CRM in allen Schattierungen gilt schon immer als Vorzeigelösung der SaaS-Protagonisten: Mehr als 20 Prozent der Unternehmen setzen nach einer aktuellen Studie der Marktforscher der Aberdeen Group hier schon Mietsoftware ein. Bei den kleinen Unternehmen sind es sogar mehr als ein Drittel. Aber auch in anderen Bereichen der Enterprise-Software sind SaaS-Lösungen auf dem Vormarsch.
Speziell BI-Systeme sowie HR- und Recruitment-Software werden immer häufiger als Mietsoftware eingesetzt. Lediglich ERP-Systeme widersetzen sich nachhaltig diesem Trend: Weniger als fünf Prozent der befragten Unternehmen wollen sich bei der Kernapplikation ihrer Enterprise-IT auf On-demand-Lösungen verlassen.
Die Gründe dafür sind vielfältig und teilweise widersprüchlich. So führen mehr als 50 Prozent der SaaS-Gegner an, dass ein ERP-System für sie von so „grundlegender und strategischer Wichtigkeit“ sei, dass sie es nicht aus dem Haus geben wollen. Ebenfalls mehr als die Hälfte dieser Unternehmen halten Sicherheitsbedenken von einer SaaS-Lösung ab.
Aber während 47 Prozent der Unternehmen, die eine SaaS-Lösung ablehnen, die Kontrolle über den Update-Prozess als Argument für eine Inhouse-Lösung anführen, sind auf der anderen Seite über 50 Prozent der SaaS-Befürworter der Meinung, dass gerade der geringere Aufwand für Updates ein gewichtiger Vorteil von Mietsystemen sei.
Niedriger TCO spricht für SaaS
Ebenso beim Personal: Gut 40 Prozent der SaaS-Protagonisten führen die knappe Personaldecke bei internen IT-Mitarbeitern als Argument für eine SaaS-Lösung an, während es für immerhin Viertel der SaaS-Gegner eine Rolle spielt, dass sie über ausreichend IT-Personalressourcen verfügen und keine Mitarbeiter entlassen wollen.
Für die Saas-Befürworter ist – unabhängig von der Unternehmensgröße – die Kostenersparnis, die sich mit einer Mietsoftware erzielen lässt, die entscheidende Triebfeder. Für gut 80 Prozent ist ein geringerer TCO (Total Cost of Ownership) das wichtigste Kriterium. Dabei spielen die geringen Kosten für die Implementation nur für die Hälfte der Unternehmen eine zentrale Rolle.
„Am häufigsten nennen SaaS-Befürworter den niedrigeren TCO. Sie sollten dabei aber nicht aus Augen verlieren, dass gleichzeitig die Einstiegskosten sinken und diese als Betriebskosten verbucht werden können, ohne dass Kapital investiert werden muss“, schreibt Studienautorin Cindy Jutras, Vice President Research bei der Aberdeen Group.
Ihre Ergebnisse stützt sie auf den seit dem Jahre 2007 jährlich durchgeführten ERP-Survey unter 840 Unternehmen sowie des vierteljährlichen Aberdeen Business Review zu aktuellen Technologietrends, für den 1200 Unternehmen befragt werden. In der ersten Erhebung vor drei Jahren hatte Jutras ERP als „letzte Bastion“ bezeichnet, die sich dem SaaS-Trend hartnäckig widersetzt – und auch heute ist nach ihrer Einschätzung mit einem raschen Umdenken nicht zu rechnen.
So hat nach den Daten der Studie im letzten Jahr die Bereitschaft, ERP als Mietsystem einzusetzen, sogar abgenommen. Danach bevorzugt die überwältigende Mehrheit der Firmen (80 Prozent) den traditionellen Ansatz als Lizenzsoftware auf eigenen Servern. Lediglich ein knappes Viertel der Befragten kann sich vorstellen, ihre Unternehmenskernapplikation als SaaS-Lösung zu betreiben.
Dabei hängt diese Einstellung nur in geringem Maße von der Unternehmensgröße ab. Dieses Ergebnis des ERP-Surveys steht in gewisser Weise im Gegensatz zum Business Review: Hier zeigt sich ein klarer Trend, dass kleinere Unternehmen (nach Aberdeen-Definition bis 50 Millionen Dollar Umsatz) in merklich höherem Maße Business-Applikation im SaaS-Modell nutzen. Hervorstechend ist der hohe Einsatzgrad von CRM-Systemen, die bei Unternehmen aller Größen am beliebtesten sind.
Immerhin fast jedes zehnte der kleineren Unternehmen betreibt bereits sein ERP-System als SaaS. Bei den mittelständischen Betrieben (Umsatz zwischen 50 Millionen und einer Milliarde Dollar) ist es nur jedes hundertste und bei Großunternehmen (Umsatz mehr als eine Milliarde Dollar) haben drei Prozent ERP-Mietsoftware im Einsatz.
Trotzdem sieht die Aberdeen-Analystin mittel- bis langfristig auch im ERP-Bereich eine Trendwende kommen. Es handele sich nicht zuletzt um eine Variation des Henne-Ei-Problems: Gibt es so wenig SaaS-ERP-Installationen, weil Leistungsfähigkeit und Anzahl der angebotenen Systeme so begrenzt ist, oder liegt der Grund für das (im Vergleich zur Lizenzsoftware) begrenzte Angebot darin, dass es zuwenig Nachfrage nach SaaS-Lösungen ERP gibt?
Neun SaaS-Anbieter für ERP
In jüngster Zeit aber habe das Angebot an SaaS-Lösungen auch nach der Anzahl der Anbieter um 50 Prozent zugenommen. In ihrer speziell auf den amerikanischen Markt zugeschnittenen Liste führt Jutras jetzt neun Anbieter auf, die ERP-Systeme im SaaS-Modell anbieten: Activant, Epicor 9, Everest-Software, Glovia On Demand, Infor Syteline, NetSuite, Plex System, QAD und SAP by Design). Im Jahre zuvor waren es nur sechs Anbieter.
Kontrollverlust befürchtet
„Es ist vor allem wichtig zu verstehen, dass es sich bei SaaS nicht um eine neue Software-Kategorie handelt, sondern lediglich um eine andere Betriebsart“, schreibt Jutras. Selbst Unternehmen, die ERP als zu „strategisch“ einschätzen und nicht die Kontrolle verlieren wollen, sollten sehr genau die aktuellen SaaS-Angebote prüfen. Es gäbe heute mehr Angebote als je zuvor, mit vollkommen unterschiedlichen Konfigurations-, Anpassungs- und Upgrade-Optionen.
Und auch in punkto Sicherheit tritt die Aberdeen-Analystin den verbreiteten Bedenken entgegen: “In Sicherheitsfragen steht für die SaaS-Anbieter nicht nur der geschäftliche Erfolg, sondern ihre nackte Existenz auf dem Spiel. Sie sind im Regelfall besser ausgerüstet, sensible Kundendaten zu schützen, als die meisten Unternehmen mit ihrer Inhouse-IT.“