Artificial Intelligence, sprich Künstliche Intelligenz (KI), gehört für viele Branchenkenner zu den Megatrends, mit dem sich Startups aus dem Technologiesektor 2017 und darüber hinaus beschäftigen werden. KI hat das Potenzial, ganze Branchen zu transformieren und wird weitere spezialisierte Unternehmen entstehen lassen. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Online-Umfrage der IDG-Publikation CIO.com. Aber auch in anderen Technologiebereichen erwarten Experten eine rege Startup-Aktivität.
Lesen Sie, welche Trends und Technologien die Startup-Szene 2017 befeuern.
Trend 1: KI und Machine Learning Startups
Auf seiner IT-Konferenz Symposium ITxpo identifizierte Gartner AI und Machine Learning als einen der zehn wichtigsten strategischen Technologietrends für 2017. Damit eröffne sich ein breites Spektrum an intelligenten Implementierungen, darunter auch physische Geräte wie Roboter, autonome Fahrzeuge oder Unterhaltungselektronik, erläuterte Gartner Vice President David Clearly. Er sieht eine "neue Klasse" intelligenter Apps und Dinge entstehen.
Lange Zeit war Künstliche Intelligenz eher ein Thema für große Unternehmen, die viel Geld investierten, um damit ihre Produkte smarter zu machen und Entwicklungen vorauszusagen, berichtet Ludo Ulrich, Head of Startup Relations beim SaaS-Anbieter Salesforce. Inzwischen aber sei die Technik so weit fortgeschritten, dass auch kleinere Unternehmen von KI profitieren könnten. Hinzu komme, dass auch an den Universitäten zunehmend einschlägiges Wissen vermittelt werde. Diese Entwicklungen führten zu einem größeren "Talent Pool", der die Innovationsgeschwindigkeit im kommenden Jahr befeuern werde.
Eine wachsende Rolle wird Künstliche Intelligenz etwa im Bereich Cyber-Security spielen, erwarten Experten. Ein Grund dafür könnte darin liegen, dass es zu wenige Spezialisten mit entsprechenden Fachkenntnissen gibt. Rund eine Million Cyber-Security-Stellen könnten weltweit nicht besetzt werden, klagt etwa der IT-Konzern Cisco. Nach Erhebungen des Softwareanbieters Symantec soll die Zahl der offenen Security-Jobs bis zum Jahr 2019 auf sechs Millionen steigen.
"Cyber-Security-Wissen muss in irgendeiner Weise automatisiert werden", sagt John Shearer, CEO von DarkLight, einem Anbieter von Cyber-Security-Analytics und Automation-Software. "Es werden Startups entstehen, die sich darauf spezialisieren, menschliches Wissen mit AI zu verschmelzen." Der Bedarf an entsprechenden Lösungen sei schon jetzt enorm. Shearer: "AI-Systeme, die von menschlichen Experten trainiert werden, und Experten, die sich von AI-Systemen weiterbilden lassen - damit werden sich die heißesten Startups beschäftigen."
Trend 2: Chatbot Startups
Chatbots sind automatisierte Services, die über eine Chat-Schnittstelle mit Menschen interagieren und Informationen anbieten. Besonders häufig nutzen Endverbraucher solche Dienste. Künstliche Intelligenz hilft dabei, entsprechende Systeme zu entwickeln und im Markt zu etablieren. "Dank AI sind Chatbots 2016 zu einem zentralem Thema geworden", beobachtet Ashu Garg von Foundation Capital, einem Venture Capital-Unternehmen im Silicon Valley. "2017 wird sich dieserTrend verstärken und vor allem in Unternehmen für einen weiteren Innovationsschub sorgen."
Mithilfe von Chatbots versuchten Business-Entscheider, die Kosten für den Kundendienst oder für Finanz- und Versicherungsberater zu drücken. Solche Bereiche sind nach Einschätzung von Garg "reif für die Disruption". Chatbots hätten sich zu einem heißen Thema entwickelt, weil es dabei so viel zu gewinnen gebe. Gartner beispielsweise erwartet, dass im Jahr 2020 mehr als 85 Prozent der Kundeninteraktionen ohne Zutun eines Menschen abgewickelt werden. Innerhalb der kommenden fünf Jahre könnten sich Chatbots zur wichtigsten Consumer-Anwendung im KI-Umfeld entwickeln.
Auftrieb erhält das Thema auch durch die großen Messaging-Plattformen, die sich 2017 verstärkt einer Chatbot-Integration öffnen werden, prognostiziert Garg. Im Facebook Messenger etwa sollen Chatbots Nutzern künftig beim Einkaufen helfen, aktuelle Nachrichten aufbereiten oder Statusmeldungen zu Lieferungen und Rechnungen bereitstellen. Facebook sei in diesem Segment weiter die dominierende Plattform, so Garg. Doch andere Anbieter wie WhatsApp, Kik oder WeChat setzten ebenfalls auf Chatbots und sorgten damit für einen gesunden Wettbewerb. Mit der fortschreitenden Technologie würden zudem auch immer mehr klassische Unternehmen Chatbots mit ihren Backend-Systemen integrieren.
Trend 3: Cybersecurity Startups
Ein anderes großes Wachstumsfeld für Startups sehen Technikexperten wie Investoren im Bereich Cyber-Security. "Mit jeder neuen Attacke oder publik gewordenen Sicherheitslücke ist eine neue Security-Firma entstanden und hat die Lücke gefüllt", berichtet Nate Locke von der Investmentfirma Kayne Anderson Capital Advisors. Viele Unternehmen investierten in Software und Appliances, um ihre Security-Infrastruktur zu verbessern. Für 2017 sei zu erwarten, dass weniger finanzielle Ressourcen in Endpoint-Lösungen fließen und Sicherheitsverantwortliche verstärkt auf Managed Services setzen.
Security ist komplex und schwer zu managen, sagt Locke. "Unternehmen haben zwar erheblich in Security-Produkte investiert, doch in vielen Fällen entsprechen die Lösungen nicht den Erwartungen." Die Bedeutung von hochspezialisierten Security Service Providern werde im kommenden Jahr weiter zunehmen, weil sie Organisationen dabei helfen könnten, Sicherheitsrisiken besser in den Griff zu bekommen.
Trend 4: Digitale Transformation und die Cloud
Natürlich spielt auch die digitale Transformation im Startup-Umfeld eine wachsende Rolle. Ermöglicht wird sie durch Technologien aus den Bereichen Cloud, Mobile, Big Data und Social, die nach Lesart des Marktforschungs- und Beratungshauses IDC in Kombination die "Third Platform" darstellen. "Wir befinden uns an einem Wendepunkt", beschreibt IDCs Chef-Analyst Frank Gens die rasant wachsende Bedeutung der Digitalisierung.
Die digitale Transformation werde nicht länger als ein Projekt oder eine Initiative angesehen, sondern als strategischer Imperativ für das Business. "Jedes Unternehmen, unabhängig von Alter oder Branche, muss digital nativ werden". Das betreffe das Denken von Führungskräften und Mitarbeitern ebenso wie die Arbeitsweise und die produzierten Produkte.
Die Nutzung von Technologien der Third Platform im Rahmen der digitalen Transformation nimmt laut Gens viel schneller zu als ursprünglich angenommen. Wettbewerbsvorteile könnten sich vor allem diejenigen erarbeiten, die neue Technologien früh einsetzten. Nach IDC-Prognosen sollen im Jahr 2020 rund 67 Prozent aller IT-Ausgaben in Cloud-gestützte Infrastruktur und Software fließen.
Trend 5: Augmented Reality und Virtual Reality Startups
Der Hype um das Spiel Pokémon Go hat Augmented Reality (AR) für viele Benutzer greifbar gemacht. Großes Potenzial für Unternehmen sehen Experten 2017 auch für das verwandte Thema Virtual Reality. 30 Prozent der Consumer-orientierten Global-2000-Unternehmen werden im kommenden Jahr mit AR und VR im Rahmen von Marketing-Initiativen experimentieren, erwartet IDC.
Die Schnittstellen zum Kunden spielten dabei eine Schlüsselrolle. Diese hätten sich erheblich schneller weiterentwickelt als vielfach erwartet. Im Jahr 2021 rechnen die Auguren für AR und VR mit einer breiten Marktdurchdringung. Mehr als eine Milliarde Menschen weltweit sollen dann regelmäßig über VR- und AR-Plattformen auf Apps, Content und Daten zugreifen.
VR-Technologie wird zudem nicht nur für Entertainment-Zwecke eingesetzt, prognostiziert etwa Zach Holmquist, CEO von Teem, einem Anbieter von Cloud-Services für virtuelle Arbeitsräume. Unternehmen könnten damit beispielsweise auch freie oder befristet eingestellte Mitarbeiter effizienter in ihre Arbeitsumgebungen einbinden.
Trend 6: Marihuana-Startups
Nach der US-Präsidentenwahl im Herbst 2016 ist Marihuana auch in Kalifornien, Massachusetts und Nevada legalisiert worden. Insgesamt 26 Bundesstaaten sowie der District of Columbia haben mittlerweile Gesetze verabschiedet, die Marihuana nicht nur zu medizinischen Zwecken, sondern auch zum Privatgebrauch erlauben. Vor diesem Hintergrund dürften 2017 noch mehr Startups in diesem Umfeld entstehen: "Das wird auch zu technischen Innovationen in der Cannabis-Industrie führen", prophezeit denn auch Chris Walsh. Er muss es wissen. Walsh ist Editorial Director von Marijuana Business Daily, laut eigenen Angaben "the most trusted cannabusiness news source since 2011".
Trend 7: Innovative Wearables
Wearables gibt es schon seit geraumer Zeit. Doch ein Thema für den Massenmarkt sind die "tragbaren" Computer bisher nicht. Das könnte sich ändern, wie Snap, das Unternehmen hinter Snapchat kürzlich demonstriert hat. Seine intelligente Sonnenbrille Spectacles besitzt eine eingebaute Kamera. Benutzer können damit zehn Sekunden lange Filmsequenzen aufnehmen, mit dem Smartphone synchronisieren und in der Snapchat-App speichern. Die Brille soll 129 Dollar (rund 115 Euro) kosten. "Der witzige und kostengünstige Ansatz von Snap bietet die richtige Kombination aus Features und Pricing, an der alle anderen Player in der ersten Wearables-Welle gescheitert sind", glaubt Gregory Kennedy, Mitgründer und Chef von Uncharted Minds, einem Unternehmen, das Events und Konferenzen organisiert.
Trend 8: Intelligente Dinge
Zu den wichtigsten strategischen Trends für 2017 zählen Gartner-Analysten unter anderem "Intelligent Things". In der Diktion der Marktforscher sind sie irgendwo am Schnittpunkt von KI und IoT anzusiedeln. Die technischen Grundlagen des Internet of Things gehen weit über klassische Programmiermodelle hinaus, erläutert Gartner.
KI-Technologien und maschinelles Lernen würden dabei zunehmend genutzt, um das Verhalten einzelner Devices intelligenter zu machen und diese in die Lage zu versetzen, auf natürliche Weise mit Menschen und ihrer Umgebung zu interagieren. In diesem weitem Feld entstehen auch jede Menge Marktchancen für Startups und auf mittlere Sicht wohl ein komplexes Ökosystem aus miteinander kommunizierenden "intelligenten Dingen."