IT-Manager wetten

Die IT-Welt wird zum Marktplatz

07.03.2017 von Dirk Schürmann und Rüdiger Ernst
Dirk Schürmann, Director Automotive, Travel & Transportation and Steel und Rüdiger Ernst, Director Advisory & Consulting Services bei Hewlett-Packard Enterprise, wetten, dass Unternehmen bereits in fünf Jahren branchenübergreifend auf dedizierte oder gemeinschaftliche IT-Marktplätze zugreifen und somit flexibel entscheiden, welche IT-Dienstleistungen sie wann, von wem und in welchem Maße konsumieren möchten.
Dirk Schürmann, Director Automotive, Travel & Transportation and Steel bei Hewlett-Packard Enterprise
Foto: Dirk Schürmann

Bereits heute sind IT-Services aus der Steckdose gelebte Realität. In fünf Jahren werden viele Großunternehmen auf IT-Service-Portale zugreifen, in denen sie Dienstleis­tungen verbrauchsorientiert konsumieren. Durch den Einsatz solcher Portale wird die mehrwertbringende Implementierung einer sicheren IT ermöglicht und unterstützt. Deshalb sprechen wir im Fortgang dieses Beitrags auch von einem hybriden IT-Marktplatz, über den Firmen auf hochwertige IT-Services zugreifen können. Doch bevor wir uns näher mit der Beschreibung eines abstrakten Marktplatz-Zielbildes beschäftigen, wollen wir einen Blick auf die Begleitumstände in der Zukunft werfen:

Bis ins Jahr 2020 wird der Stellenwert der Informationstechnologie als Differenzierungsfaktor weiter steigen. In den letzten Jahren beobachteten wir viele Entwicklungen, die das Paradigma der geschäftsunterstützenden IT hin zu einer geschäftstreibenden IT gewandelt haben. Unternehmen aller Branchen werden technologieaffiner, und die jahrelang kritisierte dezentrale IT findet zunehmend in den Fachbereichen statt, wo Geschäftsbedürfnisse direkt in Anforderungen an die IT übersetzt werden können.

Im Kontext dieser Entwicklung ist die Zusammenstellung der richtigen IT-Services der entscheidende Faktor für Unternehmen, um sich durch IT von ihrer Konkurrenz zu differenzieren. Der Schlüssel zum Erfolg liegt demnach in der richtigen Servicekomposition und der adäquaten Abbildung der Unterstützung von Geschäftszielen durch IT-Dienstleistungen.

Rüdiger Ernst, Director Advisory & Consulting Services bei Hewlett-Packard Enterprise
Foto: Rüdiger Ernst

Die explosionsartigen Entwicklungen im Cloud-Computing-Umfeld bedrohen inzwischen die traditionellen Geschäftsmodelle in der IT-Branche. Der Megatrend der Digitalisierung steuert auf einen Wendepunkt zu. In den nächsten fünf Jahren werden technische Entwicklungen, die gegenwärtig noch als Hype angesehen werden, spürbare Effekte auf den Großteil aller Ertragsströme im Unternehmen haben. Fachbereiche wollen neue unternehmerische Ideen schnell an den Markt bringen, um beispielsweise die Feedback-Schleife mit ihren Kunden stark zu verkürzen und anschließend die erhaltenen Einblicke zeitnah wieder in aktuelle Prozesse und neue Entwicklungen einfließen zu lassen. Auf diesem Weg können sie mit maximaler Agilität auf Veränderungen reagieren.

Cloud first ist Realität

Im Zuge dessen verändern sich die Anforderungen an die IT. Das sieht man bereits heute daran, dass das Vorhaben, eine Cloud-basierte Softwareentwicklung zu realisieren und dadurch in Zukunft möglichst Cloud-native Applikationen zu erstellen, in den Unternehmen allgegenwärtig ist.

Damit einhergehend finden wir ebenfalls überraschend oft hochgradig professionelle Soft­wareentwicklungs-Zellen in den Fachbereichen unserer Kunden, fernab der zentralen Unternehmens-IT. Diese beschäftigen sich häufig mit der Bereitstellung standardisierter IT-Services für Kunden und interne Funktionen. Doch wieso nur finden diese Entwicklungen nach jahrzehntelangem striktem IT-Service-Management und endlosen Theorien über die richtige Struktur einer IT-Ablauf- und Aufbauorganisation jetzt und auf diese Art und Weise statt?

Während IT-Organisationen in der Vergangenheit vor allem darauf ausgerichtet waren, möglichst vorhersehbar und zuverlässig auf statische Anfragen zu antworten und entsprechende Lösungen effizient zu liefern, ist die Situation heutzutage völlig anders. Schlagwörter wie Skalierbarkeit und Time-to-Market sind in den Vordergrund getreten. Sie repräsentieren nur einen kleinen Teil der neuen Anforderungen, die von den Geschäftsbereichen an die IT gestellt werden.

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Gleichzeitig wollen Unternehmen mehr Trans­parenz in Bezug auf das Verhältnis zwischen den bezogenen oder den selbst komponierten IT-Services und den dadurch unterstützen oder generierten Geschäftsmehrwerten erlangen.

Letztendlich kristallisiert sich hier eine Handvoll Prinzipien heraus, nach denen die IT-Organisation heutzutage streben muss: Simplizität, Agilität, Flexibilität, Regelkonformität, Sicherheit und Geschwindigkeit sind die Kriterien, die sich auch in den angebotenen IT-Services wiederfinden müssen, damit ein Unternehmen sich sowohl kurz- als auch langfristig dynamisch aufstellen kann. Die vorausgehend geschilderten Entwicklungen geben in ihrer Gesamtheit einige maßgebliche Rahmenparameter vor, die für die folgende Formulierung des Zielbildes eines ­hybriden IT-Service-Marktplatzes besonders relevant sind.

Zielbild IT-Service-Marktplatz

Im Jahr 2020 wird das Konzept eines agilen Portals für den IT-Konsum bereits in Gebrauch sein - realisierbar ist es schon heute. Beschreibt man den hybriden IT-Marktplatz demnach auf entsprechender Abstraktionsebene, diskutieren wir über ein Modell mit drei Schichten (siehe Abbildung). Das Fundament ist eine Supply-Schicht, in der die notwendigen Betriebsmittel für die IT-Services vorgehalten und verwaltet werden. Hier finden IT-Disziplinen wie das Resource Lifecycle Management, Resource und Service Capacity Modeling und die Abstraktion der IT-Ressourcen statt.

Allgemein formuliert, beschäftigt man sich hier mit der Automatisierung und Orchestrierung der Ressourcen, die für die Komposition der verschiedenen Services benötigt werden. Die Einbindung traditioneller In­frastruktur-Komponenten, die Kombination verschiedener Cloud-Deployment-Modelle und die Integration von Software-Tools werden in diesem Bereich des Konzepts realisiert.

In der darüber liegenden Abstraktionsschicht dreht sich alles um die weitere Bereitstellung der eben erwähnten Ressourcen. Hier werden die eigentliche Modellierung der IT-Services sowie das Brokering verschiedener Bereitstellungsquellen durch den Einsatz eines Ressourcenkatalogs und Service Integration Frameworks bewerkstelligt. Disziplinen wie Multi Supplier Integration sowie das Verwalten von Service-Blaupausen sind nur einige der essenziellen Themengebiete, die sich auf der Delivery-Ebene abspielen. Ein Leitprinzip dieser Schicht ist, die Services möglichst so flexibel und modular für den jeweiligen Kunden zur Verfügung zu stellen, dass existierende Schatten-IT in den Unternehmen durch bedarfsgerecht kombinierbare und dennoch standardisierte Services aus dem Marktplatz abgelöst wird.

Dementsprechend folgt in der darüber gelagerten Schicht die Abbildung des Bedarfs, der vom entsprechenden Marktplatzteilnehmer signalisiert oder konkret eingegeben wird. Auf der ­Demand-Schicht steht ein unternehmensindividueller Servicekatalog zur Verfügung, mit dessen Hilfe die unterschiedlichen Nutzergruppen aus IT und Business entscheiden können, welchen Service sie konsumieren möchten. Dieses Nutzerportal ist nach dem Self-Service-Prinzip organisiert und zudem die einzige Interaktionsschnittstelle für den Endkunden.

Durch den Einsatz des hybriden IT-Portals kann die von den Geschäftsbereichen gewünschte Transparenz und Flexibilität geschaffen werden, während die zwingend notwendige IT-Compliance im Unternehmen durch ein angemessenes Serviceangebot sichergestellt wird. Subscription- und Reporting-Funktionalitäten des IT-Service-Marktplatzes ermöglichen hier erstmals, was seit Jahren in mühsamer händischer Arbeit versucht wird. Eine potenzielle Konsequenz der dadurch gegebenen Möglichkeiten ist eine deutlich zielgerichtetere Nutzung der IT.

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Um die Vision eines solchen Marktplatzes nach dem Prinzip der hybriden IT-Services umzusetzen, ist eine ausgefeilte Architektur zur Komplexitätsbewältigung erforderlich. Besonders die Modellierung des Zusammenspiels zwischen den fortbestehenden Teilen der Inhouse-IT des Unternehmens und den über das Portal bezogenen Services ist eine Herausforderung. Hier ist es erforderlich, ein Integrationskonzept zwischen der traditionellen IT und dem IT-Marktplatz zu ent­werfen und technologisch im Idealfall durch eine Referenzarchitektur umzusetzen, da­mit die Potenziale der Vision wirklich realisierbar werden.

Der hybride IT-Marktplatz.
Foto: HP Enterprise

Der CIO und seine IT-Fachkräfte, die im Bereich Enterprise-Architektur tätig sind, müssen indes dafür sorgen, dass der unternehmensspezifische Bedarf an IT-Services adäquat im Markt­platz abgebildet wird. Voraussetzung ist allerdings, dass organisatorische, prozessuale und IT- sowie marktregulatorische Rahmenbedingungen den Konsum von hybriden IT-Services über ein zentrales Self-Service-Portal erlauben.

Konsequenzen und Ausblick

Es ist nicht ausgeschlossen, dass IT-affine Unternehmen mit ausgeprägten Fertigkeiten und entsprechendem Personal einen Marktplatz, wie er hier beschrieben wurde, selbst unterhalten und gegebenenfalls auch Partnern oder sogar Wettbewerbern zugänglich machen werden. Wahrscheinlicher ist indes, dass traditio­nelle IT-Servicedienstleiter das Potenzial erkennen und die IT aus der Steckdose massenkompatibel in die Realität überführen.

Immerhin wird die Komplexitätsbewältigung - unter anderem die technologische Automatisierung und Integration - auf den drei unteren Schichten des Modells ein Schlüsselfaktor für die Effizienz und Effektivität des Portals und damit für seinen erfolgreichen Einsatz. Übernehmen IT-Dienstleistungsfirmen diese Aufgaben, können Kunden die Services konsumieren, die wirklich mehrwertbringend für ihre Geschäftstätigkeiten sind.

Schatten-IT wird überflüssig

Abschließend ist festzuhalten: Das Kompositum verschiedener IT-Services in einem hybriden Marktplatz erlaubt Unternehmen bereits in naher Zukunft den bedarfsgerechten Bezug von Dienstleistungen, die sie für die konkrete Bewältigung einer Aufgabe oder eines Business-Service benötigen. Ferner liefert dieser Ansatz eine effektive Vorgehensweise, um Schatten-IT in den Fachbereichen überflüssig werden zu lassen. Voraussetzung ist die richtige Abbildung der Bedürfnisse aller IT-Stakeholder im Portal und eine adäquate Zuordnung zwischen IT-Services und unterstütztem Geschäftsprozess.

CIOs werden sich im Zuge dieses Wandels vermehrt mit der richtigen Auswahl und Kombination der im Marktplatz angebotenen Services auseinandersetzen. Langwierige Detaildiskussionen über Service-Level-Agreements und verschiedene Infrastruktur-Produkt-Features gehören dann endgültig der Vergangenheit an. Disziplinen wie Enterprise Architecture und Multi Supplier Integration werden durch diese Entwicklung eine noch stärkere Position in der Unternehmens-IT einnehmen.

Der CIO und die Unternehmensarchitekten können sich letztendlich darauf konzentrieren, die strategischen Geschäftsinitiativen aus der Perspektive der IT voranzutreiben und diese dabei frühzeitig in entsprechende Anforderungen an IT-Services zu übersetzen. Die benötigten Services werden anschließend normiert und verbrauchsorientiert aus dem hybriden IT-Service-Marktplatz konsumiert - so einfach und praktisch wie Strom aus der Steckdose.

Wir freuen uns auf Ihr Feedback!

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