Analysten-Kolumne

Die richtigen IT-Experten für Projekte finden

07.01.2009 von Hartmut Lüerßen
Die Besetzung von Projektteams mit internen und externen Spezialisten hat sich als erfolgreicher Weg für mehr Flexibilität und Wissenstransfer bewährt. Freiberufliche IT-Experten werden dabei immer häufiger über Staffing-Agenturen rekrutiert. Die Trends auf dem Staffing-Markt.
Lünendonk-Analyst Hartmut Lüerßen: "Für IT-Beratungs- und IT-Dienstleistungsunternehmen hat die Zusammenarbeit mit Staffing-Agenturen an Bedeutung zugenommen."

Aufgrund des wirtschaftlichen Abschwungs ist für das Jahr 2009 mit Rückgängen im Projektgeschäft zu rechnen. "Must-have"-Projekte werden jedoch trotzdem umgesetzt. Oft sogar unter besonderem Zeitdruck. Dabei sollte anders als oft üblich die Projektlaufzeit vom Beginn der Profilsuche bis zur Lieferung der Ergebnisse beziehungsweise dem Live-Betrieb betrachtet werden. Denn lange Suchzeiten nach speziellem Know-how im Vorfeld verzögern die Auslieferung genauso wie zusätzliche Iterationsschleifen durch geänderte Anforderungen während der Umsetzungsphase.

Die Geschwindigkeit bei der Profilsuche und der Projektbesetzung ist damit einer von vielen Faktoren, die mit darüber entscheiden, wie viel Zeit von der Ausschreibung bis zum Rollout vergeht. Weil das Finden von den geeigneten Profilen mit Spezial-Know-how oft sehr aufwändig ist, suchen die meisten Unternehmen parallel in der eigenen Organisation, bei IT-Beratungs- und IT-Service-Unternehmen, im eigenen Netzwerk von freiberuflichen IT-Experten, über Ausschreibungen auf Projekt-Plattformen sowie immer öfter über sogenannte Staffing-Agenturen.

Anteile am Jahresumsatz der Staffing-Anbieter in Prozent.

Insbesondere große Unternehmen greifen auf Staffing-Agenturen zu. Dieses Kundensegment von Unternehmen mehr als 1.000 Mitarbeitern bildet mit einem Umsatzanteil von durchschnittlich mehr als 70 Prozent die wichtigste Kundengruppe der Anbieter-Unternehmen (siehe Grafik). Das zeigt die aktuelle Trendstudie der Lünendonk GmbH, Kaufbeuren: "Der Markt für Rekrutierung, Vermittlung und Steuerung freiberuflicher Mitarbeiter in Deutschland".

Die Zusammenarbeit mit Staffing-Agenturen ist jedoch auch für mittelständische Unternehmen interessant. Denn insbesondere bei der Suche können die führenden Anbieter wie GFT, Goetzfried, Gulp Hays oder Reutax die Trefferquote deutlich erhöhen und vor allem die Suchzeit verkürzen. Denn der Großteil der freiberuflichen IT-Experten hat sein Profil in den Datenbanken der führenden Anbieter hinterlegt, so dass Projektanfragen mit den Qualifikationen mehr oder weniger automatisch abgeglichen werden können.

Marktvolumen und Marktentwicklung für IT-Experten

Nach Schätzungen der Lünendonk GmbH waren im Referenzjahr 2006 insgesamt etwa 68.000 freiberufliche IT-Experten in Deutschland aktiv. Das entspricht etwa 15 Prozent der 453.000 Erwerbstätigen, die laut Informationen des Branchenverbandes Bitkom in den Marktsegmenten Software und IT-Dienstleistungen tätig waren.

Führende Anbieter für Rekrutierung, Vermittlung und Steuerung freiberuflicher Projektmitarbeiter in Deutschland.

Insgesamt dürften diese 68.000 freiberuflichen IT-Experten in 2006 Aufträge im Wert von 5,8 Milliarden Euro durchgeführt haben. Dieser Gesamtumsatz der freiberuflichen IT-Experten definiert den Rahmen des Marktsegments für die Staffing-Agenturen sowie die Vielzahl großer und kleiner IT-Beratungs- und IT-Dienstleistungs-Unternehmen, die zusätzlich zu den eigenen IT-Beratern auch freiberufliche IT-Experten für Kundenprojekte einsetzen.

Das abgeleitete Marktvolumen für die Rekrutierung, Vermittlung und Steuerung von freiberuflichen IT-Experten in Deutschland betrug im Jahr 2006 etwa 1,1 Milliarden Euro. Nach Abzug der Honorare für die Freiberufler bleibt den Anbieter-Unternehmen die Vermittlungs-Provision, die markttypisch mindestens 20 Prozent des Auftragsvolumens für die freiberuflichen IT-Experten beträgt.

Im Jahr 2007 nahm die Zahl der freiberuflichen IT-Experten auf circa 70.000 zu. Der Gesamtumsatz stieg aufgrund von steigender Auslastung sowie tendenziell steigender Tages-Sätze um mehr als sieben Prozent auf 6,2 Milliarden Euro, das abgeleitete Marktvolumen mithin auf 1,2 Milliarden Euro. Für 2008 erwarten die Lünendonk-Analysten einen Gesamtumsatz von 6,3 Milliarden Euro bei einer Auslastung auf konstantem Niveau. Das entspricht einem Marktvolumen von 1,3 Milliarden Euro in 2008.

Marktanteile und Anbieter-Typologien

Da die analysierten Anbieter-Unternehmen in ihren Umsatzzahlen die Gesamtumsätze einschließlich der durchlaufenden Kosten ausweisen und nur vereinzelt genaue Angaben über die erzielten Provisionen machen, ist es sinnvoll, für die Berechnung der Marktanteile die Gesamtumsätze der Anbieterunternehmen den Gesamtumsätzen der freiberuflichen IT-Experten gegenüber zu stellen.

Betrachtet man die analysierten Anbieter-Unternehmen, so zeigt sich, dass die zehn führenden spezialisierten Staffing-Anbieter in 2007 gemeinsam mehr als 1 Milliarde Euro Umsatz erzielen und damit einen Marktanteil von mehr als 17 Prozent repräsentieren. In diesen Umsätzen sind bereits die Fälle enthalten, in denen ein IT-Dienstleister einen Freiberufler für ein Kundenprojekt über eine Staffing-Agentur einkauft.

Anbieterstruktur von IT-Freiberuflern.

Das verbleibende Marktvolumen verteilt sich demnach auf die direkte Zusammenarbeit zwischen Anwenderunternehmen und Freiberufler, die große Zahl an IT-Beratungs- und IT-Dienstleistungs-Unternehmen, die die Freiberufler über ein persönliches Netzwerk oder über Projektbörsen, die sich durch Mitgliedsbeiträge finanzieren, rekrutieren sowie die vielen kleinen Staffing-Anbieter und Projektportale.

Doch auch für die IT-Beratungs- und IT-Dienstleistungs-Unternehmen hat die Zusammenarbeit mit Staffing-Agenturen an Bedeutung zugenommen. In 2009 ist jedoch auch ein verstärkter Wettbewerb zu erwarten, denn die Nachfrage geht erwartungsgemäß zurück.

Besonders nachgefragt: SAP-Experten

Welche Auswirkungen wird eine solche Entwicklung für den Markt für freiberufliche IT-Experten nach sich ziehen? Sicherlich ist eine differenzierte Betrachtung nach den angebotenen Qualifikationen seitens der freiberuflichen IT-Experten notwendig. So dürften beispielsweise MiFID- oder andere Experten mit einem durch gesetzliche Anforderungen in der Nachfrage geschützten Spezialwissen weniger von einer sinkenden Nachfrage betroffen sein als etwa Java-Entwickler.

Zu den derzeit am häufigsten gesuchten Qualifikationen gehören aus Sicht der befragten Staffing-Anbieter SAP-Experten. In diesem Bereich, so zeigen es auch zahlreiche Gespräche mit großen Anwender-Unternehmen, haben sich die Tages-Sätze zuletzt noch positiv entwickelt.

Was ist für 2009 aus Anbietersicht zu erwarten? Für die Staffing-Agenturen bedeutet der Abschwung einerseits einen verstärkten Wettbewerb unter den Agenturen. Andererseits ist zu erwarten, dass sich der Anteil der aktiven freiberuflichen IT-Experten - also derjenigen, die die Staffing-Agenturen für die eigene Vermarktung nutzen - erhöht.

Bedeutung der Staffing-Agenturen

Vereinfacht lässt sich sagen, dass die Bedeutung der Staffing-Agenturen in Phasen des Wachstums stärker bei den Auftraggebern steigt, die wichtige Projekte nicht starten können, wenn die gesuchten Profile nicht verfügbar sind. In einer solchen Phase sind die Freiberufler in der Regel stark ausgelastet, die Folgeaufträge kommen fast von allein.

Umgekehrt sieht es in Phasen sinkender Nachfrage aus. In dieser Zeit ist der Bedarf bei den Kundenunternehmen geringer. Die Freiberufler müssen mehr Zeit in die Gewinnung von Folgeaufträgen investieren. Projektplattformen und Staffing-Anbieter werden somit auch für einen Teil derjenigen interessant, die in der Wachstumsphase aus eigener Kraft die Folgeaufträge gewinnen konnten.

Im Jahr 2007 decken die Staffing-Agenturen etwa einen Marktanteil von 17 Prozent der Aufträge ab, die an freiberufliche IT-Experten vergeben werden. Mittelfristig dürfte dieser Anteil auf 20 Prozent und mehr steigen. Die Anwender-Unternehmen profitieren durch tendenziell sinkende Tagessätze sowie eine größere Auswahl an Profilen und damit auch durch eine kürzere Rekrutierungszeit. Die "Must-have"-Projekte können dadurch schneller gestartet und umgesetzt werden.

Hartmut Lüerßen ist Geschäftsführer der Lünendonk GmbH