67 Prozent der IT-Fachleute machen zu selten Pause. 55 Prozent haben zu wenig Zeit für Muße und Hobbys. Überdurchschnittlich oft beklagen sie Müdigkeit, Nervosität, Schlafmangel und Magenweh. Es ist nicht gerade ein Empfehlungsschreiben, was Anja Gerlmaier, Abteilung Arbeitszeit und Arbeitsorganisation an der Universität Duisburg-Essen, der IT-Branche ausstellt.
Und das vor dem Hintergrund des dramatischen Fachkräftemangels - der Branchenverband Bitkom sprach im August 2007 von fast 40.000 fehlenden Fachleuten - und immer weniger Informatikstudenten. Gerlmaier hielte es denn auch für sinnvoll, "pfleglich mit den Beschäftigten umzugehen". Leider sei das aber die Ausnahme.
Die Wissenschaftlerin nennt insbesondere folgende Faktoren: Häufige Unterbrechungen und Behinderungen während der Arbeit, Projektarbeit mit langen Abwesenheiten von zu Hause, immer mehr Aufgaben gleichzeitig und Phasen starker Belastung ohne zeitnahen Ausgleich. "Das alles sind Punkte, die schon jungen Leuten nicht leicht fallen", sagt Anja Gerlmaier. "Ältere Arbeitnehmer haben damit aber noch stärker zu kämpfen". Gleichzeitig wüssten Unternehmen Wissen und Erfahrung der Älteren nicht zu schätzen.
Gerlmaier vergleicht die Entwicklung mit zwei Zügen, die aufeinander zurasen - die "alten Hasen" werden kaputtgestresst, die Jüngeren bleiben gleich weg aus der Branche. Massive Personalprobleme sind die Folge.
Wie es Unternehmen besser machen können, soll nun das Projekt "Demografischer Wandel und Prävention in der IT" herausfinden. Das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) setzt sich dafür mit dem Büro Moderne Arbeitszeiten aus Dortmund und dem Münchner Institut für sozialwissenschaftliche Forschung zusammen.
Unternehmen sollen sich am wissenschaftlichen Projekt beteiligen
Im Rahmen des Projektes soll eine "Akteursallianz zur Prävention in der IT-Wirtschaft" aufgebaut werden, an der sich Unternehmen beteiligen können. Ziel ist es, gemeinsam in Pilotunternehmen Lösungen zu entwickeln und zu erproben, die den Arbeitslebensphasen der Beschäftigten entsprechen. Schließlich sollen diese Präventionskonzepte praxisorientiert aufbereitet und Interessenten zur Verfügung gestellt werden. Das Forschungsprojekt läuft bis Mai 2010.