Liegt die IT mittlerweile wirklich auf dem Sterbebett? Preston Gralla, Autor unzähliger Fachbücher und Mitarbeiter unserer Schwesterpublikation Computerwold.com, musste sich diese Frage stellen, als eine Neuigkeit aus den Hause Hewlett-Packard (HP) auf seinen Schreibtisch flatterte: 9000 IT-Stellen streicht das Unternehmen auf einen Schlag. Ein Symptom, dass es das über kurz oder lang war mit der IT in Unternehmen?
Beim Nachdenken darüber erfasste Gralla unweigerlich der Blues. Stirbt die IT? Diese Überlegung sei bei weitem nicht so weit hergeholt, wie es zunächst vielleicht scheine, so Gralla. Möglicherweise müsste sich die heutige Elterngeneration wirklich fragen, ob ihre Sprösslinge als Informatiker in Zukunft glücklich werden könnten.
Ein düsteres Stimmungsbild also, für das der Autor handfeste Gründe anführt. Hinter dem Stellenabbau bei HP, der nach Einschätzung von Forrester-Analyst James Staten vor allem den Bereich IT-Operations mit Jobs wie Systemadministratoren trifft, werden schließlich allgemeinere Phänomene sichtbar. Cloud Computing habe sich vom Hype zu einem Trend entwickelt, der signifikante Auswirkungen auf die Unternehmen zeitigt, so Gralla. Und überhaupt bestimme Outsourcing von Infrastruktur und IT längst Denken und Handeln in vielen Firmen.
Vor diesem Hintergrund müsse man sich schon die brutale Frage stellen, welche IT-Strategie ein heute gegründetes Unternehmen wohl wählen werde. Wird es sich tatsächlich dafür entscheiden, ein Netzwerk aufzubauen, unzählige Server zu installieren, eine Abteilung für Wartung und Updates zu bezahlen und für alles 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche die Verantwortung zu tragen? Oder wird es nicht viel mehr den bequemen Weg einschlagen und Rechenzentrum und Anwendungen einem Dienstleister anvertrauen – ob in der Wolke oder anderswo?
Gralla beantwortet seine Fragen in aller Schonungslosigkeit selbst: Kleinen Unternehmen, die neu am Markt sind, bleibe kaum eine andere Wahl als virtuelle IT, Cloud Computing und die Partnerschaft mit IT-Service-Firmen. Etablierte Großunternehmen könnten demgegenüber nicht von jetzt auf gleich ihre gesamte IT über Bord werfen – und doch lagern diese Firmen immer mehr aus. Start-Ups schließlich, die als Nutzer von IT-Dienstleistungen groß wurden, haben kaum einen Anreiz, plötzlich eigene Kapazitäten aufzubauen.
Virtualisierung und Blade Server brauchen weniger Personal
Wo also sollen Wachstumsimpulse für die IT herkommen? Es sei ja noch viel schlimmer, so Gralla. Selbst Unternehmen, die sich nicht in die Wolke begeben, benötigen immer weniger eigene Infrastruktur. Virtualisierung und Blade Server erlauben die Konsolidierung der Rechenzentren mit weniger Personal – und oft genug besserer Performance als vorher.
Stirbt also die IT – und müssen alle, die von ihr leben, um ihre Existenz bangen? Nein, lautet der tröstliche Schluss Preston Grallas. Zumindest nicht dann, wenn sie den strukturellen Wandel in ihrem Tätigkeitsfeld erkennen und annehmen.
Heißt im Klartext: Es reicht nicht mehr, an den Rechnern im Unternehmen herumzuschrauben. Statt Hardware und Software in Schuss zu halten, muss die IT selbst Dienstleistungen anbieten, die das Geschäft effizienter machen.
Diese Rolle werde eine wichtigere sein als bislang, so Gralla. Die neue Aufgabe laute, die Business-Anforderungen eines Unternehmens mit seinen technologischen Anforderungen abzustimmen und dafür die richtigen Lösungen zu finden – egal, wer sie am Ende implementiert. Business-Wissen werde dabei genau so wichtig sein wie IT-Wissen.
HP streicht 9000 Stellen - und stellt 6000 Service-Leute ein
Einen Beleg für seine diese überraschenden Wende nehmenden These hat der Autor auch parat: HP entlässt 9000 IT-Mitarbeiter. Zugleich sucht das Unternehmen nach 6000 neuen Mitarbeitern, die IT-Services verkaufen und liefern können.
Für IT-Experten bedeute das, hinzulernen zu müssen, so Gralla. Und zwar darüber, wie Anwendungen aus Business-Sicht wirksam eingesetzt werden können.