IT-Support-Hotline

Die nervigsten Anrufer

27.12.2017 von Mary K. Pratt
Trotz zunehmenden technischen Allgemeinkenntnissen ist sie bei Problemfällen die erste Anlaufstelle: Die Hilfe-Hotline der IT. Wir werfen einen Blick auf all die Probleme, mit denen sich der Helpdesk herumschlagen muss.

Die Anrufe bei Hilfe-Hotlines von IT- und Software-Firmen - auch "Helpdesk" oder "IT-Support" genannt - werden immer mehr. Denn trotz wachsendem Technik-Verständnis in der Bevölkerung verlassen sich immer mehr Nutzer auf die Hilfe vom heißen Draht. HDI, die IT-Service- und Technische-Hilfe-Vereinigung der USA, führt in ihrem Report auf, dass 68 Prozent aller Hilfe-Hotlines einen deutlichen Anstieg der Zahl der Anrufer im Jahr 2011 verzeichneten.

Was diese Statistik nicht preisgibt ist indes die Zahl der Anrufe, die einfach irgendwie besser laufen könnten. Ja, all Ihr Helpdesk-Mitarbeiter, ihr wisst, wovon wir sprechen: diese penetranten Anrufe wegen nichts und wieder nichts, obwohl die wirklich wichtigen Probleme doch schon lang in der Leitung warten.

"Belanglose Anrufe komplett zu vermeiden, das wird niemals möglich sein. Deshalb ist es das Ziel, so viele von ihnen wie möglich aufzuhalten. Denn es kostet extrem viel Geld, solche Anrufe abzuwickeln", erklärt Craig Baxter, der Verwaltungs-Direktor von HDI. Um die Experten bei ihrem Vorhaben zu unterstützen, hat PC Welt mit ihnen zusammen eine Liste mit den verhasstesten Anruftypen erstellt. Merken Sie sie sich unsere Tipps also gut, bevor Sie das nächste Mal in der Firma zum Hörer greifen, wenn ein Kunde anruft ...

Support-Anruf: Passwort zurücksetzen

Das Ergebnis einer HDI-Befragung von 339 Helpdesk-Mitarbeitern: rund ein Drittel aller Hotlines verbucht 30% aller Anrufe unter "Ich habe mein Passwort vergessen, bitte setzen Sie es zurück" - trotz der Tatsache, dass 69% aller Dienstleister dem Anwender auch ohne einen Anruf erlauben, sein Passwort wenigstens ein Mal zurückzusetzen. Eine Erfahrung, die auch Ken Hayes, Direktor für Service-Verbesserungen bei Technisource Inc., teilt. Er erinnert sich gar an einen Kunden, der bei knapp einem Viertel aller Anrufe nur um die Zurücksetzung seines Passworts gebeten hat - obwohl der Konzern eine vom Kunden selbst bedienbare Option dafür anbot.

"Das Problem besteht - wie so oft - eher darin, den Nutzer dazu zu bringen, sich selbst zu helfen", witzelt Hayes. "Helpdesks tun in aller Regel einfach nicht genug dafür, ihre Kunden zu erziehen. Ihnen zu zeigen, dass es auch Selbsthilfe-Optionen gibt. Oder sie verkomplizieren diese zu sehr. Denn der Kunde sucht immer nach dem Lösungsweg mit dem geringsten Widerstand", sagt Hayes. "Wenn der Griff zum Telefon die einfachste Methode für ihn ist, wird er genau diese und keine andere wählen."

Um die Anzahl an Passwort-zurücksetzen-Anrufen zu minimieren, arbeitete Hayes mit den Kunden zusammen, um die automatische Reset-Funktion stärker zu bewerben. Zudem erinnerte er seine Mitarbeiter daran, Anrufer - höflich, natürlich - auf die Reset-Funktion hinzuweisen und sie als die bessere Option anzupreisen. Das Ergebnis: Immerhin ein Rückgang von knapp 10% bei den Passwort-zurücksetzen-Anrufen. Andere Helpdesk-Betreiber setzen indes auf automatische Antworten vom Band, wenn mal wieder ein Anrufer "ein Problem mit dem Passwort hat".

Support-Anruf: So einfach ist Office

Wie formatiere ich meine Excel-Tabelle? Wie verändere ich die Schriftart in Word? Sie werden es nicht glauben, aber absolut jede Hilfe-Hotline sieht sich mit solchen Anrufern konfrontiert, die tatsächliche Hilfestellung mit Training in den Basis-Funktionen eines Programms verwechseln. "Das Problem ist, dass diese belanglosen, Programm-spezifischen Fragen die ausgebildeten IT-Mitarbeiter am anderen Ende der Leitung von den wirklich wichtigen und kritischen Fragen anderer Anrufer fernhalten", sagt Hayes.

Hayes Firma arbeitete zusammen mit dem Helpdesk eines Versicherungskonzerns, von dessen 400 täglichen Anrufen 5% bis 10% Fragen oben genannter Art waren. Seine Lösung: Eine Bildungs-Kampagne, um den Anwendern die Grundlagen bestimmter Programme beizubringen. Durch Hilfezettel und eine von der IT-Abteilung erstellte Selbsthilfe-Webseite konnten die Mitarbeiter schnell und selbstständig Antworten auf ihre Fragen finden. 80% aller Grundlagen-Fragen am Telefon konnten so eliminiert werden. Um den Erfolg aufrecht zu erhalten, gibt der Helpdesk nunmehr vierteljährlich eine Sammlung von Tipps und Tricks zu den am häufigsten gestellten Fragen heraus.

Support-Anruf: Wie war das mit dem Trouble Ticket ...?

Der Helpdesk von Franciscan Alliance Inc., eine Gesundheitsorganisation in Mishawaka im US-Staat Indiana, misst 24 mal 7 Meter, an denen 17 Mitarbeiter sitzen und rund 20.000 Nutzer betreuen. Monatlich verzeichnet die Hotline rund 8.000 Anrufe. Dan Lafever, Manager der IT-Service-Qualität, sagt, ihm sei aufgefallen, dass mehr als 700 sogenannter "Trouble Tickets" benutzt würden, nur um wegen einer Angelegenheit nochmals nachzufragen. Getreu dem Motto "Gibt's schon was Neues?". Zur Information: Als "Tickets" versteht man in der IT die elektronische Form einer Anfrage. Daten des Anfragenden und seine Probleme (daher "Trouble Ticket") werden gespeichert und analysiert, um sie so einer ganz bestimmten Abteilung oder Person zuzuweisen.

Android-App: Pocket I.D. Mobile Helpdesk im Test

Dabei verfügt Franciscan Alliance Inc. sogar über ein Selbsthilfe-Portal, in dem die Mitarbeiter den Bearbeitungsstatus ihres Anliegens eigenständig einsehen können. Allerdings benötigt es über 17 Tastenanschläge, vier Mausklicks und vier Bildschirmfenster, um sich den Statusreport anzeigen zu lassen ... "Kein Wunder, dass die Leute da lieber schnell den Helpdesk anrufen", scherzt Lafever.

Lafevers Team entwickelte daraufhin einen einfacheren Weg für die Angestellten, den Status ihrer Anfrage einzusehen. Anfang Februar startete das Team ein neues Portal mit Echtzeit-Informationen über jede Anfrage, die beim Helpdesk eingegangen ist. Sobald sich ein Mitarbeiter des Helpdesks einem Problem annimmt, bekommt der Antragsteller eine E-Mail mit einem Link zum Bearbeitungsstatus, dem Bearbeiter und sämtlichen, eventuell vorhandenen Notizen.

Lafever startete im März zudem eine Marketing-Kampagne, um den Mitarbeitern die Nutzung des neuen Portals schmackhaft zu machen. Für eine statistische Messung, inwieweit das neue System dem Helpdesk seine Arbeit erleichtert, sei es aber noch zu früh. Nutzerkommentare seien bislang aber durchweg positiv gewesen.

Support-Anruf: Tolle neue Technik!!!

Margie Meyers, Supportdienst-Managerin bei Hubbell Inc., einem Elektronik-Hersteller in Shelton, Connecticut, verzeichnete regelmäßig eine schiere Flutwelle an Anrufen, wann immer die IT-Abteilung ihrer Firma neue Programme veröffentlichte. Als vor einigen Jahren ein neues, internes Bereitstellungsantrags-Programm für über 500 Beschäftigte startete, erwartete sie ebenfalls glühende Leitungen. Basierend auf früheren Erfahrungen hatte sie bereits eine ungefähre Vorstellung davon, welche Anrufe sie erreichen würden: "Ich weiß nicht, was ich hier tue", "Ich kann keine Dokumente anhängen", "Ich kann mich nicht einloggen"...

Meyers war klar, dass es einen besseren Weg geben müsse. Aus diesem Grund machte sie sich für eine aggressivere Form der Nutzer-Bildung stark, noch bevor das neue Programm veröffentlicht wurde. Sie verbrachte zehn Stunden ihrer Freizeit damit, eine Trainings-Sitzung zu erarbeiten. "Ich wusste, wenn wir unsere Mitarbeiter ordentlich vorbereiten und trainieren, würden mein Team und mich weniger Anrufe erreichen", sagt sie. Ihre Investition hat sich gelohnt: Statt 300 und mehr Anrufe in den Wochen nach Einführung des neuen Programms, erreichten den Helpdesk lediglich 25.

Michael Little, Leiter des IT-Supports beim Columbus State Community College in Ohio, sah sich schon ähnlichen Situationen gegenüber. Er fand heraus, dass neu Eingestellte ebenso wie Mitarbeiter mit plötzlich verändertem Arbeitsgebiet und Themenbereich besonders häufig den Helpdesk frequentieren, weil sie an der Bedienung neuer Programme scheiterten.

"Wir haben uns ständig nur wiederholt", sagt Little. Um der Situation entgegen zu wirken, arbeitete er mit einem IT-Team zusammen, um eine Webseite zu entwickeln, auf der sich Mitarbeiter anmelden und mit bestimmten Programmen trainieren können. Das Ergebnis: Die Anrufe beim Helpdesk sanken innerhalb einer Woche von knapp 50 auf nahezu Null. "Und wenn wir doch mal Anrufe erhielten, brauchten wir enorm weniger Zeit, sie zu beantworten, weil wir die meisten Anliegen direkt auf die neue Webseite dirigieren konnten", erklärt Little. (PC-Welt)