"Die IT ist das Produkt - oder zumindest nicht vom Produkt zu trennen." Dieser Satz gilt derzeit in gut jedem vierten Unternehmen (26 Prozent). Dagegen erklären 91 Prozent, die IT habe (auch) die Rolle eines Service Providers und sorge für einen reibungslosen Ablauf. Das zeigt die Studie "IT-Organisation 2020: Digitale Transformation!" des Beraters Kobaltblau Management Consultants. Dessen Fazit: Die meisten IT-Abteilungen sind aktuell noch nicht dafür aufgestellt, den digitalen Wandel zu forcieren.
Dieses Fazit deckt sich mit der Selbsteinschätzung der rund 120 Teilnehmer. Auf einer Schulnoten-Skala bewerten sich in Sachen Digitalisierung lediglich 27 Prozent mit einer Eins oder zwei.
Handlungsfelder in der IT-Organisation
Die Befragten identifizieren viele Felder, auf denen sie aktiv werden müssen. Die drei Drängendsten heißen Flexibilisierung und Beschleunigung der IT (79 Prozent), Digitalisierung von Verwaltungs- und Backoffice-Prozessen (73 Prozent) und die Aufwertung bestehender Produkte durch digitale Services (69 Prozent).
Außerdem nennen sie Digitalisierung der Kundenbeziehung (65 Prozent), Entwicklung neuer digitaler Produkte (61 Prozent) und den Aufbau neuer Geschäftsmodelle (55 Prozent). Alle weiteren Handlungsfelder bleiben unter der 50-Prozent-Marke.
Agile Methoden als Mittel der Digitalisierung
Kobaltblau hat erfragt, wie die Entscheider dabei vorgehen wollen beziehungsweise welche Mittel sie einsetzen wollen. Mehr als jeder Zweite nennt: Einführung agiler Methoden, Stärkung des IT Security Managements, Management des Kulturwandels, Aus- und Aufbau von Personal, Skill- und Kompetenzmanagement, Optimierung der Schnittstellen zwischen Business und IT, flexible Organisationsstrukturen sowie Aus- oder Aufbau von Cloud Services/Cloud Management und Aus- oder Aufbau von Big Data und Data Analytics.
Mehr steuernde IT-Funktionen notwendig
Stichwort Personalaufbau: Kobaltblau hatte 2014 eine ähnliche Studie durchgeführt und vergleicht die damaligen Zahlen mit den heutigen. Die Ergebnisse machen etwas nachdenklich, weil sich seitdem anscheinend kaum was verändert hat. Es zeigt sich, dass CIOs vor allem in steuernden und koordinierenden IT-Funktionen Bedarf sehen. Besonders gefragt sind IT-Projekt-Manager und IT-Innovationsmanager - wie schon vor drei Jahren. Es folgen die Funktionen IT Governance und IT Demand Management, die ebenfalls 2014 schon stark gefragt waren.
Deutlich mehr Bedarf sehen die Befragten heute in den Funktionen rund um Application Development. Allerdings gibt es auch zwei Felder, in denen CIOs sogar Personal abbauen wollen: Workplace Management und IT-Betrieb - und das zeigte sich bereits 2014.
Bimodal IT - 3 Organisationsmodelle
Knapp zwei von drei IT-Chefs (65 Prozent) sehen den Königsweg zur Digitalisierung in einer IT der zwei Geschwindigkeiten (bimodale IT). Kobaltblau splittert diese Zahl genauer auf. Demnach haben zehn Prozent das Konzept bereits erfolgreich eingeführt. 30 Prozent sehen sich in der Umsetzungsphase und 24 Prozent planen und konzipieren noch.
Die Consultants identifizieren drei Organisationsmodelle einer bimodalen IT. Die meisten CIOs (78 Prozent) verfahren nach dem integrativen Modell, das heißt, klassische und agile IT innerhalb der Abteilung nicht strikt zu trennen. 19 Prozent favorisieren ein hybrides Modell: die beiden Bereiche werden intern getrennt. Vier Prozent verfolgen einen disruptiven Ansatz mit zwei getrennten Abteilungen.
Vor- und Nachteile der Organisationsmodelle
Für Kobaltblau hat jedes dieser drei Organisationsmodelle Vor- und Nachteile.
Integratives Modell: Vorteile liegen hier in der ganzheitlichen Steuerung der IT und im Vermeiden von Silos. Die Mitarbeiter werden schrittweise in die Veränderung mitgenommen. Allerdings ist dieses Vorgehen auch langsam und teuer. Es stellt hohe Anforderungen an die Mitarbeiter und könnte den gesamten Betrieb lähmen.
Hybrides Modell: Dieses Vorgehen eignet sich gut als Ausgangspunkt für einen Kulturwandel. CIOs können es auch als "agiles Versuchslabor" nutzen. Gleichzeitig besteht aber die Gefahr der Silobildung zwischen "alter" und "neuer" IT. Außerdem sind Schnittstellen (prozessual und technisch) zu managen.
Disruptives Modell: Eine eigenständige agile Organisation parallel zum Kerngeschäft lässt sich schnell und kostengünstig aufbauen. Sie gewährt neuen Geschäftsmodellen Autonomie. Nachteile: Hier etablieren sich zwei Kulturen und auf lange Sicht wird eine Re-Organisation nötig sein. Kobaltblau sieht auch die Gefahr einer Kannibalisierung des klassischen Geschäfts.
Agile Methoden
Beim Einführen von agilen Methoden sind sich die Befragten nicht in allen Punkten einig. So stimmen 71 Prozent der These zu, dass die Einführung von einem Programm begleitet sein sollte. 57 Prozent bauen auf die Unterstützung eines agilen Coaches. Andererseits sehen nur 45 Prozent agile Methoden für alle IT-bezogenen Projekte vor - ein Punkt, dem 30 Prozent widersprechen. Während mehr als jeder Zweite (53 Prozent) agile Methoden in wenigen großen Schritten einführen will, lehnen 29 Prozent das ab.
Der Berater empfiehlt, die Einführung agiler Methoden ganzheitlich zu steuern. Unternehmen sollten mit besonders geeigneten Domänen beginnen und sukzessive von klassisch auf agil umstellen. Ein strukturiertes Programm mit Meilensteinen und Reporting erleichtert die Koordination. Entscheider sollten eine vorgegebene agile Methode anwenden, aber begründete Ausnahmefälle ermöglichen. Neben internen Experten können externe die Einführung fachlich unterstützen.
Aufgaben und Verantwortung von DevOps-Teams
Ein weiteres Ergebnis der Studie: IT-Abteilungen mit DevOps-Erfahrung betrachten Aufgaben und Verantwortung des DevOps-Teams anders. Kobaltblau legt als Kriterium zugrunde, dass mehr als 25 Prozent der Mitarbeiter in DevOps-Teams arbeiten. Die Berater gehen davon aus, dass bis 2020 rund 40 Prozent der Mitarbeiter agil arbeiten werden, circa 25 Prozent davon in DevOps-Teams.
Aktuell schreiben 57 Prozent der DevOps-erfahrenen Firmen diesem Team die Verantwortung für die fachliche Produktentwicklung zu. Im Schnitt aller Befragten sagen das mit 28 Prozent deutlich weniger.
Große Diskrepanzen zeigen sich zwischen Unternehmen mit mehr als 25 Prozent DevOps-Mitarbeitern und denen mit weniger DevOps-Leuten auch beim Infrastructure Development (DevOps-Nutzer: 57 Prozent, alle Teilnehmer: 46 Prozent) und beim Infrastructure Management (DevOps-Nutzer: 43 Prozent, alle Teilnehmer: 30 Prozent) sowie beim Application Development (DevOps-Nutzer: 79 Prozent, alle Teilnehmer: 65 Prozent) und beim Demand Management (DevOps-Nutzer: 36 Prozent, alle Teilnehmer: 21 Prozent).
Kobaltblau rät, DevOps-Teams mit Generalisten und Spezialisten zu besetzen. Als Ideal gilt ein Verhältnis von einem Drittel zu zwei Dritteln. Das heißt, es sollte getrennte Rollen für die verschiedenen Aufgaben in Entwicklung und Betrieb geben.
8 Handlungsempfehlungen für die IT-Organisation 2020
Kobaltblau leitet aus der Studie acht Handlungsempfehlungen für CIOs ab:
Zusammen mit dem Business ein gemeinsames Verständnis über die Ziele der digitalen Transformation entwickeln
Mit dem Business die Sicht auf die zukünftige Rolle der IT abgleichen, diese im Unternehmen kommunizieren und das Handeln darauf ausrichten
In den steuernden Funktionen (IT-Governance, IT-Project-Management und IT-Innovation-Management) Personal aufbauen, zugleich in den Aufbau des eigenen Skill- und Kompetenzmanagements investieren.
Schrittweise agile Teams aufbauen und agile Methoden einführen
Weil Agilität von innen kommen muss, den Kulturwandel im Unternehmen aktiv managen
Eine geeignete Cloud-Strategie entwickeln
Das für das Unternehmen passende Modell einer bimodalen IT (IT der zwei Geschwindigkeiten) wählen
Zur Optimierung der Schnittstelle zwischen Entwicklung und Betrieb DevOps-Teams etablieren