Seit Januar bringt das Dortmunder Kaufhaus Konze bestellte Waren nicht mehr ausschließlich an die Haustür; es liefert sie auf Wunsch auch zum neuen Selbstabhol-Terminal Tower 24. Mehr Service durch weitere Wege für den Kunden?
Im Dortmunder Technologiepark hat das Fraunhofer Institut (FHI) für Materialfluss und Logistik im Januar den Tower 24 in Betrieb genommen. Rund um die Uhr können Händler bestellte Waren am Turm abgeben und Kunden ihre Bestellungen dort abholen. Kaufhaus Konze und der Hermes Versand Service, Tochter des Otto Versands, sind die ersten Teilnehmer; als weitere Lieferanten hat das FHI Händler im Visier, die Waren auch über das Web verkaufen und nach einem effizienten Lieferweg suchen.
Als Kunden kommen nach Berechnungen des FHI die rund fünf Millionen 25- bis 45-Jährigen infrage, die wegen ihrer Arbeitszeit tagsüber keine Pakete annehmen können oder die zu den aktiven Online-Bestellern zählen.
In dem zehn Meter hohen Turm mit vier Metern Durchmesser arbeitet ein IT-gesteuertes, vollautomatisches Lagersystem. "Die Logistik entscheidet über den Erfolg des E-Commerce; das zeigen die vielen gescheiterten Projekte", sagt Thomas Bone, kaufmännischer Leiter FHI. Dabei stellt die Lieferung zum Kunden, die so genannte letzte Meile, eine entscheidende Hürde in der Logistikkette dar. "In bis zu 30 Prozent der Fälle treffen Kurierdienste die Kunden beim ersten Lieferversuch nicht an", sagt Bone. Mit dem Tower entfallen teure Mehrfachfahrten: "Hier beträgt die Erfolgsquote 100 Prozent, weil wir die Waren immer abgeben können", so Markus Gröblinghoff, Geschäftsführer des Kaufhauses Konze.
Abholung 24 Stunden möglich
Zu jeder Tages- und Nachtzeit kann der Kunde Lebensmittel und Artikel des täglichen Bedarfs aus einer Palette von 2800 Produkten auswählen und abholen. Er lässt sich dazu einfach beim Tower 24 registrieren (www.tower24.de), bestellt auf der Website von Konze (www.konze-home-service.de) und gibt als Lieferadresse Tower 24 an. Das Warenhaus stellt dann die Lieferung zusammen und bringt die Box zum Terminal. Der Lieferant meldet sich dort an und legt die Waren ins Eingabefach. Rund 100 dieser Behälter lagert das Regalbediengerät in knapp 20 Minuten auf 16 Ebenen des Turms ein; 550 kleine (60 mal 40 Zentimeter) oder 275 große Boxen finden in den Regalen Platz. Es dauert dann zwischen 10 und 30 Sekunden, bis der Kunde seine Artikel aus dem Ausgabefach nehmen kann. Er fährt dazu mit dem Auto an den Turm heran und loggt sich mit einem Namen und einer PIN (Personal Identity Number) ein, die er mit der Benachrichtigung darüber, dass die Bestellung bereitliegt, per Mail oder SMS erhalten hat.
Im Inneren des Turms steht ein Server mit den Händler-, Kunden- und Sendungsdaten. Im Prinzip würde eine Anbindung an den zentralen Server in Köln ausreichen, doch mit dem dezentralen Lagerverwaltungsrechner kann der Turm bei Verbindungsproblemen selbstständig weiterarbeiten. Der Kölner IT-Dienstleister GUS Group betreibt den zentralen Server und hat die Software dafür entwickelt: ein Lagerverwaltungsprogramm, die Software für Touchscreen- und Kreditkarten-Terminals sowie das Internet-Portal. "Wir haben möglichst viele Standardkomponenten an die Tower-Erfordernisse angepasst. Das kostet weniger und läuft stabiler", sagt Bone.
Ganz ohne eigenen Aufwand können sich aber auch Kurier-, Express- und Paketdienste wie Hermes nicht an den Tower anbinden. So musste Hermes seine Software anpassen, um Aufträge für den Tower von anderen Anfragen zu trennen. Mit jeder Bestellung entsteht ein Datensatz, den der Versanddienst mit Kundendaten und Informationen über die Paketgröße an den Tower leitet. "Der Tower braucht diese Daten, um Plätze für unsere Pakete zu reservieren", sagt Britta Siebken, Projektleiterin bei Hermes. Zuvor muss geprüft werden, ob die bestellte Ware überhaupt in ein Fach passt. "Skier beispielsweise können wir nicht im Tower unterbringen."
Sollten alle Fächer belegt sein, erhält Hermes morgens vor dem Zusammenstellen der Liefertouren per Mail Bescheid. Dann wird das System befragt, ob Kunden Waren zurückgegeben haben, denn auch sie können Pakete am Tower abliefern, falls sie etwas nicht haben wollen. "Wenn Retouren für uns im Tower liegen, nehmen wir sie mit und lagern neue Pakete ein", erklärt Siebken.
Investoren gesucht
Damit ein Terminal profitabel arbeitet, müssen nach Berechnungen von Tower-Miterfinderin Anke Jasper vom FHI rund 40000 Menschen in der Umgebung wohnen. Dann würden durchschnittlich 200 bis 300 Sendungen täglich umgeschlagen. Nach dieser Rechnung könnten in Deutschland etwa 700 Tower aufgestellt werden, wobei viel befahrene Straßen oder Bahnhöfe ideale Standorte darstellen. Doch noch fehlen Investoren; bislang ist der Betreiber des Dortmunder Turms, SSI Schäfer Noell, einziger Geldgeber. "Investoren aus London, Los Angeles und Paris verfolgen den Start sehr interessiert", so Jasper.
Konze-Chef Gröblinghoff sieht die Testphase gelassen. Aus dem Online-Angebot von Konze bestellen Kunden pro Auftrag durchschnittlich Produkte im Wert von 75 Euro. "Wenn nur zehn Kunden pro Tag ihre Waren zum Tower bestellen, erreichen wir in sechs Monaten den Break Even."
Weiterführende Links:
Tower 24 und Beteiligte Tower24
Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik
Hermes Versand Service
Kaufhaus Konze Home Service
GUS Group
SSI-Schäfer-Noell
Weitere Projekte:
DropBox24
Kiala startet im ersten Halbjahr 2003.
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