Mitarbeiter empfinden es als willkürlich, wie sie ihr Vorgesetzter bewertet. Und vieles wird schnell wieder vergessen. Aufgeben möchte man die Gespräche aber nicht.
"Mitarbeiter, die sich auf das Jahresgespräch mit ihrem Chef freuen, sind die Ausnahme", heißt es in einem Artikel der Wirtschaftswoche zum Thema. Die meisten, schreibt der Autor weiter, gingen mit einem flauen Gefühl in den turnusmäßigen Termin, der dieser Tage in vielen Unternehmen anstehe, weil sie entweder mit einer verbalen Abreibung rechnen oder mit einem Alibigespräch, durch das sich doch nichts ändere.
Assessment-Anbieter Metaberatung befragte 1.100 Arbeitnehmer in Deutschland zum Jahresgespräch. Insgesamt 61 Prozent von ihnen kritisierten, dass ihre Chefs die Termine als reines Pflichtprogramm abhandeln. Damit nicht genug. Denn 55 Prozent der Angestellten in Deutschland fühlen sich in diesen Gesprächen von ihrem Chef falsch bewertet. Ihrer Meinung nach entspricht die Beurteilung nicht ihren tatsächlichen Leistungen und erscheint ihnen willkürlich.
Darüber hinaus kritisieren viele Arbeitnehmer die fehlende Verbindlichkeit bei Mitarbeitergesprächen. Und 47 Prozent von ihnen sprechen davon, dass ihre Jahresgespräche zu nichts führen, da das Besprochene bereits nach kürzester Zeit wieder in Vergessenheit gerät.
Ergebnis in die Bewertung des Chefs einfließen lassen
Rund vier von fünf Befragten (79 Prozent) würden es befürworten, wenn Jahresgespräche nicht länger als kommunikative Einbahnstraße ablaufen. Sie wünschen sich, dass bei der Bilanz künftig nicht nur ihre eigenen Leistungen sondern auch die ihrer Vorgesetzten mit einbezogen werden.
Keine Agenda haben Unstrukturierte Gespräche führen zwangsläufig zu vagen Ergebnissen. Gedankliche Meilensteine helfen dabei. Setzen Sie Ihre Argumente wohl dosiert ein. Legen Sie nicht sofort all Ihre Trümpfe auf den Tisch. Halten Sie noch ein paar gute Argumente in der Hinterhand. Bringen Sie Ihr stärkstes Argument erst gegen Ende Ihrer Argumentationsreihe.
Nervös werden Der persönliche Eindruck kann sehr entscheidend dafür sein, ob Sie Ihr Ziel erreichen oder nicht. Versuchen Sie deshalb, Ihre Körpersprache bewusst einzusetzen, mögliche Störfaktoren auszuschalten und souverän zu agieren. Eigentlich ist es ganz einfach: Je positiver Ihre Einstellung, desto offener und positiver wird Ihre Körpersprache sein und umso besser wird die Verhandlung laufen.
Überzogene Forderungen Wer zu wenig fordert, kommt nie zu mehr Geld. Wer zu viel verlangt, verspielt möglicherweise sämtliche Karriere-Chancen. Gehaltsforderungen sollten angemessen sein. Nur wer weiß, was in vergleichbaren Positionen gezahlt wird, hat eine Vorstellung davon, was er für seine Arbeit verlangen kann beziehungsweise was seine Arbeit überhaupt wert ist.
Schlechte Vorbereitung Wer vorbereitet ins Gehaltsgespräch geht, holt mehr raus. Eine gute Vorbereitung ist allein schon deshalb wichtig, weil Ihr Verhandlungspartner in punkto Gehalt und Verhandlungskompetenz in der Regel wesentlich erfahrener ist als Sie es sind.
Schlechte Argumente Es gibt Argumente, die Sie nie benutzen sollten, auch wenn das eine oder andere auf den ersten Blick der Auslöser für Ihren Wunsch nach mehr Gehalt gewesen sein sollte. Vermeiden Sie Mitleids- oder Bedürftigkeitsargumente. Auch Vergleiche mit Kollegen sind tabu. Erpressungsversuche á la "Wenn ich nicht mehr Geld bekomme, gehe ich" sowieso. Was zählt, ist einzig und allein Ihre Leistung.
Keine Ziele haben "Wer nicht weiß, wohin er will, wird auch nie ankommen", lautet sinngemäß ein Sprichwort. Wer schon vor der Gehaltsverhandlung nicht weiß, was er genau will, kann sich mit dem Chef nicht gut in der Mitte treffen. Legen Sie also ein Minimal- und ein Maximalziel fest und planen Sie ausreichenden Verhandlungsspielraum ein.
Falscher Zeitpunkt Gutes Timing bei der Gehaltsverhandlung kann Gold wert sein. Niemals zwischen Tür und Angel. Machen Sie immer einen Termin. Überlegen Sie, wann Ihr Chef am besten aufgelegt ist. Ein Gehaltsgespräch in hektischen Zeiten setzt den Vorgesetzten unnötig unter Druck. In einer entspannten Situation werden Sie viel eher auf sein Wohlwollen stoßen. Aber Vorsicht: Wenn der Insolvenzverwalter schon durch die Flure wandert oder die Firma in einer existenziellen Krise steckt, dann macht eine Forderung nach mehr Gehalt wenig Sinn.
Unflexibel sein Wer halsstarrig an seinen Forderungen klebt, nimmt sich die Möglichkeit zu vielleicht gar nicht mal so schlechten Kompromissen - und hinterlässt schnell einen negativen Nachgeschmack. Versteifen Sie sich also nicht auf eine Lösung, sondern haben Sie eine Alternative oder mehr in der Hinterhand. Muss es denn wirklich mehr Geld sein? Oder könnten Sie auch mit einer Prämienregelung oder einer Weiterbildung leben.
Hoffen auf den großen Sprung Verhandeln Sie lieber häufiger über kleinere Gehaltserhöhungen als in langen Abständen auf gewaltige Sprünge zu hoffen. Fragen Sie auch dann nach einer Gehaltserhöhung, wenn nicht unbedingt damit zu rechnen ist. Wer nicht gelegentlich den Arm hebt, geht nicht nur jahrelang leer aus, sondern büßt möglicherweise auch seine Wertschätzung beim Chef ein.
Sich aus dem Konzept bringen lassen Es gibt gegen alles Einwände, auch gegen Gehaltserhöhungen. Lassen Sie sich davon möglichst nicht aus der Ruhe bringen und verfolgen Sie konsequent Ihre Gesprächsziele. Viele dieser Phrasen werden gern eingesetzt, um schlecht Vorbereiteten einen Dämpfer zu verpassen oder sie schlicht aus dem Konzept zu bringen. Die entstehende Verwirrung soll es Ihnen schwer machen, ihre eigenen Vorstellungen durchzusetzen. Und natürlich will die Unternehmensseite sehen, wie wichtig Ihnen Ihr Anliegen wirklich ist.
Trotz all der Kritik am Jahresgespräch sieht die Mehrheit der Arbeitnehmer doch einen grundsätzlichen Nutzen in diesen Terminen. So halten es 58 Prozent der Arbeitnehmer zumindest für wichtig, regelmäßig mit Vorgesetzten Beurteilungsgespräche zu führen und Zielvereinbarungen festzulegen.
Auch Manager kritisieren Jahresgespräche
Die Wirtschafts- und Personalpsychologen Rüdiger Hossiep und Jennifer Bittner befragten die Arbeitgeberseite zu ihrer Einstellung zum Jahresgespräch. So halten laut Wirtschaftswoche zwar 97 Prozent der Personalverantwortlichen Mitarbeitergespräche generell für sinnvoll, aber auch sie üben Kritik an der Praxis. Denn die Gespräche würden, so die Manager, einen hohen Zeitbedarf und mögliche Autoritätsverluste mit sich bringen.
Damit die Inhalte des Jahresgesprächs nicht - wie von vielen Umfrageteilnehmern kritisiert - allzu schnell in Vergessenheit geraten, sollte man sich vorbereiten. Dafür zieht man bereits für sich selbst vorab Bilanz und überlegt sich genau, was seit dem letzten Gespräch positiv und was negativ verlaufen ist. Auch über die eigenen Ziele und Ideen sollte man sich bereits Gedanken machen, bevor der Chef im Jahresgespräch danach fragt.