige den Hype beschwörende Zahlenspiele sind nach Einschätzung des Autorentrios die konkreten geschäftlichen Veränderungen, die IoT in 2016 in den Firmen bewirken kann.
So wiederhole sich bald eine Entwicklung, die es im Software-Segment mit SaaS bereits gab. Es kristallisiere sich in 2016 ein Geschäftsmodell "Product-as-a-Service" heraus, in dem Kunden für Nutzung bezahlen anstatt greifbare Dinge zu kaufen oder zu leasen. Als Vorreiter nennt Forrester hier die deutsche Firma Kaeser, die nicht mehr nur Druckluftkompressoren verkauft. Druckluft gibt es bei Kaeser inzwischen nämlich auch als Service zu einem Stückpreis je Einheit Druckluft.
"Ganz simpel, oder?", fragt Forrester. Der Vorgang an sich ist nämlich tatsächlich denkbar schlicht. Aber die Konsequenzen für den CFO sind es leider nicht. 2016 wird es laut Forrester deshalb sogar Schulungsangebote für Wall Street-Investoren geben, die die Evolution von Produkt- zu Service-Umsätzen erklären.
Beziehungen zu Kunden managen
Üblich wird es in Bälde ebenfalls sein, dass Firmenkunden und Endverbraucher Produktverkäufer nach Sensor-Funktionen mobiler Apps befragen. Und dass Unternehmen ihre vernetzten Produkte und Prozesse auflisten - einschließlich der Anzahl an vernetzten Kunden, denen sie Dienste leisten. "Durch IoT werden sich Firmen vom Management von Transaktionen hin zum Management von Beziehungen bewegen", so Forrester. "Infolgedessen beginnen sich die geschäftlichen Metriken zu verändern."
Als Antwort auf diese Entwicklungen sollten CIOs die Bande mit Produktmanagern und den Verantwortlichen für Geschäftsprozesse knüpfen respektive verstärken. Von diesen würden nämlich die IoT-Business Cases getrieben, nicht von den IT-Chefs. "Aber am Ende wird der CIO mit der Kerninfrastruktur sowie den Anwendungen und Security-Elementen von IoT arbeiten müssen und für sie verantwortlich sein, damit unternehmensweit Konsistenz und Sicherheit geschaffen werden können", sagen die Analysten. Ohne Schulterschluss mit den genannten Abteilungen drohten isolierte Aktivitäten mitsamt technologischen Inseln ohne Sicherheit.
2. Security bei IoT noch ein Show-Stopper
Forrester malt für 2016 ein durchaus kontrastreiches IoT-Bild. Einerseits kommt das Thema definitiv im Mainstream an. Rund ein Drittel der Unternehmen wird Ende des Jahres 2016 IoT in irgendeiner Weise implementiert haben, ein weiteres Drittel eben das planen. Bleibt ein Drittel, das abstinent bleiben will. Andererseits wird, so die Forrester-Prognose, Ende 2016 die Hälfte der Unternehmen IoT-Security als Haupthemmnis bei der Implementierung nennen.
Momentan seien lediglich 37 Prozent der Entscheider in großen Firmen hinsichtlich der Sicherheit besorgt. "Das ist zu wenig", meint Forrester. "2016 wird es viele Medienberichte über Attacken auf Consumer-IoT-Geräte geben, und das wird die Sicherheitsbedenken in den Unternehmen befeuern." Zudem sei - etwa unter dem Twitter-Hashtag #NotIot - mit Widerstand gegen das Bewerben von Produkten mit dem Hype-Etikett IoT zu rechnen. Beim Taxi-Sharing-Dienst Uber etwa seien keine Sensoren außer denen im Smartphone im Einsatz, und darum biete Uber keinen IoT-Dienst an, so Forrester.
Letztlich wachsen laut Forrester durch IoT die Security-Herausforderungen exponentiell. "Stellen Sie sicher, dass der Chief Information Security Officer (CISO) am Thema dran ist", schreiben die Autoren ins Stammbuch der CIOs. "Fragen Sie nach einem Bestandsverzeichnis an IoT-Geräten, die via IP oder über alternative Verbindungsmethoden wie ZigBee und Z-Wave vernetzt sind." Darüber hinaus rät Forrester zur gemeinsamen Arbeit an Sicherheitsbewertung, Risikoquantifizierung und - falls geboten - Risikoverlagerung für jedes IoT-Objekt. Dieser Prozess bedürfe einer ständigen Verbesserung und Neudefinition.
3. Vier Trends bei der Integration von IoT
Eine Herausforderung bleibt die Integration von IoT-Daten und -Bedienungselementen in bestehende Systeme. Gefragt dafür sind neue Skills und Technologien. Forrester erwartet für 2016 wegweisende Produktentwicklungen in vier Bereichen.
Erstens benötigen in der IoT-Ära nicht wie bisher nur Mitarbeiter und Kunden ein Identitätsmanagement, sondern auch IoT-Geräte. Es gilt zu gewährleisten, dass die Geräte und ihre Daten ordentlich autorisiert sind. Deshalb rücke Identity Orchestration auf die Agenda, so Forrester. Als Anbieter in diesem Feld nennen die Analysten Covisint, ForgeRock und Ping Identity.
Zweitens entwickelt sich IoT-Analytics zu einer eigenen Disziplin und Produktkategorie. Forrester benutzt dafür den Begriff "Bigger Data". Manche Unternehmen müssen schon jetzt die Daten von Dutzenden Millionen Geräten verarbeiten - eine Aufgabe, für die es bisher kaum eine geeignete Ausstattung gibt. Forrester geht davon aus, dass Anbieter wie SAP und IBM in 2016 spezielle IoT-Analyse-Lösungen auf den Markt bringen. Oder dass sie Startups wie Glassbeam und Predixion Software kaufen, so wie es Cisco im Oktober mit ParStream vorgemacht hat.
Drittens ist laut Forrester davon auszugehen, dass in 2016 Anbieter von Enterprise Mobility Management (EMM) Spezialisten für IoT-Software-Plattformen akquirieren. Arrayent oder Ayla Networks könnten also zur Beute von Microsoft, MobileIron oder Symantec werden. Diese großen Anbieter könnten dadurch schnell die Fähigkeit gewinnen, IoT-Geräte zu managen und zu sichern.
Viertens entsteht eine weitere neue Software-Kategorie: IoT-Subskription und -Abrechnung. Weil das Product-as-a-Service-Modell immer mehr Anhänger findet, entdeckten CIOs eine Marktnische, so Forrester: Software, die Nutzung und Transaktionen IoT-vernetzter Produkte verfolgt. Zu Jasper und den Newcomern MetraTech und Zuora kommen nach Ansicht der Analysten in 2016 weitere Anbieter in diesem Segment.
Für den erfolgreichen Einsatz derartiger IoT-Lösungen ist laut Forrester oft ein neues Paket an abteilungsübergreifenden Skills nötig. "CIOs sollten ihre Enterprise-Architekten mit der Überprüfung und Planung der Anforderungen für neue Typen von Daten, Compliance und Datenschutz sowie von Data Governance und Anwendungsarchitektur zum Umgang mit IoT beauftragen", heißt es in der Studie.
4. Smart Home und Connected Car
IoT erreicht längst auch Endverbraucher, insbesondere im Zusammenspiel von Smart Home und Connected Car. Diese Entwicklung vollzieht sich laut Forrester schrittweise. Derzeit erregen einzelne Elemente wie intelligente Rauchmelder Aufsehen, aber das durchgängige smarte Haus aus einem Guss ist noch Zukunftsmusik. Smartphone-basierte Geräteteile im neuen Auto wird es in den kommenden Jahren immer mehr geben, aber eben nicht alles auf einen Schlag. Dennoch wird nach einer in der Studie enthaltenen Prognose in 2016 jeder dritte Erwachsene in den USA mindestens ein vernetztes Produkt in Wohnung oder Automobil haben.
Aufgabe des CIOs in diesem Prozess ist es nach Einschätzung der Analysten, die Rolle von IoT-Daten im Kundenerleben zu erfassen. Forrester rät den IT-Chefs, ihre Enterprise-Architekten zur Zusammenarbeit mit Marketing-Teams anzuhalten.