Fraunhofer-Studie zu Social Media

Die Polizei arbeitet mit Twitter

26.04.2011 von Johannes Klostermeier
Das Forschungsprojekt „Composite“ untersucht, ob und wie organisatorische und kulturelle Aspekte die Erfolgswahrscheinlichkeit von Veränderungsprozessen in Polizeiorganisationen beeinflussen. Dabei geht es auch um Facebook, Twitter und Co.
Foto: twitter

Eine Studie des Projekts "Composite" - Comparative Police Studies in the EU - sieht im Einsatz von Social Media eine zentrale Herausforderung für europäische Polizeiorganisationen. So haben den Angaben zufolge Gesuche zur Mithilfe bei Fahndungen über Twitter in der Vergangenheit bereits Erfolge erzielt. Das teilte das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT mit.

Im Mittelpunkt der Polizeien der Länder stehen Überlegungen, wie solche Systeme eingesetzt werden können, um die Öffentlichkeit einzubinden, den Nutzen Polizeiaktionen transparenter zu machen und das Vertrauen in die eigene Arbeit zu erhöhen. Social Media erlaube lokale Angebote und könne eine enge vertrauensvolle Verbindung zwischen Bürgern und Polizeien herstellen, heißt es. In Großbritannien seien Tests mit Twitter positiv und mit großem Interesse aufgenommen worden.

„Social Media, so zeigt unsere Studie, wird besonders in den Niederlanden und Großbritannien bereits aktiv genutzt. Alle Länder sehen Social Media aber als zentrale Herausforderung der Zukunft und glauben, dass solche Werkzeuge die Polizeiarbeit nachhaltig verändern werden", sagte Sebastian Denef, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT.

Das Projekt wird von der Europäischen Union im Rahmen des FP7-Forschungsrahmenprogramms gefördert, hat eine Laufzeit von 48 Monaten und startete im August 2010. 15 Institutionen aus zehn europäischen Ländern beteiligen sich dran.

Auch die Arbeit der Polizei ändert sich in einem rasanten Tempo: Hier muss man schnell auf technische Neuerungen reagieren und diese in die eigenen Prozesse integrieren, teilen die Projektbeteiligten mit. Im Rahmen des EU-Projekts wurden jetzt Interviews mit I&K-Spezialisten von Polizeiorganisationen in den Staaten Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Mazedonien, Niederlanden, Rumänien, Spanien und Tschechien durchgeführt. Darüber hinaus wurden 20 I&K-Firmen befragt, die Polizeibehörden ausrüsten.

Die 6 IT-Trends der Polizei in Europa

Dabei wurden sechs IT-Trends identifiziert, die alle befragten Behörden derzeit beschäftigen: Systemintegration, erhöhte Mobilität, Überwachungstechnologie, digitale Biometrie, Probleme mit der Nutzerakzeptanz und Social Media.

Die Polizeien der Länder verbinden sich laut Fraunhofer zunehmend über bestehende Systeme und verknüpfen sich auch über Landes- und Staatsgrenzen hinweg. Im Dreiländereck Deutschland-Belgien-Niederlande soll ein gemeinsames Intranet der umliegenden Polizeistellen eingerichtet werden. Ein weiteres Thema aller ist die Nutzung von Geo-Daten, wie GPS-Koordinaten von Streifenwagen, um Einsätze zu koordinieren.

Die Polizisten aller Länder können mittlerweile vor Ort auf Informationen zugreifen, die früher nur stationär auf der Wache verfügbar waren. Dazu werden Computer in die Einsatzfahrzeuge integriert. In Brandenburg sollen bald computerisierte Streifenwagen eingesetzt werden, um die Anzahl der Beamten und Einrichtungen möglichst ohne Leistungseinbußen reduzieren zu können.

Weitere Schwerpunkte sind der Einsatz von Überwachungstechnologie und digitaler Biometrie. Hier sind neben Hilfssystemen bei der Videoüberwachung durch Beamte auch die vollautomatisierte Videoüberwachung und -analyse ein Thema. Zukünftig sollen spezielle Systeme verdächtige Personen oder verlassene Gepäckstücke identifizieren. Zudem nutzten Polizisten digitale Biometrie auch verstärkt, um Verdächtige zu identifizieren- sowie Personen mit besonderen Berechtigungen. In Deutschland gibt es bereits mobile Fingerabdruck-Scanner inden Polizeiautos.

Neue Systeme sind schwierig zu handhaben

Doch es gibt auch Probleme zu vermelden: Die durch die Einführung von Technologie verbundenen Veränderungsprozesse seien nicht ohne weiteres zu meistern. Oftmals seien die neuen Systeme schwierig zu handhaben oder der Umgang mit ihnen nur schwer zu erlernen, heißt es. Auch erwähnt werden physikalische Grenzen, zum Beispiel die fehlende Netzabdeckung, die den Nutzen vermindert.

Was jeder IT-Leiter weiß, gilt auch für die Polizei: Teilweise führt das Festhalten an gewohnten Rollen und Praktiken dazu, dass die neue Technologien nur eingeschränkt, verzögert oder gar nicht benutzt werden. Zukünftig soll der Austausch von Best Practices die Einführung der Technik erleichtern. Der nächste Projektmeilenstein von Composite wird ein europaweiter Workshop zum Thema Social Media mit Experten der Polizei und Zulieferfirmen.

Die komplette Studie kann hier als PDF heruntergeladen werden: http://www.fit.fraunhofer.de/presse/11-04-05/composite_d41.pdf.

Quelle: CIO.de