Ob sie eine Service-orientierte Architektur (SOA) aufbauen möchten oder nicht, steht für viele Firmen heute nicht mehr zur Entscheidung an. Das Konzept wird mittlerweile in vielen Betrieben umgesetzt. Folglich kommen neue Fragen rund um das Thema auf. Vor allem: Erfüllt SOA, was man von ihr erwartet? Sowohl die IT-Leute als auch die betriebswirtschaftlichen Entscheider im Unternehmen wollen anhand verlässlicher Kriterien einschätzen können, was die SOA leistet und ob sich die Investitionen gelohnt haben.
Doch die Vorstellungen vom Begriff der "Performance" klaffen in diesem Zusammenhang häufig auseinander, wie die Marktbeobachter der Aberdeen Group festgestellt haben. Die Fachleute aus der Informationstechnik verstehen darunter demnach nicht selten etwas anderes als die Entscheider auf der Business-Ebene. Das bestätigt auch Peter Fettke vom Institut für Wirtschaftsinformatik am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Saarbrücken. "Die Vorstellungen reichen von nicht-monetären Größen wie Prozessqualität über monetäre Größen wie Verrechnungspreise für Services bis hin zu technischen Größen, etwa der realisierbaren Anzahl der Service-Aufrufe pro Zeiteinheit", erklärt Fettke.
Diese unterschiedlichen Sichtweisen unter einen Hut zu bringen und den Erfolg von SOA-Projekten zu messen, ist nicht immer einfach. So kann laut einer aktuellen Aberdeen-Befragung fast ein Drittel der Firmen nicht sagen, ob die bestehende IT-Infrastruktur die Geschäftsanforderungen erfüllt oder nicht. Welchen Ertrag IT-Investitionen letztlich bringen, lässt sich in den meisten Fällen nicht gänzlich ermessen - schlimmstenfalls ist diese Größe völlig unbekannt.
Trotz dieser fehlenden Informationen gibt die Mehrheit der Unternehmen zu Protokoll, sie seien mit der Performance ihrer SOA-Initiativen zufrieden, häufig überträfe sie sogar die Erwartungen. Nicht nur Betriebe, die von Aberdeen zu den führenden 20 Prozent gezählt werden, geben eine solche Einschätzung ab, sondern auch Firmen, die von den Marktbeobachtern als Mittelmaß klassifiziert oder zu denen gerechnet werden, die der Entwicklung hinterherhinken.
Ob sie mit dieser selbstbewussten Einschätzung wirklich richtig liegen, wollen Aberdeen zufolge allerdings immer mehr Betriebe genau wissen. Deshalb richten sie ihr Augenmerk zunehmend auf die Performance von SOA-Projekten.
Individuelles Zielsystem entwickeln
Dazu muss freilich erst einmal klar sein, was unter Performance zu verstehen ist. Für Matthias Zacher, Senior Advisor beim Beratungsunternehmen Experton Group, ist der Maßstab hierfür im Allgemeinen eine "schnellere, effizientere Erledigung der gestellten Aufgaben". Letztendlich gehe es um die Erhöhung der Produktivität.
Wirtschaftsinformatiker Fettke spricht bei der Annäherung an eine Definition der Performance davon, dass ein Betrieb ein "Zielsystem" entwickeln solle, in das alle relevanten Größen integriert werden. Konkreter will er nicht werden. Welche technischen oder auch finanziellen Anforderungen darin einfließen sollten, sei schließlich "unternehmensspezifisch ganz unterschiedlich".
Zahl der Dienste als Messgröße
Für Zacher zählen zu den Messgrößen eines SOA-Frameworks unter anderem die Zahl der Dienste und Nutzer sowie der Umfang des Traffics. Wichtig sei zudem die Einigung auf eine eindeutige Syntax und Semantik.
Die Berater der Aberdeen Group beschreiben in ihrer Untersuchung letztlich kein umfassendes Konzept, um den Begriff der Performance zu erfassen. Sie schlagen einen "mehrgleisigen Ansatz" vor. Für erfolgreiches Management der SOA-Performance seien technische Aspekte ebenso wichtig wie organisatorische. Das deckt sich mit den Vorstellungen von Peter Fettke, der Unternehmen ein "ganzheitliches Vorgehen" nahelegt.
Experton-Berater Zacher spricht von einer "organisatorischen Herausforderung". Business und IT müssten ihre jeweiligen Anforderungen klar definieren. SOA-Projekte seien stets komplex. Für ihr Gelingen sei in der Regel eine entsprechende "organisatorische Einheit" notwendig.
Alle an einem Tisch
Das sehen auch die Analysten von Aberdeen so. Sie empfehlen, für SOA-Projekte spezielle Teams aufzustellen, die alle beteiligten Bereiche an einem Tisch zusammenbringen. Sie sollten aus Mitarbeitern aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens bestehen und Rückendeckung aus der Führungs-Etage erfahren.
Ferner betonen die Marktbeobachter: "Was sich nicht messen lässt, lässt sich auch nicht managen." Im Klartext: Firmen sollten aussagekräftige Messgrößen festlegen und anwenden, mit denen sich der SOA-Einsatz bewerten lässt. Die Betriebe, die Aberdeen zu den führenden 20 Prozent in punkto SOA-Performance rechnet, setzen stark auf derartige Kennzahlen.
Als äußerst wichtiges Werkzeug werden in diesem Zusammenhang Service Level Agreements (SLA) angesehen. Vor allem Unternehmen, die von den Analysten als besonders fortschrittlich beim Management ihrer SOA-Performance angesehen werden, setzen dieses Instrument ein. Alle haben entweder bereits interne SLA eingeführt oder planen dies innerhalb der kommenden zwölf Monate. 87 Prozent von ihnen arbeiten zudem mit externen SLA oder planen dies binnen Jahresfrist.
Exzellenz-Zentren für SOA
45 Prozent der von Aberdeen als "Klassenbeste" identifizierten Betriebe haben zudem Maßstäbe eingeführt, anhand derer die Nutzer die Güte bestimmter Dienste bewerten können (Quality of Service). Andere Organisationen arbeiten deutlich seltener mit derartigen Messwerkzeugen.
Auf der organisatorischen Ebene wird vor allem darauf gesetzt, dass sich die Führungsetage mit der Performance der IT-Infrastruktur im Unternehmen auseinandersetzt. In 87 Prozent der führenden Firmen ist das der Fall oder soll in den nächsten zwölf Monaten umgesetzt werden. Die übrigen Betriebe fallen hier allerdings mit 82 Prozent nicht weit zurück. Etwas deutlich ist der Unterschied bei der Frage nach speziellen Exzellenz-Zentren für SOA in einer Organisation. Eine solche Einheit gibt es in zwei Drittel der Betriebe aus der Gruppe der "Klassenbesten", aber nur bei gut der Hälfte der übrigen Unternehmen.
Es kommt auf die richtige Mischung an
Intensives Training spielt in etwa der Hälfte aller Betriebe eine Rolle, um die Mitarbeiter mit Konzepten vertraut zu machen, wie sie die SOA-Performance angehen sollen. Von geringerer Bedeutung ist spezielle Software zur Analyse der Leistung von Service-orientierten Architekturen.
Zusammengefasst liegt der richtige Weg zum erfolgreichen Management und zur Verbesserung der SOA-Performance laut Aberdeen in der richtigen Kombination aus Grundsatzregelungen, Prozessen und sorgfältig ausgewählten Werkzeugen. Wichtig ist demnach außerdem ein umfassender Überblick über die Grenzen der Funktionsbereiche im Unternehmen hinweg. Für den Wirtschaftsinformatiker Peter Fettke geht es ganz allgemein darum, "zwischen der Geschäfts- und der Technikwelt Brücken zu bauen". Mit diesem Ansatz könne es gelingen, die unterschiedlichen Anforderungen und Perspektiven abzustimmen.
Business und IT nähern sich an
Matthias Zacher von der Experton Group ist in dieser Frage optimistisch. Gehe es um die Bewertung einer SOA, hätten sich Business und IT in der jüngsten Vergangenheit schon "deutlich aufeinander zu" bewegt.
Die Aberdeen Group hat für ihre Untersuchung "Performance in a Service Oriented Architecture World" 115 Unternehmen übers Internet zu ihren Erfahrungen mit SOA befragt. Mehr als die Hälfte der Firmen (57 Prozent) ist in Nordamerika ansässig, 22 Prozent in Europa. Die Bandbreite reichte von kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Millionen US-Dollar Jahresumsatz (38 Prozent) bis zu großen mit mehr als einer Milliarde Dollar Jahresumsatz (27 Prozent). Neben Hochtechnologiefirmen (29 Prozent) nahmen unter anderem auch Betriebe aus der Finanz-, Logistik- und Automobilbranche teil.
Finanziert haben die Untersuchung der Software-Hersteller Relativity Technologies und Fiorano, ein Anbieter von Infrastruktur-Technologie.