Digitalisierung muss warten

Die IT-Budget-Prognosen der Analysten

21.12.2015 von Christoph Lixenfeld
Die IT-Ausgaben großer Unternehmen dürften 2016 spürbar wachsen. Die Zahlen der Analysten fallen zwar unterschiedlich aus, gemeinsame Trends lassen sich dennoch ablesen.
  • Die Budgets sollen 2016 überall steigen.
  • Wachstumstreiber sind vor allem Software und Services.
  • Innovationen stehen nicht im Vordergrund, sondern eher Ersatz für Veraltetes.

Wie in jedem Jahr, so sind auch für 2016 die Vorhersagen über die Entwicklung der IT-Budgets uneinheitlich. Gartner, zum Beispiel, liefert zu diesem Thema regelmäßig andere Zahlen als Forrester. Grund ist die unterschiedliche Definition des Begriffs IT.

Während Gartner ihn immer noch in seiner ursprünglichen Bedeutung betrachtet, also im Sinne von Hardware, Software und Services, spricht Forrester lieber von ‚Business Technology‘. Gemeint ist die klassische IT plus allem, was mit Telekommunikation zusammenhängt - inklusive Personal.

Die prognostizierten Zahlen sind folglich unterschiedlich - gemeinsame Trends aber dennoch erkennbar.

Global geht Gartner von einer Zunahme der IT-Ausgaben um 2,2 Prozent aus. Das wäre die stärkste Zunahme seit fünf Jahren.
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Gartner geht für 2016 von einem Wachstum der weltweiten IT-Budgets von 2,2 Prozent aus. Das wäre die stärkste Zunahme seit fünf Jahren. Für die USA sollen es sogar 2,3 Prozent sein. Grundlage dieser Prognose ist die Befragung von fast 3000 CIOs.

Wachstumstreiber Software

Forrester dagegen sagt bei seiner Betrachtung des US-Business Technology-Marktes ("2016 US Tech Budgets") zwar ein Wachstum von 4,8 Prozent voraus, im engeren, gartnerschen IT-Sinne sind es allerdings lediglich 2,7 Prozent.

Wachstumstreiber werden laut Forrester Software und dazugehörige Services sein, während die Hardwareausgaben - wenn überhaupt - nur sehr moderat wachsen sollen. In dieser Schwerpunktsetzung für 2016 sind sich übrigens alle Analysten und Tech-Hellseher einig.

Nach Branchen betrachtet, werden in den USA Finanzindustrie und Telekommunikation ihre Tech-Budgets im kommenden Jahr am deutlichsten ausweiten, sagt Forrester.

Natürlich sind Gartner und Forrester nicht die einzigen, die sich Gedanken über zukünftige IT-Budgets machen, und die Betrachtung weiterer Quellen lohnt durchaus.

Prognosen und Analysen für die IT-Ausgaben 2016
Forrester
Forrester prognostiziert für die USA 2016 einen Anstieg der IT-Budgets um 4,8 Prozent, bei der Betrachtung sämtlicher Technologieausgaben sind es sogar 10 Prozent.
Capgemini
Bei einer Befragung in Deutschland, Österreich und der Schweiz hat Capgemini ermittelt, dass fast 15 Prozent der IT-Verantwortlichen für 2016 von einem Anstieg um mehr als 10 Prozent ausgehen.
Capgemini
Nach Ansicht von Capgemini geben Unternehmen 2016 nur einen geringen Teil der IT-Budgets für Innovationen aus. Zudem liegt dieser Wert niedriger als 2015.
Capgemini
Die Anlässe für IT-Ausgaben von Fachabteilungen werden - glaubt Capgemini - 2016 ähnlich sein wie 2015.
Capgemini
Laut Capgemini wird auch im kommenden Jahr die Verlagerung von IT-Ausgaben in Fachabteilungen negative Folgen für die IT-Struktur des Unternehmens insgesamt haben.

In Innovationen fließt weniger Geld

Die Analysefirma Computer Economics zum Beispiel veröffentlicht seine "IT Spending & Staffing Benchmarks" schon seit 1990. Sie enthalten eine Einschätzung des US-Markts nach Unternehmensgrößen.

Tendenziell klingen die Vorhersagen auch hier optimistisch: 69 Prozent aller IT-Organisationen sollen 2016 ihre Budgets ausweiten, und zwar um durchschnittlich etwa drei Prozent. Wachsende Ausgaben sehen die Analysten eher für den laufenden Betrieb als für innovative Neuerungen.

Geld für Cloud bei laufenden Kosten verbucht

Bei genauer Betrachtung bedeutet das allerdings keineswegs, dass die Innovationskräfte nachlassen. Sondern das genannte Phänomen ist vor allem dem Auslagern von Infrastruktur in die Cloud geschuldet. Die Kosten hierfür tauchen dann in den laufenden Betriebsausgaben auf und nicht in den Investitionen.

Die IT-Ausgaben kleiner und mittlerer Unternehmen

Auch Spiceworks, ein Netzwerk für IT-Professionals, hat just seinen Zukunftsreport mit dem Namen "2016 State of IT" veröffentlicht. Basis sind die Einschätzungen von 800 IT-Profs. Und in diesem Fall beziehen sich die Daten nicht nur auf Nordamerika, sondern 41 der Antworten kamen aus der sogenannten EMEA-Region, also aus Europa, dem Mittleren Osten und Afrika.

Spiceworks legt den Fokus traditionell auf kleinere und mittlere Unternehmen; 91 Prozent der Befragten arbeiten in Firmen mit weniger als 1000 Mitarbeitern. Interessant ist das deshalb, weil dieser Fokus den Blick auf zukünftige IT-Budgets verändert: Spicework prognostiziert, dass die IT-Budgets in der EMEA-Region 2016 um 0,3 Prozent sinken - und in Nordamerika um 7,9 Prozent wachsen.

Evolution statt Revolution

Erstaunlich ist diese Prognose vor allem deshalb, weil zugleich 56 Prozent der befragten IT-Experten mit steigendem Umsatz ihres Unternehmens rechnen - wobei sich in dieser Einschätzung die verschiedenen Regionen der Welt kaum voneinander unterscheiden.

Treiber der IT-Entwicklung - hier stoßen die Experten von Spiceworks ins selbe Horn wie andere - werden eher evolutionäre Entwicklungen als revolutionäre technologische Umwälzungen in Richtung Digitalisierung sein.

Nur moderate Steigerungen bei KMU

Dass gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen die Budgets 2016 nicht in den Himmel wachsen werden, diese Einschätzung gab auch "Tech Pro Research" in einer Prognose vom August 2015 ab. Die Vorhersage bezog sich ebenfalls auf Unternehmen mit maximal 1000 Mitarbeitern, von denen 49 Prozent in Nordamerika beheimatet sind. Die Ausgabensteigerungen bleiben demnach moderat und die IT-Budgets insgesamt begrenzt.

Bleibt die digitale Revolution also aus? Das kommt darauf an, wen man fragt. Die Analysten von IDC, die sich in ihrer aktuellen Zukunftsbetrachtung auf den Zeitraum von heute bis 2018 beziehen, glauben zum Beispiel, dass 2018 ca. 35 Prozent der globalen IT-Budgets zum Aufbau neuer digitaler Geschäftsmodelle verwendet werden.

Hälfte des Budgets für die Cloud

Außerdem soll - hier liegt IDC auf einer Linie mit anderen - 2018 mindestens die Hälfte der IT-Gelder in cloudbasierte Lösungen fließen.

Dazu passend werden bereits 2016 drei Viertel der CIOs neue Rationalisierungsinitiativen starten, um ihren Technikzoo zu vereinfachen und zu verkleinern und dadurch auch mehr Innovationen zu ermöglichen.

Ebenfalls schon im kommenden Jahr verändern laut IDC 70 Prozent der globalen IT-Abteilungen ihren Ansatz beim Thema Sicherheit. IDC beschreibt die Entwicklung als "weg von Schützen und Verteidigen und hin zu Eindämmen und Kontrollieren". Gemeint ist, vereinfacht gesagt, ein weniger reaktiver und mehr proaktiver Umgang mit Security.

Nächste Prognose von IDC: Bis 2017 werden 80 Prozent aller CIOs weltweit ein "Data Transformation & Governance Framework" einrichten, also eine Infrastruktur schaffen, die es ihnen erlaubt, Daten systematisch im Dienste der Businessziele auszuwerten und zu nutzen.

Auch in Deutschland sollen die IT-Ausgaben steigen. Geld wollen die Macher dabei vor allem für den Ersatz von Altem ausgeben, weniger für echte Innovationen, so die Prognose von Capgemini.
Foto: flyinger - Fotolia.com

Und: Bis 2018 werden Unternehmen weltweit ihre Software-Entwicklungskapazitäten mehr als verdoppeln.

Quintessenz: Digitalisierung kommt nicht sofort

Fassen wir die - wie immer - unterschiedlichen Prognosen zu Größe und Schwerpunkten der zukünftigen IT-Budgets zusammen, denn zeigen sich die Trends gar nicht so uneinheitlich, wie es auf den ersten Blick scheint.

Denn klar ist: Digitalisierung der Geschäftsmodelle, konsequente Datennutzung und Cloud Computing kommen mit Wucht und werden die Ausgaben der kommenden Jahre bestimmen.

Allerdings dürfte sich dieser Trend 2016 noch nicht in Gänze zeigen, weil eine ganze Reihe von Unternehmen zuerst andere Themen angehen und dafür auch Geld aufwenden müssen. Wichtigste Punkte sind hier Rationalisierung und Konsolidierung.

15 Prozent mehr IT-Ausgaben in Deutschland

Betrachtet man die Entwicklung in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die Capgemini im Detail prognostiziert, dann ergibt sich ein uneinheitliches Bild: Einerseits steigen die Ausgaben zwar, allerdings wird das Geld eher für Ersatz als für Neugestaltung ausgegeben. Anders gesagt gilt auch hier, dass die Digitalisierung noch warten muss.

Finanzindustrie und Telkos sollen in den USA 2016 ihre IT-Budgets am stärksten anheben, glaubt Forrester.
Foto: Jeff Kubina via Flickr

Capgemini hat ermittelt, dass fast 15 Prozent der IT-Verantwortlichen für 2016 von einem Anstieg um mehr als 10 Prozent bei ihren IT-Etats ausgehen. Die Zahl wurde im Rahmen der jährlichen IT-Trendstudie von Capgemini zwischen September und Oktober 2015 erhoben, 153 IT-Verantwortliche von Großunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz nahmen daran teil, darunter 11 Firmen aus dem Dax.

Für alle betrachteten Regionen gilt: Wie die Zahlen und die Budgets für 2016 genau aussehen, hängt auch von Faktoren ab, die mit dem Thema IT nichts zu tun haben. Die wichtigsten: politische Stabilität beziehungsweise Instabilität, Entwicklung des Dollarkurses, Entwicklung des Zinsniveaus.