Smartphones und Tablets haben in den letzten Jahren nahezu unglaubliche technische Fortschritte erzielt. Techniken, die vor einigen Jahren noch wie Science Fiction klangen, sind inzwischen sogar in Einsteiger-Geräten verfügbar. Tatsächlich verläuft die Entwicklung so rapide, dass langfristige Ausblicke oft schnell obsolet sind. Unsere Kollegen der amerikanischen PC World versuchen es trotzdem und haben sich einige Gedanken zu den Smartphone-Trends im kommenden Jahr gemacht. Wir nehmen das als Anlass, um die US-Trends für Deutschland zu überprüfen.
Innerhalb weniger Jahre hat sich die Rechenkapazität von Smartphones um ein vielfaches erhöht. Chip-Hersteller wie Qualcomm und Texas Instruments haben inzwischen Chipsätze mit zwei CPUs und Taktfrequenzen mit bis zu 1,5 GHz im Angebot, vor allem Android-Smartphones wie das Samsung Galaxy S II oder das HTC Sensation verwenden die Chips. Nvidia dürfte sich mit der neuen Tegra-3-Plattform aber die Pole Position sichern. Der Hersteller bietet bis zu vier CPU-Kerne.
Natürlich bedeuten mehr Prozessoren oder höhere Taktraten nicht automatisch schnellere oder bessere Produkte. In der Praxis bemerkt man die Geschwindigkeit vor allem bei der Wiedergabe von Videos. Hochauflösende Filme mit einer Auflösung von 1080p benötigen einiges an Rechenleistung, mit den schnelleren Prozessoren kann man die Inhalte beispielsweise auch auf Fernsehern ausgeben.
Die Quad-Core-Plattformen dürften in erster Linie in Android-Tablets zum Einsatz kommen. Zumindest Lenovo und HTC scheinen schon Geräte in der Pipeline zu haben.
Smartphone als berührungsloses Zahlungsmittel - NFC
Near Field Communication beschreibt verschiedenen Technologien für eine sichere Datenübertragung im Nahfunkbereich - NFC ist für Entfernungen für bis zu vier cm gedacht. Die Idee dahinter ist es, die das Smartphone für mehr als nur E-Mail-Empfang oder Telefonate nutzen zu können. Wie diese Funktionen in der Praxis aussehen können, erproben derzeit RIM und Telefonica in Spanien.
Ein Angebot namens Telefonica Wallet verwandelt die Blackberrys der Testteilnehmer in eine digitale Geldbörse. Die Nutzer können Rechnungen anschließend bezahlen, indem sie mit ihrem Smartphone einen entsprechenden Funkempfänger berühren.
NFC-Chips sind Bestandteil der meisten aktuellen Blackberry-Smartphones. Android unterstützt die Technik ebenfalls, das neue Galaxy Nexus S verfügt über solche Chips. Apple hat noch keine entsprechenden Chips integriert, plant aber mit einem Patent bereits für die Zukunft.
Display-Trends: Größer und höhere Auflösung
Beim Thema Display zeichnen sich aktuell zwei Trends ab: Die Bildschirme werden größer und die Auflösungen höher. Der Touchscreen des Samsung Galaxy Note etwa bietet bereits jetzt eine Bildschirmdiagonale von 13,44 cm. Im nächsten Jahr dürfte die Grenze zwischen Tablets und Smartphones weiter verschwimmen.
Andere Hersteller, darunter Apple, setzten eher auf Qualität denn auf Größe. Das aktuelle iPhone 4S etwa bietet zwar "nur" eine Bildschirmdiagonale von 8,9 cm, dafür liegt die Pixel-Dichte aber bei sagenhaften 326 Pixel pro Inch. Das erklärt unter anderem, warum Inhalte auf dem iPhone so scharf wirken. 2012 werden sich diese beiden Trends fortsetzen. Künftige Smartphone-Generationen werden Inhalte in jedem Fall scharf darstellen und verschiedene Display-Größen bieten.
Samsung zeigte zudem den Prototypen eines faltbaren Displays. Bis dieser allerdings in die Massenproduktion einzieht, dürfte es noch einige Jahre dauern.
LTE als neuer Funkstandard?
Long-Term Evolution oder 4G geistert seit Jahren als Nachfolger durch die Industrielandschaft. Fakt ist: Nach der Versteigerung der Funkfrequenzen durch die Bundesnetzagentur haben die Anbieter den Ausbau zunächst auf ländliche Bereich beschränkt. Dies entspricht der Vorgaben der Bundesnetzagentur, um das heißbegehrte 800 MHz-Band frei nutzen zu dürfen, mussten die Anbieter gewisse Versorgungsauflagen erfüllen. Das 800 MHz-Band ist deswegen so interessant, weil es eine besonders gute Abdeckung verspricht. Zusätzlich können die Anbieter Frequenzen in den Bereichen 1,8 GHz, 2,0 GHz und 2,6 GHz nutzen.
Fakt ist, dass LTE wohl auch in 2012 die etablierten Techniken wie UMTS oder HSDPA noch nicht komplett ablösen wird. Das liegt unter anderem daran, dass Chip-Hersteller aktuell noch Funkmodule für jedes Land maßschneidern müssen, da weltweit verschiedenen Frequenzen zum Einsatz kommen. Das treibt aktuell noch die Preise für Geräte in die Höhe.
2012 wird LTE wahrscheinlich in erster Linie als DSL-Ersatz von sich reden machen. Anbieter wie Vodafone vermarkten LTE bereits aktiv - für den Einsatz in mobilen Geräten dürfte die Abdeckung aber noch nicht reif sein.
Sprachsteuerung statt Tastatureingabe
Smartphone-Steuerung per Spracheingabe gibt es zwar schon seit Jahren, Apple hat mit der Siri-Lösung die Diskussion aber neu angefacht. Aktuelle Sprachsteuerungen arbeiten Off-Board, sprich, die größte Arbeit wird in Cloud-basierten Lösungen im Internet erledigt. Das hat den großen Vorteil, dass die Systeme deutlich schneller dazulernen können. Jede Spracheingabe kann analysiert werden und verbessert das komplette System.
Allerdings gibt es auch Nachteile: Wer beispielsweise einmal Siri in einem Restaurant vorgeführt hat, der merkt schnell, dass die Dienste nur schlecht zwischen der Stimme ihres Besitzer und allen anderen Stimmen im Hintergrund unterscheiden kann. Das kann man mit zusätzlichen Mikrofonen zwar teilweise kompensieren, dadurch werden die Kosten aber in die Höhe getrieben.
Bis sich Smartphones, Tablets und Co also à la Star Trek per Sprache steuern lassen (und das nicht nur im Einzelbüro, sondern auch in der Öffentlichkeit), wird es noch einige Zeit dauern. Vielleicht ist Siri aber der Anstoß, den die Industrie benötigt.
Sorgenkind Batterie
Egal ob Notebook, Smartphone oder Tablet - alle mobilen Geräte und ihre Besitzer leiden unter zu kurzen Akkulaufzeiten. Kein Wunder, die Batterien müssen immer größere Displays und immer mehr Funktionen und Funkmodule antreiben. Die Hersteller haben zwei Ansatzpunkte: Stromsparende Komponenten oder leistungsstarke Batterien. Das Problem bei der zweiten Lösung ist, dass diese Batterien Platz benötigen. Der aktuelle Trend zu immer schmaleren Smartphones kollidiert mit dieser Tatsache.
Immer wieder tauchen alternative Energiequellen auf, die sich aber bislang nicht durchsetzen konnten. Dazu gehören etwa Energiespender auf Basis von Wasserstoff, die immer wieder als Lösung durch die Medienlandschaft geistern. Tatsächlich wird es aber wohl auch 2012 keinen massenmarkttauglichen Ersatz für Batterien geben.
Stromsparende Systeme dagegen versprechen deutlich mehr Erfolg. Neue Chipsätze und vor allem neue Fertigungstechniken in Kombination mit den Stromsparfunktionen aktueller Betriebssysteme sorgen zumindest dafür, dass die verfügbare Leistung optimal genutzt und nicht verschwendet wird.