Weltweit gibt es einenTrend zu konfektionierten Data Center Services (DCS). Das beobachten die Analysten von Gartner. Allerdings stellen die Marktforscher beträchtliche regionale Besonderheiten fest. Der Unterschied liegt dabei in der Adaption von Infrastructure Utility Services (IUS) und Cloud Computing. Im Falle von Dienstleistungen aus dem Rechenzentrum sind damit insbesondere Infrastructure-as-a-Service (IaaS) und Platform-as-s-Service (PaaS) gemeint.
Im Vergleich zeigen sich besonders nordamerikanische Firmen höchst affin für Colocation und Hosting, also für angemietete Dienstleistungen aus dem IUS- und Cloud-Segment. 58 Prozent der Anwender dort setzen auf derartige Modelle, nur 42 Prozent auf konventionelles Outsourcing. Die Entwicklung steuert darauf hin, dass sich das Verhältnis bald die Waage hält.
Alleine 42 Prozent der Unternehmen aus den USA und Kanada nutzen laut Gartner Hosting, vergleichsweise hoch ist auch der Cloud-IaaS-Anteil. Für die IT-Dienstleister in Nordamerika gehe das mit wachsendem Preisdruck einher. Weltweit beziffert Gartner den Iaas-Markt auf ein Volumen von vier Milliarden US-Dollar, den PaaS-Markt auf 1,4 Milliarden. Der größte Teil dieses Umsatzes werde in den USA erwirtschaftet, so die Analysten.
Krise bringt klassisches Outsourcing unter Druck
Gänzlich anders ist die Lage in Europa. Die klare Mehrheit von 81 Prozent betreibt hier klassisches Data Center Outsourcing (DCO). „Bestehen die rezessionalen Züge in der Wirtschaft fort, werden die Unternehmen verstärkt in Richtung IUS und Cloud Computing steuern“, prognostiziert Gartner. Treiber dieser Entwicklung seien das Streben nach internationaler Wettbewerbsfähigkeit und nach niedrigeren IT-Kosten.
Der Status Quo sieht gleichwohl noch ganz anders aus. 2011 gaben europäische Firmen für DCO laut Gartner geschlagene 38 Milliarden US-Dollar aus. Bei Web-Hosting und Colocation waren es lediglich 8,6 Milliarden Dollar. Auf Public Cloud Services entfielen davon 23 Prozent.
Aufbau niedrigpreisiger Remote Control-Zentren
Traditionell sei der europäische Markt ein fragmentiertes Puzzle mit einer Fülle voll ausgestatteter Rechenzentren gewesen, so die Analysten. 2005 hätten die führenden IT-Dienstleister mit dem Aufbau niedrigpreisiger Remote Control-Zentren und mit der Entwicklung von IUS-Angeboten begonnen. Seit 2008 habe dieser Prozess durch die Finanzkrise einen Schub bekommen.
Colocation und Managed Hosting seien zwar nicht gänzlich ungebräuchlich, hätten aber nie ein vergleichbares Gewicht wie in den USA erlangt. Die Vorzüge von Cloud Computing seien – Privacy- und Compliance-Bedenken zum Trotz – für viele europäische Firmen attraktiv. Das Interesse fokussiere sich aber vor allem auf Software-as-s-Service (SaaS). Für IaaS fehle es in den mittlerweile ausgedünnten IT-Abteilungen jedoch oft an den benötigten technologischen Ressourcen.
Die europäischen Telekommunikationsanbieter seien angesichts dieser Gemengelage im Data Center-Bereich lange verunsichert gewesen. Mittlerweile hätten sie aber die Entwicklung und Lieferung von DCS beschleunigt. Zielgruppe seien insbesondere die oft mittelständischen Unternehmen, die noch nicht ins Outsourcing eingestiegen sind.
Europäer kaufen US-Cloud-Services
Auch weil es keine gemeinsame europäische Cloud-Bewegung gebe, griffen europäische Kunden häufig auf nordamerikanischen Cloud-Lösungen zurück, so Gartner. Diese Angebote basierten zumeist auf einer auf US-Verhältnisse zugeschnittenen Strategie. „Während diese Provider ihre lokalen Cloud-Kapazitäten in Europa auf- und ausbauen, konzentrieren sie sich dabei auf Standorte wie Amsterdam, London oder Dublin“, so Gartner. Die Analysten rechnen jedoch damit, dass sich mittelfristig Konkurrenz mit europäischen Wurzeln etabliere.
Dominiert werde der europäische DCS-Markt momentan von globalen Outsourcing-Firmen wie IBM, HP, CSC und Fujitsu sowie von europäischen Dienstleistern wie Atos und Capgemini. Dahinter folgten die Telekommunikationsunternehmen wie T-Systems, Orange, Telefonica, BT, Telecom Italia und KPN sowie indische Offshore-Provider wie HCL, Infosys, Wipro und Tata Consultancy Services (TCS).
Anbieter-Landschaft unübersichtlich
Globale Hosting-Firmen wie AT&T, Savvis, Verizon/Terremark und Rackspace verfügten zwar über Ressourcen in Großbritannien, den Niederlanden und Zentraleuropa. Weil es aber an einer breiten lokalen Verankerung fehle, eröffne sich für einheimische Firmen wie Colt und Interroute die Gelegenheit, in diese Lücke zu stoßen.
Datensicherheits- und Compliance-Bedenken treiben laut Gartner die Anbieter dazu, lokale Lösungen mit globalem Design zu entwickeln. Das Fazit der Analysten: „Der Wildwuchs an Angeboten von lokalen und internationalen Providern in Europa könnten zu Überkapazitäten und Konsolidierung führen – in einem Markt, in dem die Kunden zuerst auf die Kosten schauen und erst dann auf Agilität und Unterstützung für schnelles Wachstum.“
Die Studie „Data Center Services: Regional Differences in the Move Toward the Cloud, 2012” ist bei Gartner erhältlich.