Digitalisierung

Die IT-Organisation muss umgebaut werden

04.05.2016 von Siegfried  Riedel
Digitalisierung bedeutet eine hohe Veränderungsgeschwindigkeit. Bestehende Methoden, Prozesse und Strukturen reichen dafür kaum aus.
  • Der Two-Speed-IT-Ansatz kann dazu führen, dass neue Silos entstehen, die sich auch noch gegenseitig blockieren können
  • Insofern bedarf es eines Personalbedarfs- und Personalentwicklungsplans sowie Schulungen, um kreative Mitarbeiter mit Digital Native-Profil für die IT zu gewinnen.
  • Die Bereitstellung von IT-Services erfolgt vielfach über isolierte IT-Funktionen, doch digital lebende Unternehmen verlangen vernetzte digitale Services und Plattformen.
  • Crowd Support und Service Broker lauten neue Service-Ansätze

So gehören zu den neuen Anforderungen beispielsweise schlankere Budgetierungs- und Entscheidungsprozesse, kürzere Release-Zyklen bei den Anwendungen und Produktionsverhältnissen in der IT sowie einfach skalierbare und modulare Architekturen. Zudem müssen verschiedene Prozesse, vor allem im Anforderungs-, Change- und Release-Management, effizienter werden.

Two Speed kann schnell scheitern

Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Veränderungsbereitschaft in der bestehenden IT im Regelfall relativ zäh ist und zudem die klassischen IT-Anforderungen der Fachbereiche unterstützt werden müssen. Deshalb wurde der "Two-Speed IT"-Ansatz in die Digitalisierungsdiskussion eingebracht.

Er zielt darauf ab, zwei dynamisch unterschiedliche Organisationsstrukturen einzurichten: Ergänzend zu den bisherigen Aufgabenstellungen werden die digitalen Innovationen in einer separaten Organisation zielgerichtet vorangetrieben. Diese Idee hat auf den ersten Blick tatsächlich einen großen Charme, allerdings sind auch verschiedene Fragen der Praktikabilität bei einer solchen Reorganisation zu beachten.

Dazu gehört vor allem die möglicherweise schnell entstehende Gefahr, dass beide Strukturen ein isoliertes Eigenleben führen werden. Dabei können sie sich sogar gegenseitig blockieren, wenn nicht systematisch für kontinuierliche wechselseitige Impulse gesorgt wird.

Ein Transformation Management implementieren

In jedem Fall bedarf es aber der Einrichtung eines Transformation Managements innerhalb der IT-Organisation für die Planung, Koordination und Realisierung der gesamten Digitalisierungsmaßnahmen. Zu dessen vornehmlichen Aufgaben gehört, gemeinsam mit den Geschäftsbereichen Initiativen zur Digitalisierung der Prozesse und digitale Produktinnovationen zu entwickeln.

Eine wichtige Funktion besteht zudem darin, die Digitalisierungserfahrungen intern zu transportieren, damit die Digitalisierungskultur im Unternehmen befruchtet wird. Dies alles verlangt klare Strukturen, Verantwortlichkeiten und Prozesse, die auf die Digitalisierungsstrategien zugeschnitten sind.

10 Thesen zur Digitalisierung
Zehn Thesen zur Digitalisierung
In Zusammenarbeit mit dem IT-Dienstleister Dimension Data hat Crisp Research Ende letzten Jahres die unabhängige Studie "Digital Business Readiness" umgesetzt. Ziel war es, ein Stimmungsbild deutscher Unternehmen zum aktuellen Stand ihrer digitalen Transformation zu zeichnen. Hier finden Sie Zehn Thesen, die sich aus dieser Studie ableiten lassen
1. Die digitale Transformation ist bereits in vollem Gange ...
... und hat mittlerweile sämtliche Branchen mehr oder minder fest im Griff. Dennoch steht die Wirtschaft noch am Anfang eines langen Transformationsprozesses.
2. Die digitale Transformation wird die Unternehmen ...
... in den kommenden Jahren in Gewinner und Verlierer spalten.
3. Das Gros der deutschen Unternehmen hat erkannt, ...
... welche weitreichenden Implikationen der digitale Umbruch nach sich zieht. Die absolute Mehrheit sieht sich gut bis sehr gut dafür aufgestellt. Allerdings haben nur 42 Prozent bislang eine funktionierende Digitalstrategie.
4. 39 Prozent der befragten Unternehmen sehen sich als Profiteure ...
... und Gestalter des digitalen Wandels. 61 Prozent bezeichnen sich als Mitläufer und Skeptiker.
5. Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen Digital Excellence ...
... und der erfolgreichen Implementierung einer Digitalstrategie. So haben bereits zwei Drittel (67 Prozent) der Digital Champions (Profiteure und aktive Gestalter) ihre Strategie erfolgreich implementiert und mit der Umsetzung in die Praxis begonnen.
6. Die IT-Abteilungen sind die entscheidenden Akteure, ...
... wenn es gilt, die Strategie zu entwerfen und die Aktivitäten im Prozess der digitalen Transformation zu steuern und umzusetzen. Allerdings wirkt das Thema weit über die Grenzen der IT-Abteilung hinaus.
7. Die Kunden sind Treiber der digitalen Transformation.
Von ihnen gehen die Veränderungen aus.
8. Das Rechenzentrum ist das Epizentrum der Digitalisierung.
Für mehr als zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) ist es die alles entscheidende Basis der Digitalisierung.
9. Für eine zukunftssichere Infrastruktur ...
... sind Investitionen nötig, die über das Rechenzentrum hinausgehen.
10. Mehr als 80 Prozent der Unternehmen glauben, ...
... dass sie für eine konsequente Umsetzung der digitalen Transformation professionelle Partner brauchen. Diese sollten eine hohe Kompetenz bei der IT-Integration sowie umfangreiches Prozess- und Branchen-Know-how mitbringen.

Der Vorteil eines Transformation Managements innerhalb der IT-Organisation besteht darin, dass eine klare Fokussierung vorgenommen wird, aber keine umfassende Reorganisation wie etwa bei dem "Two-Speed IT"-Ansatz notwendig ist. Solche zusätzlichen Einheiten lassen sich auch schneller konzipieren und können in der Konstituierungsphase möglicherweise auch mit bestehenden Ressourcen zusammengesetzt werden.

Mitarbeiter brauchen neue Skills

Auf Dauer sind auch neue Mitarbeiterqualitäten notwendig. Zwar verfügen die IT-Organisationen vielfach über fachlich gut ausgebildete und erfahrene Mitarbeiter, sie entstammen jedoch vornehmlich den klassischen Aufgaben der IT. Für das Managen der vorhandenen IT und die Entwicklung kreativer Lösungen unter Nutzung der modernen Digitalisierungstechnologien sind jedoch unterschiedliche Mindsets erforderlich.

Dies gilt auch für den methodischen Hintergrund der Mitarbeiter, weil Digitalisierungsprojekte meist anders angelegt sein müssen als das klassische Wasserfallmodell mit seinem Plan-Build-Run-Ansatz. Statt dieser Methode ist bei den Digitalisierungsinitiativen meistens eine parallele Entwicklung mit sequenziell orientiertem Plan-Build-Run-Vorgehen notwendig.

Personalentwicklungsplan und Fortbildungen

Insofern bedarf es eines Personalbedarfs- und Personalentwicklungsplans, um kreative Mitarbeiter mit neuen Ideen und Arbeitsweisen mit Digital Native-Profil für die IT zu gewinnen. Die Ressourcen können für planerische und Projektmanagement-Funktionen durchaus auch innerhalb des Unternehmens rekrutiert werden, indem man jüngere Mitarbeiter mit hoher digitaler Affinität adressiert.

Ernst&Young über Digitalisierung: Chance oder Jobkiller?
Digitalisierung und ihre Auswirkungen
Die Berater von Ernst&Young üben sich in Dramatik: ob die digitale Arbeitswelt Chance sei oder „Jobkiller“, stellen sie ihrer Befragung von mehr als 1.000 deutschen Arbeitnehmern voran. Teilgenommen haben sowohl Abteilungs- und Teamleiter als auch Sachbearbeiter.
Definition
Nur knapp jeder Vierte (23 Prozent) weiß mit dem Begriff Industrie 4.0 etwas anzufangen.
Bedeutung
Diese 23 Prozent verbinden mit Industrie 4.0 vor allem Digitalisierung/Informatisierung sowie Vernetzung von Maschinen und Anlagen und intelligente, selbstlernende Systeme beziehungsweise computergesteuerte Produktion und Prozesse.
Attraktiverer Job
Die Frage, ob die Digitalisierung den Arbeitsplatz attraktiver macht, hängt vom Alter ab.
Mehr Stress - oder weniger
Die Einschätzung der Auswirkungen von Digitalisierung weichen deutlich voneinander ab. Manche Befragte verspüren mehr Stress, andere dagegen weniger.
Information
Die Befragten fühlen sich innerhalb der Unternehmen nicht gut über die anstehenden Veränderungen informiert.
Qualifizierung
Nicht alle Unternehmen stellen ihren Mitarbeitern Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für die Digitalisierung bereit.

Gleichzeitig gilt es aber auch das Fortbildungsengagement zu steigern, damit die Mitarbeiter unabhängig ihres Alters und bisherigen fachlichen Könnens sukzessive zu aktiven Mitgestaltern der digitalen Kultur der IT-Organisation werden können.

Die IT-Services müssen neu organisiert werden

Je umfangreicher die Digitalisierung erfolgt, desto komplexer werden zwangsläufig auch die Anforderungen an die IT-Services. Deshalb stellt sich die Frage, wie die Serviceorganisation mit Blick darauf struk­tu­rell verändert werden muss. Dies schließt die Prozessabläufe ebenso ein wie die reibungslose Gestaltung der immer umfangreicheren digitalen Schnittstellen zu den Kunden und Sicherung der Qualitätslevel der Services.

Denn erfolgte die Bereitstellung der IT-Services bisher vielfach über isolierte IT-Funktionen, so verlangen digital lebende Unternehmen vernetzte digitale Services und Plattformen. Dazu gehören auch eine deutlich schnellere Bereitstellung und Aktualisierung von Services, produktivitätssteigernde Automatisierungen und neue Service-Ansätze wie Crowd Support. Auch die Rolle als Service-Broker, der den Fachbereichen bedarfsgerecht Cloud-Dienste zur Verfügung stellt, kann im Zuge der digitalen Transformation das Gesicht der IT-Organisationen deutlich verändern.

Die IT-Services den veränderten Anforderungen anpassen

Je digitaler die Unternehmensprozesse werden, desto anspruchsvoller werden zwangsläufig die Sicherheitserfordernisse. Beispiel Industrie 4.0: Da im Rahmen der komplexen Vernetzung die gesamten Produktionsabläufe von einem reibungslosen und störungsfreien Austausch von Daten abhängen, spielt das Thema Datensicherheit in zweierlei Hinsicht eine enorme Rolle.

Zertifizierbare Informationssicherheits-Managementsysteme werden Pflicht

Aus diesem Grund stehen die IT-Organisationen in der Pflicht, sich im Zuge des Digitalisierungstrends auch in Sachen Sicherheit neu zu positionieren. Insbesondere reicht es immer weniger aus, in einer isolierten Betrachtung Security-Initiativen für einzelne Bereiche vorzunehmen.

Vielmehr werden zertifizierbare Informationssicherheits-Managementsysteme (ISMS) immer mehr zum Pflichtprogramm. Zudem sind bei allen Digitalisierungsmaßnahmen von Beginn an die damit verknüpften Sicherheitsansprüche zu berücksichtigen und müssen die Ressourcen für das Sicherheitsmanagement deutlich ausgebaut werden.