Während auf der Convention & EXPO in New York vor einem Jahr die Aussteller- und Besucherzahlen noch rückläufig waren, konnten die Veranstalter dieses Jahr eine Trendwende verzeichnen. Laut NRF kamen vor allem fast 30 Prozent mehr Besucher von Retail-Unternehmen, die sich auf der weltweit größten Retail-Messe vor Ort informieren wollten.
Die viertägige Veranstaltung Mitte Januar war von einem ebenfalls gut besuchten Rahmenprogramm an Key Notes und Vorträgen begleitet, darunter hochkarätige CEOs und CIOS von Retailern wie Wal-Mart, Saks oder Tesco und prominente Analysten wie Sucharita Mulpuru von Forrester.
Auf dem Branchentreff waren nicht nur die Großen der IT wie SAP, Oracle, Cisco, HP, IBM oder Microsoft vertreten, die ihre IT-Lösungen für Retailer vorstellten. Vor Ort waren auch zahlreiche Spezialisten wie die AT&T-Tochter Sterling Commerce, Kronos oder Netezza. Wie auch auf anderen Messen ging es mehr um Bestandsaufnahme, Fortbildung und Networking – explizite Neuankündigungen waren eher dünn gesät.
Intel und Microsoft stellten eine „Smart-Sign"-Technologie vor, mit der digitale Bilder in den Geschäften nicht nur Produkte darstellen, sondern interaktive Beziehungen mit den Kunden ermöglichen sollen. Smart-Signs, die mit Kameras und spezieller Software ausgestattet sind, sollen Alter, Geschlecht und Größe der Leute erkennen, die vor den Bildern stehen, und Informationen darüber liefern, welche Bilder (Signs) besondere Aufmerksamkeit erregt haben.
Traditionelle Retailer würden so mit web-basierten Konkurrenten gleichziehen, die sich wesentlich mehr Informationen über ihre Kunden besorgen können. Embedded Computing mit Intel-CPUs und Microsoft-Software wird – so die Pläne beider Hersteller – Point-of-Sale-Systeme (POS) und ganze Ladeneinrichtungen prägen, um immer näher an die Käufer und Interessenten heranzurücken und möglichst viel über sie zu erfahren.
iPhone Apps liefern Preisvergleiche
Was mit der Einführung von TV-Screens und einfachen, bewegten Werbebotschaften schon vor einigen Jahren in den Läden anfing, wird nun systematisch erweitert um die Möglichkeiten, die Smartphones mit ihren eingebauten Kameras bieten. Das Fotografieren von Barcodes in den Läden führt über spezielle Applikationen (zum Beispiel iPhone-Apps) zu weiteren Informationen über das jeweilige Produkt oder auch zu Preisvergleichen mit anderen Retailern, noch während der Kunde im Laden steht.
In den USA ist diese Praxis inzwischen weit verbreitet, und die Retailer müssen sich darauf einstellen. Zu ihren Aktivitäten zählen inzwischen der Aufbau eigener „Communities" über Facebook, Twitter oder auch direkt auf den eigenen Web-Seiten.
Zahlreiche Vorträge widmeten sich in New York besonders dem „Mobile Retailing". Dabei müssen zwei Aspekte unterschieden werden: Beim Mobile Marketing geht es in erster Linie um das Versenden von Produkt- und Werbebotschaften sowie um Kundenbindung („customer loyalty"), während „Mobile Transactions" Kauf- und Bezahlprozesse umfassen.
Um letztere zu unterstützen, sind Investitionen in eine geeignete Infrastruktur notwendig, um den erhofften Ansturm gerade jüngerer Konsumenten bewältigen zu können. Man kann es auch so ausdrücken: Der Handel hat begriffen, dass mobile Geräte nicht nur in Asien und den nordeuropäischen Ländern zu einer Art (Ersatz-)Religion geworden sind, die es nur noch in Richtung Kaufprozesse zu lenken gilt.
Das kann auch Vorteile für die Kunden bringen, wenn sie auf Applikationen zurückgreifen können, mit denen sie Produktvergleiche oder die Umsetzung ihrer Kaufinteressen durchführen können. So hat Wal-Mart inzwischen eine Software im Einsatz, mit der zum Beispiel eine Photographie des eigenen Wohnzimmers automatisch so interpretiert werden kann, dass anschließend die passende Größe eines Flachbild-TVs empfohlen wird.
Während die USA bisher bei mobilen Telefonen eher ein Nachzügler waren, beginnt sich dies gerade mit Apples iPhone und den Google-Geräten zu ändern. Retailer in Europa und Deutschland sollten deshalb die Entwicklung in den USA aufmerksam beobachten, um nicht den Anschluss zu verpassen.
Was SAP für Trends identifiziert
Viel war in New York auch die Rede von „Greentailing" und „Nachhaltigkeit". Etwas durch wieder verwendbare Einkaufstüten oder besondere Überprüfung der Rohstoffe und Lieferanten für die Umwelt zu tun, gehört inzwischen zum guten Ton der Branche. Bei einer Podiumsdiskussion mit Matt Kistler, Senior Vice President of Sustainability bei Wal-Mart, und Peter Graf, Chief Sustainability Officer bei SAP, ging es neben dem üblichen Selbstlob auch um eine verfeinerte „grüne" Strategie, die mehr als ein bloßes „Greenwashing" sein will, wie Graf ausführte.
SAP bemühe sich, so Graf, darum, das eigene Unternehmen zu einem Modell für Nachhaltigkeit auszubauen. Dies umfasse mehr als Energieverbrauch und allgemeine Umweltfragen. In Kooperation mit den Kunden habe man Anwendungen für das Nachhaltigkeits-Management entwickelt, mit denen die Unternehmen nicht nur die eigenen CO2-Emissionen oder den Einsatz von Chemikalien, sondern auch die entsprechenden Prozesse ihrer Lieferanten sowie deren Einhaltung von Arbeitsstandards überprüfen können. Anwendungen für Business Intelligence und entsprechende Dashboards sollen in diese Richtung weiter entwickelt werden.
Laut Graf geht es bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit neben der Umwelt vor allem um ökonomische und soziale Aspekte – letztlich um einen lang anhaltenden Prozess der Selbstüberprüfung der Unternehmen, der staatliche Regulierungsmaßnahmen überflüssig machen soll.
Weitere Informationen inklusive PDFs von Präsentationen auf der NRF Convention & EXPO 2010 unter: http://events.nrf.com/annual2010/Public/MainHall.aspx?ID=5938