Je näher der Jahreswechsel rückt, desto mehr melden sich die Analysten mit ihren Vorhersagen fürs kommende Jahr zu Wort. Im Unterschied zu den düsteren Prognosen für 2009 überwiegen diesmal aber die optimistischen Meldungen. So erwartet eine große Mehrheit der Anbieter von Produkten und Diensten der Informationstechnik und Telekommunikation (ITK) für 2010 ein, wenn auch moderates, Wachstum.
Mehr als die Hälfte (57 Prozent) rechnet einer Bitkom-Umfrage zufolge mit steigenden Umsätzen. Im vergangenen Jahr lag diese Quote noch unter 50 Prozent. Weitere 17 Prozent geben an, dass sie für 2010 wenigstens stabile Geschäfte erwarten. "Die Branche geht mit Zuversicht ins nächste Jahr", freut sich Bitkom-Chef August-Wilhelm Scheer: "Die Wirtschaftskrise ist weitgehend überwunden."
Aus Sicht der Bitkom haben auch die Maßnahmen der Bundesregierung zu den heiteren Aussichten beigetragen. Neben dem 500 Millionen Euro schweren IT-Investitionsprogramm des Bundes im Rahmen des Konjunkturpakets II habe man unter anderem die Breitbandstrategie und die Green-IT-Allianz auf den Weg gebracht.
Auf Dauer reichten solche Krisenbewältigungsstrategien aber nicht, warnt Scheer: "Das Land braucht eine langfristige Wachstumsperspektive für die Zeit nach der Krise". Der Bitkom-Präsident verweist in diesem Zusammenhang auf große Herausforderungen wie die Sicherung der Energieversorgung vor dem Hintergrund des Klimawandels, den demografischen Wandel, den Erhalt der Mobilität und die Modernisierung des Bildungssystems.
Auch die Analysten von IDC freuen sich auf 2010: Aufgrund des Wirtschaftsaufschwungs prognostizieren die Marktforscher für das kommende Jahr eine Wachstumsrate von 3,2 Prozent bei den weltweiten IT-Ausgaben; damit wäre die Branche bei einem Marktvolumen von ungefähr 1,5 Billionen US-Dollar immerhin wieder auf dem Stand von 2008 angelangt.
Insgesamt, so IDC, werden die Segmente Hardware, Software und Services jeweils um zwei bis vier Prozent wachsen. Die größten Zuwächse werde es "nach dem besonders schwierigen Jahr 2009" aber im Hardwaregeschäft geben.
Über die Hälfte des IT-Neugeschäfts 2010 wird in den Schwellenländern erwirtschaftet werden: In den BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China erwartet IDC überdurchschnittliche Wachstumsraten zwischen acht und 13 Prozent. Der Telekommunikationssektor wird um solide drei Prozent zunehmen, insbesondere durch einen Aufschwung der IP- und Datensegmente in den ausgereiften Märkten und starke Zuwächse im Mobilitätssektor in den Schwellenländern.
Transformation noch prägender als Aufschwung
Noch mehr als den Aufschwung erwartet IDC aber eine Transformation der Branche. "Die Prognosen im letzten Jahr beschäftigten sich damit, dass eine langsame Weltwirtschaft wie ein Dampfdrucktopf im IT-Markt wirken und somit die Entwicklung sowie den Einsatz neuer Technologien und Geschäftsmodelle beschleunigen würde", kommentiert Frank Gens, Senior Vice President und Chief Analyst bei IDC. "2010 ergibt sich eine andere Situation: Durch den wirtschaftlichen Aufschwung lässt der Druck auf die Ausgaben um einiges nach, so dass, wenn es 2010 wieder aufwärts geht, einige Wendepunkte erreicht werden können, die die Umgestaltung der Branche vorantreiben."
Nach Meinung der IDC-Experten werde der Wandel im kommenden Jahr überall in der IT-Branche zu spüren sein. Stärkster Transformationstreiber seien dabei Cloud Services und das Verbrauchsmodell (Consumption Model), das sich kontinuierlich ausbauen und weiterentwickeln werde.
Cloud Computing bleibt Strategiethema Nummer Eins
"Neu auf den Markt kommende Cloud Services in Unternehmensqualität sind das gemeinsame Thema in diesem Bereich", heißt es in der Vorhersage von IDC. Dabei werde es bei den Cloud-Applikationsplattformen - "dem für die nächsten 20 Jahre strategisch wichtigsten Teil des Cloud Computings" - zu einem harten Kampf im Markt kommen. Auch für öffentliche Cloud-Services, private Clouds, Cloud-Appliances und hybride Cloud-Management-Tools ergäben sich gute Chancen.
Nach Einschätzung von IDC werden beim Umbau der Branche mobile Endgeräte eine ebenso große Rolle spielen, weil sie immer stärker mit den Desktop-PCs um den Platz als primäre Client-Plattform rängen. Bis zum Jahresende, so die IDC-Prognose, werden über eine Milliarde Mobilgeräte Zugang zum Internet haben. Insbesondere die steigende Beliebtheit von Smartphones und die Markteinführung des iPad-Tablet-Computers von Apple würden diese Zahl nach oben treiben.
Die wachsende Anzahl an mobilen Geräten wiederum wird zu einer explosionsartigen Zunahme an mobilen Applikationen führen, erwartet IDC: "Die Menge der iPhone Apps verdreifacht sich auf 300.000, Android Apps steigen um das Fünffache oder sogar mehr". Im Netbook-Markt zeichne sich dasselbe Phänomen ab. Neu auf den Markt kommende Software-Ökosysteme führten zu optimierter Performance und Nutzbarkeit dieser beliebten Geräte.
Die Verbreitung von Cloud Services, die explosionsartige Zunahme an mobilen Endgeräten und mobilen Applikationen, die steigende Beliebtheit von Video-Applikationen… - all das stellt IDC zufolge immer höhere Ansprüche an die öffentlichen Netze.
Die Analysten gehen davon aus, dass die Marktteilnehmer ihre Migration auf konvergente IP-Plattformen vorantreiben, verstärkt Managed Services anbieten und ihre Plattformen für die Serviceerbringung und ihre Geschäftsmodelle umgestalten werden. Das Ziel sei es, die zunehmenden Chancen zu nutzen, die sich aus dem Massenmarkt, der Anzahl an angeschlossenen Geräten und im M2M-Bereich (Machine-to-Machine), also dem automatisierten Informationsaustausch zwischen Endgeräten, ergeben.