Unified Communications (UC) kann in der Wirtschaftskrise seine Stärken ausspielen. Zu dieser Erkenntnis sind die Marktforscher von Forrester in Gesprächen mit Anwenderunternehmen und UC-Anbietern gekommen. Mit dem Bericht "The 2009 Outlook For Unified Communications In Europe" wollen die Marktbeobachter eine Studie zum selben Thema von Anfang 2008 fortführen.
Forrester sagt trotz Wirtschaftskrise ein starkes Wachstum in diesem Segment vorher. Im vergangenen Jahr betrug der Umsatz mit UC-Lösungen in Europa etwa 792 Millionen Dollar. In diesem Jahr soll er auf 1,3 Milliarden wachsen, bis 2015 dann auf 6,5 Milliarden.
In der Studie aus dem ersten Quartal 2008 hatten die Marktforscher rund 600 Vertreter großer und mittelständischer oder kleiner Firmen befragt. Jede zehnte große und jede fünfte kleinere Firma hatte damals schon eine UC-Lösung vollständig in Betrieb. Viele befanden sich in der Pilot- oder Bewertungs-Phase, während 13 Prozent der großen und 35 Prozent der übrigen Betriebe noch keine Pläne hatten.
Diese umfangreiche Befragung wiederholten die Marktforscher jetzt nicht, stattdessen sprachen sie mit großen Anwenderfirmen und Anbietern. Ergebnis: Auch dieses Jahr werde Unified Communications für CIOs hohe Priorität haben, weil die Vorteile dieser Strategie einigen wichtigen Zielen vieler Firmen entsprächen. Konkret nennt Forrester drei Gründe:
1. UC senkt Reise- und Telefonkosten
Zum einen lasse sich mit UC viel Geld sparen. Ein Projekt mit mehreren Firmen, das die gesamten wirtschaftlichen Auswirkungen einer einheitlichen Kommunikationslösung aufzeigen sollte, führte den Marktbeobachtern vor Augen, dass die Investitionen schnell wieder eingespielt seien - sowohl durch direkte Kostenreduzierungen, als auch durch eine Verbesserung der Produktivität.
Den Firmen würden jetzt Vorteile bewusst wie Ersparnisse bei den Reisekosten, niedrigere Telefonrechnungen, weniger Ausgaben für Audiokonferenz-Dienste. Immer beliebter würden der Zugang zu UC-Lösungen für mobile Mitarbeiter und die Flexibilität bei der Zusammenstellung virtueller Teams.
2. Besserer Dienst am Kunden
Das Schlagwort "Communications-enabled business processes" (CEBP) soll nach Meinung von Forrester dieses Jahr mehr und mehr in die Praxis umgesetzt werden. Aus Sicht der Marktbeobachter werden die CEOs sich in der Krise der IT zuwenden, um mit ihrer Hilfe Geschäftsprozesse zu verändern. Bei der Automatisierung und Neuausrichtung von Prozessen könne UC eine große Hilfe sein.
3. Bessere Zusammenarbeit für mehr Innovation
Forrester verweist auf Untersuchungen von Anbietern wie IBM, denen zufolge die Chefs von Unternehmen die firmenweite Zusammenarbeit ihrer Angestellten verbessern wollen und Wert auf Innovationen sowie Flexibilität legen. Werkzeuge für die Zusammenarbeit spielten dabei eine wichtige Rolle, beispielsweise die bekannten Web 2.0-Anwendungen wie Blogs, Wikis oder soziale Netzwerke. UC-Anbieter müssten darauf achten, dass ihre Produkte mit gängigen Werkzeugen für die Zusammenarbeit kompatibel seien, zum Beispiel Microsoft Sharepoint oder Lotus Sametime von IBM.
Am Beispiel von Shell schildert der Forrester-Bericht, wie weit ein UC-Projekt gehen kann. So hat die Shell-Gruppe angekündigt, 150.000 Desktops mit dem Microsoft Office Communicator als Client auszustatten und Office Communications Server 2007 in den Rechenzentren in Amsterdam, Houston und Kuala Lumpur aufzustellen. Ein Merkmal von Shells UC-Strategie ist es, Sprachkommunikation wie jede andere IT-Anwendung zu betrachten. Die gesamte Sprachkommunikation wird über ein WAN abgewickelt. Für den Notfall haben die Angestellten außerdem Mobiltelefone, falls das WAN ausfällt.
Standard werden künftig Programme zum Telefonieren auf den Laptops sein. Außerdem werden UC-Lösungen auf die Smartphones aufgespielt. Die Tischtelefone will Shell nach und nach abschaffen, zunächst bei Mitarbeitern, die viel reisen. Außerdem soll jeder Desktop mit Möglichkeiten zur Video-Kommunikation ausgestattet werden. Die firmeneigene UC-Plattform soll nicht auf Shell-Angestellte begrenzt werden. Auch die Mitarbeiter externer Anbieter sollen eingebunden werden.
BT als Systemintegrator
Mit unterschiedlichen Strategien treten die Anbieter auf, wie Forrester feststellt. BT Global Services fahre einen konventionellen Systemintegrations-Ansatz. Unified Communications and Collaborations würden als Lösung verkauft, die den IT-Abteilungen den Aufbau einer SOA ermöglichten, die dynamisch auf die Anforderungen des Business reagieren könne.
Als besonders flexibler Anbieter will sich Verizon Business aufstellen, wie Forrester schreibt. Der Hersteller biete eine Mischung aus Sicherheitsdienstleistungen, gehosteten und vor Ort installierten Lösungen an. IBM Global Technology Services richtet sich vor allem an Geschäftsprozessen aus. Die Lösungen seien um das Produkt Lotus Sametime aufgebaut und böten Möglichkeiten, mit Anwendungen vieler Anbieter verbunden zu werden.
Microsoft schließlich versucht mit seinem Produkt OCS 2007 R2 ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Die Lösung bietet Forrester zufolge unter anderem gute Möglichkeiten zur Verbindung mit mobilen Geräten. Kleine Unternehmen stehe mit OCS 2007 R2 eine gute Komplettlösung zur Verfügung.
Zusammenfassend raten die Forrester-Experten Firmen dazu, in der derzeitigen Lage kein Hauruck-UC-Projekt umzusetzen. Sinnvoller sei es, dort darauf umzusteigen, wo sich sofortige Vorteile zeigten. Um flexibel zu sein, sollten Firmen erwägen, dabei auf Managed Services zu setzen. Gerade für mittelgroße Unternehmen könne es auch ratsam sein, eine UC-Lösung als gehosteten Dienst zu nutzen.