Ende Februar erschien im Forrester-Blog für CIOs der Eintrag "The IT Career Path: A Dead End Or An Avenue To The Exec Suite?" Darin geht Forrester-Analystin Sharyn Leaver der Frage nach, wie zukunftsträchtig eine IT-Karriere heutzutage ist.
Anlass für Leavers Frage war folgende Zahl: In den USA sind die Einschreibungen für IT-Studiengänge 40 bis 50 Prozent niedriger als noch vor zehn Jahren. Das schreibt das amerikanische Netzwerk CIOZone und nennt als Quelle die Universitäten.
Amerikanische Jugendliche betrachten eine IT-Karriere im besten Fall als eine Karriere mit Einschränkungen, schreibt CIOZone weiter. Befeuert wird das unter anderem von der Angst, durch Outsourcing den Arbeitsplatz zu verlieren.
Gelten diese Beobachtungen auch für Deutschland? CIO sprach mit der Hamburger Informatik-Professorin Ingrid Schirmer und Holger Uhlig, der als Senior Consultant der Personalberatung PSDGroup Kandidaten und Positionen im IT-Management zusammenbringt.
Immer mehr Bindestrichinformatiker
Bereits bei den Studierendenzahlen sieht es in Deutschland anders aus als in den USA. Ingrid Schirmer, Informatik-Professorin an der Universität Hamburg, bezieht sich auf Zahlen vom Statistischen Bundesamt: "Seit 2006 steigen die Anfängerzahlen von Studierenden im Studienbereich Informatik sanft an."
Die Kerninformatik hat insgesamt deutlich abgenommen. "Heute studiert nur noch die Hälfte der Studierenden reine Informatik, die andere Hälfte studiert eine sogenannte Bindestrichinformatik wie zum Beispiel Medieninformatik oder sie studiert Wirtschaftsinformatik", sagt Schirmer.
Schirmer bestätigt allerdings, dass den Unternehmen heute weniger Absolventen zur Verfügung stehen als in den vergangenen Jahren: "Nach dem Hype 1999/2000 sind die Studierendenzahlen bis 2006 gesunken. Die Anfänger von damals sind heute die Absolventen", weiß Schirmer. Die Wirtschaft müsse sich deshalb darauf einstellen, dass jetzt erst einmal weniger Absolventen kommen.
Schirmer arbeitet daran, dass es in Zukunft mehr werden. Sie veranstaltet beispielsweise Projektwochen in Schulen und hat ein jährlich stattfindendes Schnupperstudium ins Leben gerufen. Dort erzählen ihr junge Menschen von der Angst, durch Outsourcing-Maßnahmen einmal den Job zu verlieren. "Diese Angst ist unbegründet", sagt Schirmer. Zukunftsträchtige Themen gäbe es auch in zehn Jahren am Standort Deutschland.
Um den IT-Nachwuchs optimal darauf vorzubereiten, dass die IT einen immer höheren Stellenwert im Unternehmen einnimmt, initiiert Schirmer den Master Studiengang "IT-Management und -Consulting" in Kooperation mit Hamburger Unternehmen sowie der Handelskammer Hamburg und hamburg@work. Er startet im Wintersemester 2010/11 an der Universität Hamburg.
Wirtschaftsinformatiker vs. Techies
Dass immer mehr Informatikstudenten sich für eine Bindestrichinformatik oder Wirtschaftsinformatik entscheiden, ist karrierebedingt ein schlauer Zug. Holger Uhlig ist Senior Consultant für den Bereich IT-Management bei der Personalberatung PSD Group und ist damit auch für Tätigkeiten im CIO-Umfeld zuständig.
Wir haben Uhlig um eine Einschätzung der Aussichten von ITlern gebeten. Die bezieht sich auf die Karrierechancen in Unternehmen, nicht auf die Aussichten bei IT-Dienstleistern: "Gute Aussichten haben junge Absolventen der Wirtschaftsinformatik oder Informatiker mit einer betriebswirtschaftlichen Zusatzausbildung. Business-Analysten werden mehr und mehr gebraucht."
Schlechte Aussichten für eine IT-Karriere in einem Unternehmen sieht Uhlig für Absolventen, die rein auf die Technik fokussiert sind. "Die reinen Techies und Entwickler werden in Zukunft immer mehr aus den Unternehmen ausgelagert", sagt er. In einem solchen Fall empfiehlt sich eine Zusatzqualifikation: "Wenn einem ITler betriebswirtschaftliche Kenntnisse fehlen, hilft ein MBA", sagt Uhlig.
Der Personalberater hat noch weitere Ratschläge für junge ITler: "Wer Karriere in der IT machen will, sollte in eine Branche gehen, die stark von der IT getrieben wird. Dazu zählen zum Beispiel Banken, Versicherungen und die Luftfahrt, weniger das produzierende Gewerbe", sagt Uhlig.
Findet ein Young Professional zum Berufsbeginn nur woanders eine Stelle, rät Uhlig zum Wechsel: "Wer zum Karrierestart erst einmal in einer weniger von IT geprägten Branche unterkommt, sollte nach drei bis vier Jahren den Absprung schaffen."
Mit IT wird man kein Geschäftsführer
Wenn Nachwuchskräfte die Absicht verfolgen, es später einmal bis zum Geschäftsführer zu bringen, sollten sie lieber nicht im IT-Bereich einsteigen: "Für eine spätere Geschäftsführerposition ist die IT eine denkbar schlechte Wahl. Die wenigsten CIOs machen einmal Karriere als Geschäftsführer", sagt Uhlig.
Er führt das unter anderem darauf zurück, dass die IT in den meisten Unternehmen nicht zum Kerngeschäft zählt. Es wären eher die Bereiche Finance, Sales und Marketing, die spätere Geschäftsführer hervorbringen.