Outsourcing von Infrastruktur, Applikationen und Prozessen ist stets auch zwangsläufig mit der Abwanderung und somit dem Verlust von Know-how verbunden, so dass dies einen schmerzlichen Nebeneffekt für jedes auslagernde Unternehmen darstellt. Es ist daher stets abzuwägen, ob dem Risiko des Know-how-Verlustes überzeugende und nachweisbare Vorteile wie nachhaltige Kosteneinsparung, Qualitätsverbesserung, Effektivitätssteigerung oder Fokussierung auf Kernkompetenzen des Unternehmens gegenüberstehen. Sollten diese Vorteile nicht ausreichend erkennbar sein, kann dies bereits in der Anfangsphase das Ende eines Outsourcing-Vorhabens bedeuten.
Das Know-how eines Unternehmens und seiner Mitarbeiter stellt in der Regel einen bedeutenden Wettbewerbsfaktor dar und ist somit ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb. Daher ist es leicht nachvollziehbar, wenn aus Gründen eines Know-how-Verlustes und des dadurch entstehenden Kompetenzverlustes sowie der wachsenden Abhängigkeit vom Outsourcing-Partner, ein Outsourcing vorerst nicht weiter betrachtet wird.
Eine differenzierte Betrachtung kann die Entscheidung für ein Outsourcing oder Teil-Outsourcing erleichtern.
Das Know-how eines Unternehmens lässt sich vereinfacht in zwei Kategorien aufteilen:
Know-how als Alleinstellungsmerkmal zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen und Differenzierung vom Wettbewerb durch fachspezifisches Know-how und entsprechende Kernkompetenzen.
Know-how ohne Differenzierungsfaktor, welches auch außerhalb des Unternehmens verfügbar ist und daher keine Wettbewerbsvorteile generiert.
Betrachtet man das Know-how als Kriterium für oder gegen ein Outsourcing, so wäre die Sourcing-Fähigkeit eines Unternehmensbereiches entsprechend der Kategorie 1) eher gering. Eine Know-how-Abwanderung würde zu einem Verlust von Wettbewerbsvorteilen führen. Aktuell bestehende Differenzierungen vom Wettbewerb können durch Standardisierungen schnell eliminiert werden.
Hingegen Kategorie 2) betrachtend, wird die Sourcing-Fähigkeit in diesem Bereich eher hoch ausfallen. Dies trifft auf Standarddienstleistungen zu, welche durch Dritte in gleichartiger Weise und zu deutlich geringeren Kosten erbracht werden können, als dies im Eigenbetrieb möglich ist.
In der Realität befindet sich in den meisten Unternehmensbereichen Know-how, welches als kritisch und damit wettbewerbsdifferenzierend betrachtet wird. Dies muss jedoch nicht zwingend gegen ein Outsourcing sprechen. Wichtig ist, dass das auslagernde Unternehmen den Know-how-Erhalt und eine entsprechende Erweiterung sorgfältig plant und kontinuierlich sicherstellt.
Idealerweise ändert sich am Know-how im Unternehmen nach einem erfolgten Outsourcing nichts. Noch optimaler und wünschenswerter ist es, wenn der Outsourcing-Partner das Know-how verbessern und sogar steigern kann. Dies sieht im praktischen Verlauf jedoch häufig anders aus.
Die nachfolgenden fünf Punkte stellen dar, wie Know-how-Sicherung im Unternehmen erfolgreich stattfinden kann.
1. Dokumentation von Know-how
Know-how sollte stets dokumentiert und gepflegt werden, um es übertragbar zu machen und vor Verlust zu schützen. Dies kann unter Nutzung von Handbüchern erfolgen, welche regelmäßig aktualisiert werden. Die Aufgabe der Dokumentation kann einem Prozessverantwortlichen übertragen werden. Wurde bisher nichts dokumentiert, dann sollte dies spätestens bis zur Auslagerung erfolgen. Die kontinuierliche Fortführung der Dokumentation kann auch auf Seiten des Outsourcing-Partners erfolgen. In diesem Fall sollte dies vertraglich festgehalten werden.
2. Erkennen bzw. Beibehalten von Know-how-Trägern im Unternehmen
Eine kostspieligere Variante der Know-how-Sicherung stellt das Vorhalten von Mitarbeitern mit entsprechendem Wissen im auslagernden Unternehmen dar. Unter dem Gesichtspunkt der Kostenoptimierung ist dies eine Methode, welche nur dann zum Zuge kommt, wenn es sich um äußerst vertrauliches Wissen handelt, das unter keinen Umständen das Unternehmen verlassen darf.
3. Sicherstellung des Know-how-Transfers innerhalb des Unternehmens
Unternehmenskritisches Wissen sollte nie nur einem einzigen Mitarbeiter vorbehalten sein. Dieses sogenannte Kopfmonopol kann durch einen Know-how-Transfer auf weitere Mitarbeiter, mit Hilfe eines dokumentierten Prozesses, leicht beseitigt beziehungsweise vermieden werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der abgebende Mitarbeiter zur Weitergabe und der aufnehmende Mitarbeiter zur Aufnahme des Wissens bereit ist und bei Bedarf entsprechend motiviert wird.
4. Durchführung von Schulungen durch den Outsourcing-Partner
Regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter des auslagernden Unternehmens durch den Outsourcing-Partner können zum Erhalt und Aufbau von Know-how führen. Dadurch wird zusätzlich erreicht, dass kein Ungleichgewicht in der Know-how-Verteilung zwischen auslagerndem Unternehmen und Outsourcing-Partner besteht. Die Nachteile bei einem Providerwechsel für das auslagernde Unternehmen können dadurch geringer gehalten werden.
5. Zugang der Kundenmitarbeiter zu Wissensträgern des Outsourcing-Partners
Direkter Zugang zu Wissensträgern ist, soweit vom Outsourcing-Partner gestattet, eine einfache Art des Zugangs zu Wissen. Es muss sichergestellt werden, dass die entsprechenden Personen verfügbar sind und bereit sind, ihr Wissen weiterzugeben. Zeitpunkte und Prozess des Know-how-Transfers sind von beiden Parteien gemeinsam abzustimmen.
Vor der Entscheidung für eine oder mehrere Methoden der Know-how-Sicherung sollte transparent gemacht werden, welchen Wert vorhandenes Know-how für das Unternehmen hat, auf wie viele Mitarbeiter dieses Know-how verteilt ist und wie hoch die Kosten für den Know-how-Erhalt und die Erweiterung durch Weiterbildung sind. Darüber hinaus sind die Kosten der Know-how-Sicherung im Business Case für das Outsourcing-Vorhaben abzubilden.
Die Bedeutung der Know-how-Sicherung wird Unternehmen oft erst dann bewusst, wenn ein Wechsel des Outsourcing-Partners vollzogen werden muss oder ausgelagerte Services durch Insourcing wieder zurück in das Unternehmen integriert werden. Wird Know-how-Sicherung von Beginn des Outsourcings an kontinuierlich und gewissenhaft betrieben, kann die Abhängigkeit vom Outsourcing-Partner erheblich reduziert werden. Dies wirkt sich zusätzlich positiv auf die Kosten eines Providerwechsels aus, da notwendiges Know-how nicht neu aufgebaut oder teuer hinzugekauft werden muss.
Eine vertragliche Verankerung der Know-how-Sicherung, inklusive der Rechte und Pflichten des auslagernden und aufnehmenden Unternehmens, sollte stets Beachtung finden.