Das verheerende Erdbeben in Japan, der Tsunami und die drohende nukleare Katastrophe sind längst in der Weltwirtschaft angekommen. In Deutschland spüren schon 17 Prozent der Technik-Hersteller laut Branchenverband Bitkom Lieferengpässe von Chips, Wafern und Sensoren. Fast die Hälfte erwartet noch stärkere Einschränkungen in den nächsten Monaten.
Mindestens ein halbes Jahr brauche die japanische Halbleiterindustrie, sagt Dale Ford vom Marktforscher IHS iSuppli, um wieder auf die Beine zu kommen. Japan ist einer der wichtigsten Lieferanten von Halbleitern. Die Naturkatastrophe hat nicht nur Fabriken, sondern auch Transportwege und die Stromversorgung schwer beschädigt. Beim Rückversicherer Munich Re soll schon jetzt das Jahresbudget für Naturkatastrophen aufgebraucht sein, schrieb das Manager Magazin.
Kleine Outsourcing-Anbieter trifft das Erdbeben besonders
Jetzt droht auch die Wirtschaftsmacht China sich von Japan abzuwenden, wenn sie Outsourcing-Anbieter für Low-End- und Peripherie-Produkte sucht. Das prognostizieren die Marktforscher von IDC in China. Europa und Nordamerika rücken stattdessen für chinesische Unternehmen stärker in den Fokus.
"Das Erdbeben wird wenig Einfluss auf die Firmen haben, die schon lang und eng mit japanischen Kunden verbunden sind", sagt Joan Mao, IDC-Analystin in China. Wer allerdings Verträge mit Firmen wie Hitachi, Fujitsu und NEC aus zweiter oder dritter Hand abgeschlossen hat, dessen Outsourcing-Politik werde das Beben deutlich stärker verändern. Das gelte vor allem für Low-End- und Peripherie-Angebote.
Für die chinesische Wirtschaft habe es aber weitere Vorteile, sich stärker auf Europa und Nordamerika auszurichten, sagt Ting Yang, leitender Forschungs-Manager bei IDC China. So kommen chinesische Unternehmen näher an die Top-Anbieter heran. "Denn Outsourcing-Verträge auf diesem Gebiet verlangen von den Anbietern Rundum-Lösungen und -Serviceangebote."
China will näher bei den Kunden im Ausland sein
Schon jetzt investiert die chinesische Wirtschaft ihre Ressourcen verstärkt in Übersee, um näher an ihren Kunden zu sein. So richten sie beispielsweise Niederlassungen in Übersee ein - wie es auch europäische Unternehmen immer stärker in Städten wie Shanghai tun.
In der Software-Entwicklung beobachtete IDC schon 2010, dass China seine Aufträge mehr und mehr von Japan und Südkorea nach Europa und Nordamerika verlagert. Um 25 Prozent soll das Volumen dieser Sparte im Westen jährlich steigen, von zuletzt 47,9 Prozent der Auslandsinvestitionen.
Höhenflug des Reichs der Mitte
China überholt Japan in der Weltwirtschaft. Im vergangenen Jahr verdrängte das Reich der Mitte den Inselstaat dann auch erstmals vom zweiten Platz der größten Volkswirtschaften weltweit. Kam Japan 2010 nach offiziellen Regierungsangaben auf ein Bruttoinlandsprodukt von 5,474 Billionen Dollar, erreichte China 5,879 Billionen. Auf Platz eins liegen nach wie vor die USA, Deutschland auf Platz vier.