IDG-Studie IT-Modernisierung 2021

Die Umgebungen werden moderner

02.03.2022 von Bernd  Reder
Um schneller, agiler und innovativer zu werden, haben viele Unternehmen mit der Modernisierung ihrer IT-Systeme und Anwendungen begonnen.
Ohne IT-Modernisierung keine Digitalisierung. Deutsche Unternehmen haben das in weiten Teilen erkannt.
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Wer nicht digitalisiert, bekommt Probleme. Das zeigte sich vor allem im Verlauf der COVID-19-Krise. Unternehmen in Deutschland, die ihre Geschäftsabläufe und Angebotspalette auf eine digitale Grundlage gestellt haben, erwiesen sich nach Angaben des ITK-Branchenverbandes Bitkom als deutlich resistenter gegenüber den Auswirkungen der Pandemie. Eine erfolgreiche Digitalisierung setzt allerdings IT-Bestandssysteme voraus, die auf die Anforderungen digitaler Geschäftsmodelle abgestimmt sind. Das haben etwa drei Viertel der deutschen Unternehmen erkannt. Diese Unternehmen planen daher, geschäftskritische IT-Umgebungen zu modernisieren. Das ist eines der Ergebnisse der Studie "IT-Modernisierung 2021" von IDG Research Services.

Rund 60 Prozent der für diese Studie Befragten haben bereits in sehr großem oder großem Umfang Anwendungen und Prozesse modernisiert. Vor allem Unternehmen aus dem Mittelstand mit bis zu 500 Mitarbeitern sehen den Bedarf, auch Systeme und Software zu modernisieren, die noch nicht den "Legacy"-Status erreicht haben. Dazu zählen Java-Anwendungen. Interessanterweise sind für die Anwenderunternehmen nicht die Kosten die größte Herausforderung, wenn sie einen Teil ihrer IT modernisieren wollen. Vielmehr bereiten den Firmen vor allem Fragen rund um die IT-Sicherheit (35 Prozent) und technologische Aspekte (33 Prozent) Kopfzerbrechen.

Bereits 60 Prozent der deutschen Firmen haben in sehr großem oder großem Umfang Prozesse und Programme modifiziert.
Foto: IDG Research Services: Christine Plote

Führungskräfte machen Druck

Interessanterweise drängen vor allem Geschäftsführer und Manager (43 Prozent) darauf, dass im Firmenrechenzentrum neue Anwendungen und Systeme Einzug halten oder eine Cloud-Computing-Strategie umgesetzt wird. Dagegen sehen zwei Drittel der IT-Abteilungen und über 85 Prozent der Fachbereiche keinen Handlungsbedarf. Eine - allzu menschliche - Erklärung dafür könnte sein, dass die Mitarbeiter in den IT-Abteilungen die Einschätzung der "Chefs" als ungerechtfertigte Kritik an ihrer Arbeit einstufen. Hinzu kommt, dass ein beträchtlicher Teil der Business-Entscheider gar über das nicht über das notwendige Know-how verfügen dürfte, um den Modernisierungsbedarf bei der IT-Infrastruktur und den Anwendungen richtig einzuschätzen.

Für CIOs und IT-Führungskräfte spielt zudem ein weiterer Punkt eine wichtige Rolle: die Befürchtung, dass ein Umbau der IT-Umgebung Fachkenntnisse und personelle Ressourcen erfordert, die schlichtweg nicht vorhanden sind. Dafür spricht, dass nur knapp ein Viertel der Unternehmen nach ihrer Einschätzung über genügend eigene Fachleute verfügt, um ein IT-Modernisierungsprojekt umzusetzen. Das gilt vor allem für den Mittelstand. Er leidet darunter, dass Firmen mit 500 bis 1.000 Mitarbeitern für viele Fachkräfte mit IT-Hintergrund weniger attraktiv sind als Großunternehmen. Auch die Corona-Krise hat wenig daran geändert, dass Spezialisten, die beim Umbau einer IT-Infrastruktur und Anwendungsumgebung helfen können, weiterhin gesucht sind.

Die meisten Unternehmen sind sich unsicher, ob sie Modernisierungsprojekte personell stemmen können.
Foto: IDG Research Services: Christine Plote

Gravierender Mangel

Durch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie ist zwar die Zahl der Stellen in Bereichen wie Informationsmanagement und Data Analytics zurückgegangen. Doch Fachleute für die IT-Infrastruktur sind weiterhin Mangelware. Dasselbe gilt für Fachkräfte, die sich mit Legacy-Systemen, Großrechnern und Programmiersprachen wie Cobol auskennen, so die IDG-Studie. Speziell der Mangel an Spezialisten für die Programmiersprachen Cobol und PL/1 wirkt sich negativ aus. Dies gilt umso mehr, als dass fast zwei Drittel der Unternehmen solche Anwendungen gerne weiterhin nutzen möchten. Das setzt jedoch voraus, dass Fachleute die Anwendungen an geänderte Geschäftsanforderungen anpassen.

Allerdings hakt es nicht nur an der Zahl und Qualität der IT-Fachleute. Insbesondere im Mittelstand tritt ein Phänomen gehäuft auf: Bei einem Drittel der Befragten sind postproduktive Systeme im Einsatz. Das sind IT-Umgebungen, die nicht mehr im Produktivbetrieb zum Einsatz kommen. Dennoch lagern auf solchen Systemen immer noch große Datenbestände. Bei 36 Prozent der Mittelständler sind außerdem Legacy-Systeme im Einsatz, für die es bislang keine Alternativen gibt.

Solche Bestandssysteme und Kernanwendungen, etwa im Bereich Enterprise Resource Planning (ERP), sind im Schnitt seit sechs bis zehn Jahren im Einsatz. Bei einem Viertel der deutschen Firmen sind es bis zu 15 Jahre. In gewisser Weise ist es nachvollziehbar, dass sich IT-Abteilungen und Geschäftsführer davor scheuen, solche Kernapplikationen und die dazugehörige IT-Infrastruktur "anzufassen". Denn dies erfordert einen hohen finanziellen und personellen Aufwand. Hinzu kommt das Risiko, dass durch den Umbau geschäftskritische Prozesse zumindest zeitweise nicht in der erforderlichen Qualität zur Verfügung stehen.

Neue IT-Ansätze erforderlich

Doch eine Vorgehensweise nach dem Motto "weiter so" ist kein zukunftsträchtiger Ansatz. Das belegt folgendes Ergebnis der Studie: Die meisten Unternehmen (55 Prozent) starten Modernisierungsprojekte, weil ein Teil der vorhandenen Systeme nicht mehr die aktuellen Geschäftsanforderungen erfüllt. Hinzu kommt, dass durch den Einsatz von Applikationen und Systemsoftware, für die die Hersteller keine Updates mehr bereitstellen, die Risiken in Bereichen wie Compliance, Datenschutz und IT-Sicherheit steigen.

Zudem verursachen postproduktive und Legacy-Systeme laut 60 Prozent der Studienteilnehmer höhere Kosten beim Betrieb und der Wartung als aktuelle Anwendungen. Allerdings gilt es dabei zu bedenken, dass es für viele Unternehmen und öffentliche Einrichtungen nicht machbar ist, postproduktive Systeme "auf die Schnelle" auszumustern. Der Grund ist, dass die Daten, die auf solchen Lösungen gespeichert sind, aus regulatorischen Gründen längere Zeit vorhalten müssen. Das gilt beispielsweise für Geschäftsunterlagen, die bis zu zehn Jahre lang aufzubewahren sind. Bei medizinischen Daten sind es sogar bis zu 30 Jahre, etwa bei Röntgentherapien. Solche Informationsbestände auf andere beziehungsweise neue Anwendungen und IT-Systeme zu portieren, ist seinerseits mit Kosten verbunden.

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Cloud im Fokus

Doch was tun? Für rund 60 Prozent der Unternehmen in Deutschland heißt die Antwort "Cloud Computing". Vor allem Geschäftsführer (31 Prozent) plädieren laut der Studie von IDG Research Services dafür, zumindest einen Teil der Applikationslandschaft und Infrastrukturservices in eine Cloud-Umgebung zu verlagern. Ein Grund für diese Haltung dürfte sein, dass sich Manager davon geringere Kosten versprechen. Das deckt sich mit einem anderen Ergebnis der Studie. Demnach erhoffen sich mehr als 40 Prozent der Business-Entscheider durch eine modernisierte IT vor allem Kostensenkungen.

Anwender erhoffen sich durch eine IT-Modernisierung vor allem niedrigere Kosten und eine Optimierung der Geschäftsprozesse.
Foto: IDG Research Services: Christine Plote

Beim Trend in Richtung Cloud spielen jedoch auch andere Aspekte eine Rolle. So will mehr als die Hälfte der mittelständischen Unternehmen im Rahmen der IT-Modernisierung Platform-as-a-Service-Angebote (PaaS) von Cloud-Serviceprovidern nutzen. Dazu zählen nicht nur die Services von Hyperscalern wie Microsoft (Azure), Amazon Web Services und Google. Auch die PaaS-Angebote von IBM, Oracle, SAP, der Software AG oder von T-Systems kommen in Betracht. Ein Vorteil von PaaS ist beispielsweise, dass Unternehmen dadurch schneller Entwicklungs- und Testumgebungen für Applikationen und IoT-Services (Internet of Things) einrichten können.

Die wichtigsten externen Partner

Vor diesem Hintergrund ist es keine Überraschung, dass für die Hälfte der Unternehmen in Deutschland Cloud-Anbieter die wichtigsten externen Partner bei der IT-Modernisierung sind. Allerdings spielen auch Beratungsunternehmen, Serviceprovider und Systemhäuser sowie Systemintegration eine wichtige Rolle. Vor allem kleinere und mittelständische Firmen setzen auf Systemhäuser. Der Grund dafür ist, dass diese Unternehmen oft bereits seit längerer Zeit mit solchen Dienstleistern zusammenarbeiten. Dies ist allein deshalb der Fall, weil die meisten Mittelständler nur über kleinere IT-Abteilungen verfügen und somit IT-Services von externen Spezialisten einkaufen müssen.

Hinzu kommt der "menschliche" Faktor: Für die meisten Unternehmen, die bei der IT-Modernisierung mit einem Dienstleister zusammenarbeiten, spielt dessen Vertrauenswürdigkeit die wichtigste Rolle. Erst danach folgen Faktoren wie das technische Know-how und Branchenkenntnisse. Und diese Vertrauensbasis entsteht dann, wenn ein Anwender bereits mehrfach Projekte mit einem IT-Spezialisten durchgeführt hat.

Und ein dritter Punkt, der aus Sicht eines Unternehmens für die Zusammenarbeit mit einem Beratungs- oder Systemhaus spricht: Viele dieser Dienstleister haben Cloud-Services in ihr Portfolio aufgenommen. Diese stellen sie entweder über eigene Cloud-Rechenzentren oder die Cloud-Infrastruktur von Serviceprovidern zur Verfügung. Eine weitere Option ist, dass IT-Dienstleister ihren Kunden Angebote von Cloud-Serviceprovidern zur Verfügung stellen, etwa in Form von Managed Services.

IT-Modernisierung breiter denken

Ein positives Ergebnis der Studie ist, dass deutsche Unternehmen Anwendungen und die IT-Infrastruktur an geänderte Geschäftsbedingungen anpassen möchten, vor allem vor dem Hintergrund des digitalen Wandels. An die 60 Prozent haben bereits entsprechende Projekte gestartet oder abgeschlossen und 72 Prozent stufen solche Vorhaben als essenziell ein.

Dennoch bleibt noch einiges zu tun. Zu denken gibt beispielsweise, dass die strategische Bedeutung von modernisierten IT- und Anwendungsumgebungen noch unterschätzt wird. Das zeigt sich daran, dass vor allem Manager und Geschäftsführer mit der IT-Modernisierung primär niedrigere Betriebs- und Wartungskosten verbinden. Doch das ist zu kurz gedacht. Denn eine flexible und zeitgemäße IT-Umgebung ist ein Schlüsselfaktor für Unternehmen, die agiler auftreten und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken wollen. Wer primär den Kostenfaktor im Auge hat, läuft Gefahr, diese Ziele aus den Augen zu verlieren.

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Die Studie "IT-Modernisierung 2021" ist jetzt erhältlich.
Foto: IDG Research Services: Christine Plote

Studiensteckbrief

Herausgeber: COMPUTERWOCHE, CIO, TecChannel und ChannelPartner

Platin-Partner: IBM; T-Systems

Gold-Partner: ARS; PKS; Workday

Silber-Partner: FreeSoft; Micro Focus

Grundgesamtheit: Oberste (IT-)Verantwortliche von Unternehmen in der D-A-CH-Region: strategische (IT-)Entscheider im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs), IT-Entscheider und IT-Spezialisten aus dem IT-Bereich

Teilnehmergenerierung: Stichprobenziehung in der IT-Entscheider-Datenbank von IDG Business Media sowie zur Erfüllung von Quotenvorgaben über externe Online-Access-Panels; persönliche E-Mail-Einladungen zur

Umfrage Gesamtstichprobe: 533 abgeschlossene und qualifizierte Interviews

Fragebogensplit:

Teilstichprobe A: n = 275

Teilstichprobe B: n = 269

Untersuchungszeitraum: 30. November bis 8. Dezember 2020

Methode: Online-Umfrage (CAWI)

Fragebogenentwicklung: IDG Research Services in Abstimmung mit den Studienpartnern

Durchführung: IDG Research Services