8 statt 100 Dienstleister

Die Multi-Sourcing-Strategie der Allianz

26.03.2012 von Christoph Witte
Der CIO der Allianz hat zusammen mit dem Einkauf ein globales Multi-Sourcing für Anwendungsentwicklung und Wartung eingeführt. Statt Hunderte von Anbietern beauftragt der Versicherer jetzt nur noch acht. Das Verfahren soll auf weitere IT-Bereiche ausgeweitet werden.
Ralf Schneider, CIO der Allianz-Gruppe: "IT-ler sind entgegen ihrer Selbsteinschätzung meistens keine guten Verhandler, und Einkäufer sind keine IT-Spezialisten."
Foto: Allianz

Ralf Schneider würde gerne einkaufen wie Autobauer oder Lebensmittel-Discounter: "Die bekommen so attraktive Konditionen, weil sie jederzeit ihre Waren woanders kaufen können - und das auch rigoros tun", schwärmt der CIO der Allianz-Gruppe, der weltweit Gleiches durchsetzen will. Nur anders als bei Kotflügeln oder Nudeln ist es in der IT sehr viel schwieriger, den Hersteller zu wechseln. "Gemessen am zentralen Einkauf der Automobilhersteller oder der Discounter stehen wir noch ganz am Anfang der Entwicklung", räumt der CIO ein, der gleichzeitig Vorstandsmitglied der Shared Service Organisation des Versicherers ist, der Allianz Managed Operations & Services SE (AMOS).

Immerhin, erste Erfolge liegen vor: "Durch unseren Multi-Sourcing-Ansatz, den wir bisher nur im Bereich Anwendungsentwicklung und Wartung durchgehend realisiert haben, sparen die Allianz-Gesellschaften weltweit jährlich einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag ein", erläutert Peter Burri, Leiter Global IT Sourcing & Procurement. Multi-Sourcing bedeutet dabei, den auf mehrere hundert Dienstleister angewachsenen Supplier-Pool auf acht feste Lieferanten zu reduzieren und ihre Zusammenarbeit bestmöglich zu koordinieren. In der Bündelung dieser Volumina steckt, wie man an den Angaben von Burri erkennt, enormes Potenzial.

Aufgrund des Erfolgs, den die bisher ausgehandelten globalen Rahmenverträge und die Benennung der global tätigen IT-Dienstleister gebracht haben, ist das Verfahren seit Anfang dieses Jahres auch auf den Bereich IT-Infrastruktur ausgedehnt worden.

Die Top 10 CIOs der Versicherungsbranche
INTER Versicherungsgruppe
Roberto Svenda ist seit 1. Juli 2023 Vorstandssprecher der INTER Versicherungsgruppe und zuständig für das IT-Ressort.
AachenMünchener
Seit Juni 2014 verantwortet Helmut Gaul die Ressorts Betrieb und IT im Vorstand der AachenMünchener. Er kennt das Haus: schon 1984, kurz nach Abschluss des Betriebswirtschaftsstudiums an der Fachhochschule Köln, kam er zu der Aachener Versicherung. Dazwischen lag lediglich ein Jahr im Außendienst der Colonia Versicherung.
Talanx
Jens Warkentin ist seit Januar 2023 Talanx-CIO. Der Talanx-Finanzvorstand übernahm die Aufgaben von Christopher Lohmann.
ERGO Deutschland
Mario Krause ist seit Anfang 2019 CIO der deutschen IT-Einheiten von ERGO und Vorsitzender der Geschäftsführung der ERGO-IT-Tochter Itergo. Er war zuvor im Vorstand des Versicherungskonzerns Talanx AG in Hannover für IT zuständig und zugleich Vorstandsvorsitzender des IT-Dienstleisters Talanx Systeme.
Helvetia Deutschland
Seit August 2020 ist Andrea Sturmfels als CIO für das Ressort Informatik von Helvetia Deutschland verantwortlich.
ERGO Global
Tomasz Smaczny ist seit Anfang 2019 Vorstandsvorsitzender der Ergo Technology & Services Management und Global CIO für die gesamte IT bei Ergo. Smaczny ist zudem Vorsitzender des Aufsichtsrats der IT-Tochter Itergo.
Allianz SE
Seit 1. November 2023 hat der Versicherungskonzern Allianz mit Olav Spiegel einen neuen Group Chief Information Officer an Bord. Er folgt auf Ralf Schneider.
AXA Deutschland
Der neue IT-Chef der AXA Deutschland kommt aus den eigenen Reihen. Achim Dahlbokum agiert ab September 2023 als CIO des Versicherers. Der bisherige CIO der AXA Versicherung in Deutschland, Stefan Lemke, verlässt das Unternehmen zum 31. August 2023.
Wüstenrot & Württembergische
Seit Juli 2012 ist Jens Wieland IT-Vorstand der Wüstenrot & Württembergische AG. Gleichzeitig gehört er der Geschäftsführung der W&W Informatik GmbH an, der IT-Tochter der Versicherungsgruppe. Zuvor war Wieland fünf Jahre lang im Vorstand der AXA für das IT-Ressort zuständig.
Zurich Gruppe Deutschland
Seit Januar 2021 ist Jens Becker Head of IT der Zurich Gruppe Deutschland. Er folgte auf Dorothée Appel.
Signal Iduna
Stefan Lemke, CIO von Axa Deutschland, wechselt zum 1. Januar 2024 als IT-Vorstand zur Signal Iduna Gruppe
Debeka
Die Debeka hat eine neue IT-Vorständin. Laura Müller steigt intern auf und folgt auf Roland Weber, der das Unternehmen verlässt.
Alte Leipziger
Seit Januar 2018 ist Udo Wilcsek stellvertretendes Vorstandsmitglied im Alte Leipziger – Hallesche Konzern und für die IT zuständig. Davor war er – seit 2014 – Leiter des konzernweiten Zentralbereichs Betriebsorganisation.
VHV Versicherung
Seit Januar 2022 ist Arndt Bickhoff Generalbevollmächtigter für den Bereich IT bei der VHV Holding.
Sparkassen Versicherung
Der promovierte Mathematiker Thorsten Wittmann übernahm im Januar 2016 die Leitung des Ressorts Leben und IT der SV Sparkassen Versicherung (SV). Dazu gehört auch die IT-Tochter SV Informatik.
Hannover Rück
Jürgen Stoffel ist seit Januar 2013 Managing Director IT/ Group CIO der Hannover Rück SE. Der Diplom-Mathematiker Stoffel war vor seinem Wechsel zur Hannover Rück fünf Monate lang Associate Partner bei IBM IT Management Consulting, arbeitete zwei Jahre lang als Head of Consulting & Projects bei ITERGO und war 13 Jahre beim IT-Beratungsunternehmen Comma Soft AG unter anderem Mitglied der Geschäftsleitung.
Generali Deutschland
Rainer Sommer übernahm im Mai 2015 als Vorstand der Generali Deutschland Holding die Aufgaben als COO und CIO. Außerdem wurde er Vorsitzender der Geschäftsführung der IT-Tochter Generali Deutschland Informatik Services GmbH.
HUK-Coburg
Daniel Thomas hat seit 2016 die Aufgaben Betriebsorganisation und IT von Jörn Sandig übernommen, der Ende 2015 nach Auslaufen seines Vertrages in den Ruhestand ging.
Swiss Life Deutschland
Beim Versicherungsunternehmen Swiss Life Deutschland hat Tobias Herwig zum 1. März 2023 die Position des Chief Technology Officer übernommen.
VPV Versicherungen
Jürgen Reinsch ist seit Juli 2010 CIO der VPV Versicherungen in Stuttgart. Seit Januar 2018 ist er CDO und CIO. Vor seinem Wechsel zu VPV war Reinsch zwölf Jahre lang in verschiedenen Führungspositionen in der W&W Gruppe. Davor arbeitete er in zwei Systemhäusern und als freiberuflicher Berater.
Gothaer
Seit Juni 2016 ist Burkhard Oppenberg Geschäftsführer der Gothaer Systems GmbH, dem IT-Dienstleister im Gothaer Konzern, und CIO des Gothaer Konzerns. Er trat die Nachfolge von Volkmar Weckesser an.
R+V Holding
Mitte Juni 2018 ist Tillmann Lukosch in den R+V-Holdingvorstand berufen worden. Er übernahm die Verantwortung für das Zentralressort Informationssysteme sowie für die digitale Transformation. Lukosch ist Nachfolger von Peter Weiler, der in den Ruhestand ging.
Munich Re
Robin Johnson übernahm im April 2017 in Nachfolge von Rainer Janßen die Leitung des Zentralbereichs Information Technology bei der Munich Re. Johnson war vor seinem Wechsel zu Maersk von 2008 bis 2012 Global CIO beim US-Computerhersteller Dell.
LVM
Marcus Loskant ist seit dem 1. Juli 2019 Mitglied des Vorstands der LVM Versicherung und verantwortlich für das IT Ressort. Dieses beinhaltet die Vorstandsmandate der LVM a.G., LVM Kranken, LVM Leben und LVM Pension - also aller LVM Versicherungen. Zuvor war er Generalbevollmächtiger für das IT-Ressort der LVM Versicherung.
Baloise Group
Der promovierte Umweltwissenschaftler Alexander Bockelmann ist seit Februar 2019 Chief IT Officer (CTO) der Schweizer Baloise Group in Basel. Bockelmann kam von der österreichischen Versicherung Uniqua. Nach beruflichen Stationen bei der Boston Consulting Group und bei Versicherungsunternehmen in Deutschland und den USA wurde er 2013 Head of Group IT bei Uniqua. Seit Mitte 2016 war er dort Chief Digital Officer.
Provinzial Rheinland
Patric Fedlmeier ist seit Januar 2018 Vorstandsvorsitzender des Konzerns Provinzial Rheinland. Er ist seit 2009 im Vorstand, zuletzt als stellvertretender Vorstandsvorsitzender für die Ressorts Vertrieb und IT zuständig. Diese Aufgaben behält er.
Mobiliar
Thomas Kühne ist seit Januar 2019 Leiter IT und Mitglied der Geschäftsleitung beim Allversicherer Mobiliar in Bern in der Schweiz. Er war davor IT-Leiter bei Zurich Deutschland. Der Informatiker hatte diese Aufgabe im Dezember 2017 übernommen. Zuvor verantwortete er seit 2016 als Bereichsleiter Enterprise Transformation and Services bei der Zurich Gruppe Deutschland alle Shared Services sowie Betriebsorganisation, Real Estate, Einkauf und das Druckzentrum. Seit 2017 war er zugleich auch COO des Direktversicherers der Gruppe DA Direkt.
Viridium
Martin Setzer ist seit April 2018 CIO und Mitglied des Vorstands der Viridium Gruppe. Setzer war davor bis Mitte 2017 Mitglied des Vorstands und COO der Landesbank Baden-Württemberg. Im Anschluss beriet er Unternehmen im Bereich der Digitalen Transformation und übernahm Mandate in Start-ups der Finanzindustrie (Fintechs).
HDI Global SE
Die IT und den Bereich Operations im Vorstand der HDI Global SE führt seit Juli 2018 Thomas Kuhnt. Kuhnt kam von der Unternehmensberatung McKinsey & Company.
HDI Lebensversicherungs AG
Zum 1. März 2021 wechselte Dirk Böhme vom IT-Beratungshaus Silbury in den Vorstand der HDI Lebensversicherungs AG. Zugleich wird er Vorstandsmitglied der HDI Systeme AG, dem IT-Dienstleister der Talanx-Gruppe.
Zurich
Seit Frühjahr 2012 verantwortet Claudia Dill als COO (Chief Operation Officer) die IT der Sparte General Insurance beim Schweizer Konzern Zurich. Sie berichtet an Kristof Terryn, den obersten IT-Entscheider des Konzerns.
BayDit AG
Die Versicherungsgruppe die Bayerische bündelt seit Januar 2019 in der "die Bayerische Digital AG" (BayDit AG) ihre digitalen Aktivitäten. Das Unternehmen wird von einer Doppelspitze geführt: Der Vorstand besteht aus Michael Brand (l.) und Thomas Wolf. Michael Brand ist Diplom-Informatiker mit Schwerpunkt Software-Engineering und seit 1990 in der Versicherungs-IT tätig. Seit 2007 ist er Geschäftsführer der Bayerischen IT GmbH. Thomas Wolf, Diplom-Ingenieur Elektrotechnik, war von 2002 bis Oktober 2018 Vorstand der iS2 Intelligent Solution Services AG.
Süddeutsche Krankenversicherung (SDK)
Ralf Oestereich wurde im April 2019 IT-Vorstand der Süddeutsche Krankenversicherung a. G (SDK). Er ist als Vorstand für Informationstechnik für die Bereiche IT-Anwendungsentwicklung und IT-Betrieb sowie die Betriebsorganisation zuständig.

Die Unternehmensdaten der Allianz SE

Unternehmen

Allianz SE

Hauptsitz

München

Umsatz

106.451 Millionen Euro (für 2010)

Mitarbeiter

149.436

IT-Kennzahlen

IT-Mitarbeiter

circa 10.000 weltweit (21.07.2011)

IT-Budget

circa 2,3 Milliarden Euro weltweit (2010)

CIO

Ralf Schneider

IT-Benutzer

241.000

Die vier strategischen Plattformen

Peter Burri Leiter Global IT Sourcing & Procurement, Allianz: "Die Entscheidung, sie als Multi-Sourcer bei uns zu listen, ist praktisch nur die Eintrittskarte."
Foto: Allianz

Heute ist die Applikationsvielfalt der Allianz jedenfalls auf vier strategische Business-Plattformen reduziert. Im Bereich Kernversicherungssysteme und Customer Interaction setzt die Versicherungsgruppe auf drei selbst entwickelte Applikationen: ABS für Europa, Opus für Asien sowie ePac für die iberischen Länder und Südamerika. Die Portale für die Kundenkommunikation basieren auf Open-Source-Software. Im Bereich ERP & Finance setzt man im Wesentlichen auf die SAP-Plattform, und das Thema Business Intelligence (BI) bearbeitet die Allianz mit der Plattform des amerikanischen Anbieters SAS. Außer den gesetzten Plattformanbietern SAP und SAS haben IT und zentraler Einkauf weitere sechs global agierende IT-Dienstleister als Lieferanten im Bereich Anwendungsentwicklung und Wartung gelistet.

Für den Bereich Kernversicherungssysteme sind das neben Accenture und Capgemini die beiden in Indien beheimateten Lieferanten Hindustan Computer Limited (HCL) und Tata Consultancy Services (TCS). Im Aufgabengebiet ERP & Finance verlässt sich die Allianz auf Accenture, Ciber, IBM und für Spezialbereiche SAP. Um das Thema BI kümmern sich als strategische Partner Accenture, Capgemini, TCS und der Plattformanbieter SAS, auch hier wiederum für spezielle Bereiche. Um jedoch auch genügend IT- und Implementierungs-Know-how im eigenen Haus zu behalten, schreiben die hausinternen Multi-Sourcing-Regeln vor, dass künftig 20 Prozent jedes fremdgesourcten Projekts vom internen Dienstleister der Allianz in Indien geleistet werden.

Schneider und Burri ergänzen sich in ihrem Treiben offensichtlich gut. Während Schneider mit Organisationstalent und Durchsetzungsvermögen die IT-Strategie entwickelt und ihre globale Umsetzung und Einhaltung sicherstellt, versteckt der gelernte IT-ler Burri sein Einkaufs-Know-how hinter gut sitzender schweizerischer Verbindlichkeit. Man kann sich gut vorstellen, dass die beiden jeden noch so ausgekochten Vertriebsverantwortlichen ins Schwitzen bringen. Diesen kombinierten Vendor-Schreck hat die Allianz zum Programm erhoben. Durch den Schulterschluss zwischen IT und zentralem Einkauf kann sie den Wunsch der Tochtergesellschaften auf Qualität zu angemessenen Preisen besser durchsetzen.

Dabei hilft ihr die enorme Einkaufsmacht. Die Versicherungsgruppe hat im Jahr 2010 rund 2,3 Milliarden Euro für IT ausgegeben. Die 250 operativen Einheiten verfolgen eine einheitliche Strategie: „Wir haben uns vorgenommen, die bestmöglichen Economies of Scale, Skill and Scope zu heben“, postuliert Schneider und pocht auf Professionalität, Disziplin und Komplexitätsreduktion.

Die acht strategischen Partner der Allianz.
Foto: cio.de

Der IT-Einkauf überlässt dabei nichts dem Zufall. Die Allianz hat 3500 verschiedene Preispunkte festgelegt, die obendrein für jedes Land voneinander abweichen können. In der Ukraine zum Beispiel schlägt die Programmierstunde anders zu Buche als in Österreich. Rahmenverträge mit Multi-Sourcern und Plattformanbietern weisen Preisobergrenzen, aber keine garantierten Abnahmevolumina auf.

Bei Projektausschreibungen werden die gelisteten Lieferanten gebeten, dezidierte Kostenvoranschläge einzureichen. "Die Entscheidung, sie als Multisourcer bei uns zu listen, ist praktisch nur die Eintrittskarte für das konkrete Bietverfahren. Deshalb haben wir auch pro Domäne vier Lieferanten", berichtet Burri. Das einheitliche Dienstleistungsportfolio hat einen weiteren Vorteil: "Wenn wir beispielsweise von einem Business-Architekten sprechen, dann meint die gesamte Allianz Welt inklusive ihrer Zulieferer das Gleiche." Einheitlichkeit auf dieser Ebene erleichtert den Wechsel von einem Provider zum anderen, bestätigt Schneider.

SAP und SAS schwer auszutauschen

Die Allianz-Töchter in den rund 70 Ländern kontrollieren ihre Lieferanten über Ratecards. Einem ähnlichen Controlling werden die externen Mitarbeiter unterzogen. Unter dem Punkt "Thought Leadership" bewerten die Verantwortlichen, ob ein Projekt vom Dienstleister ausreichend mit erfahrenen Experten besetzt ist. Minutiös ausgearbeitete Rahmenverträge enthalten alle notwendigen Regeln und rechtlichen Vorgaben. "Der Aufwand dafür ist gerechtfertigt, wenn das Unternehmen die Möglichkeit eines Anbieterwechsels jederzeit aufrechterhalten kann", erläutert Schneider. Verliere ein Unternehmen die Fähigkeit zu wechseln, gerate es automatisch in eine schlechtere Verhandlungsposition.

Bei den Plattformanbietern SAP und SAS kann die Allianz nicht ohne Weiteres wechseln. Aber selbst da lässt sich Schneider nicht einschüchtern: "Wenn wir langfristig mit einem Anbieter kooperieren, dann muss er uns auch einiges bieten. Wir machen auch deutlich, dass wir uns als Kunde die Möglichkeit zum Wechsel nicht nehmen lassen." Zuletzt hat das IBM getroffen. Die Allianz habe beschlossen, vom Mainframe unabhängiger zu werden und gleichzeitig Mainframes unter Linux laufen zu lassen. "Beide Entscheidungen haben unsere Position in Verhandlungen zum Beispiel mit IBM sicherlich nicht geschwächt", sagt Schneider.

Services nicht einheitlich definiert

Bei Dienstleistern ist der Wechsel zwar prinzipiell einfacher, setzt aber standardisierte Services voraus, Transparenz über die Leistungserbringung, eine einheitliche Sprache und eine genaue Dokumentation. Erst nachdem diese Hausaufgaben erledigt waren - das nahm rund acht Monate in Anspruch -, waren IT und zentraler IT-Einkauf auf Augenhöhe mit den Lieferanten. "Beide Seiten müssen sich umstellen", ist Schneider überzeugt. Noch vermisst der CIO bei seinen Vendoren die gleiche globale Durchgängigkeit wie in seiner Organisation. So gebe es in den verschiedenen Landesorganisationen noch unterschiedliche Aussagen zu den gleichen Anfragen, und auch die Profit- und Loss-Verantwortung für die verschiedenen Projekte sei nicht immer transparent. "Im Prinzip müssen die sich genauso global aufstellen wie wir, aber hier sind wir auf gutem Weg."

Die Vendoren stellen nur eine Seite der Gleichung dar, die andere Seite bilden die Organisationseinheiten der Allianz, die internen, nationalen Kunden der globalen IT. Sie kauften früher unabhängig IT-Dienstleistungen und -Produkte ein. Das habe in der Gruppe etwa zu 80 unterschiedlichen Mail-Systemen geführt, berichtet Schneider schaudernd.

Heute arbeiten mindestens 90 Prozent der Mitarbeiter mit einem einheitlichen System. Zwar verlieren die Organisationseinheiten ein Stück Entscheidungsfreiheit, dafür gewinnen sie aber durch das seit 2009 eingeführte Multi-Sourcing-Verfahren etliche Vorteile. "Für sie wird IT billiger und einfacher", behauptet Schneider. Außerdem lasteten auf den lokalen Einheiten verschiedene Herausforderungen, denen mit Unterstützung der globalen IT und des zentralen Einkaufs besser begegnet werden kann.

"Das Versicherungsgeschäft ist lokal, aber die dafür notwendige Infrastruktur und Plattformen müssen global ausgerichtet sein, sonst können wir unseren Effizienz- und Kostenzielen nicht gerecht werden", betont Schneider. Auch den wachsenden Anforderungen hinsichtlich Verfügbarkeit, Qualität und Sicherheit müsse man auf lokaler Ebene effektiv gerecht werden. Um die niedrigeren Kosten für die Organisationseinheiten transparent zu machen, wird für jedes Migrationsprojekt ein Business-Case gerechnet. Danach müssen sich die Kosten für die Organisationseinheiten innerhalb von fünf Jahren durch gesunkene Betriebskosten amortisieren.

Dem Gespann Schneider und Burri zufolge wird ihr Konzept auf weitere IT-Bereiche ausgedehnt. Mit dem Sektor Infrastruktur wurde bereits begonnen, andere IT-Gewerke werden folgen. Schneider und Burri jedenfalls sind felsenfest entschlossen, für Augenhöhe zwischen IT-Lieferanten und Anwenderunternehmen zu sorgen. Vielleicht wird ja Schneiders Vision vom IT-Einkauf à la Autoindustrie schon früher Realität, als den IT-Dienstleistern lieb ist.