"Dynamic" heißt das Schlagwort der Stunde. Kaum ein Hersteller oder Service will noch ohne diese edle Bezeichnung auskommen. So auch T-Systems. Unterstützt durch einen seiner größten Partner, den Storage-Spezialisten NetApp, vollzieht das IT-Dienstleistungsunternehmen derzeit eine Metamorphose und erweitert seine "Dynamic Services" in Richtung Virtualisierung und Cloud Computing. Es geht vor allem um den Ausbau der variablen ICT-Ressourcen und Leistungen, mit denen traditionelle Outsourcing-Kunden Rechenkapazitäten, Datenservices und Speicherkapazität zur Verfügung gestellt wird. Ferner kann T-Systems den Betrieb von Applikationen übernehmen, die bisher beim Kunden betrieben wurden, oder auf der Infrastrukturseite Netzdienste und Desktops.
Zentraler Bestandteil der auf mehr Flexibilität getrimmten Rechenzentren des Dienstleisters sollen neben einer breiten Server-Ausstattung vom Mainframe bis zu x86-Clustern virtualisierte NAS-Datenspeicher von NetApp und Netzstrukturen von Cisco sein. NetApp hat zudem eine VMotion von VMware vergleichbare Software-Funktion (NetApp Data Motion) entwickelt, mit der Daten unterbrechungsfrei und ohne Downtime von Applikationen zwischen Storage-Systemen verschoben werden können. Dies trägt laut T-Systems mit dazu bei, dass man im Vergleich zu einem Inhouse-Betrieb bis zu 30 Prozent billiger sein könne. Bei SAP-Anwendungen zum Beispiel könnte eine einschneidende Verkürzung der Deployment-Zeiten von acht auf zwei bis drei Monate erzielt werden.
Olaf Heyden, Mitglied der Geschäftsführung Information and Communications Technology Operations bei T-Systems, betont, die besondere Beziehung zu dem Hersteller NetApp schaffe günstige Voraussetzungen für die neue Phase von Virtualisierung und Cloud Computing.
IDC-Analyst Rüdiger Spies stimmt dem zu. Für ihn geht es bei Cloud Computing um eine grundsätzliche Transformation der IT, für die gerade Service Provider wie T-Systems besonders günstige Bedingungen mitbrächten: "T-Systems und ebenso BT (British Telecom) kommen als Outsourcer oder Service-Anbieter aus dem Telekommunikations-Umfeld. Diese Art von Service-Providern ist heute mit am besten positioniert für Cloud Computing, weil sie wirklich ein End-to-End-Angebot machen können, inclusive Netzwerk."
Sie könnten damit auch die benötigte Performance über das Netzwerk garantieren. "Diese Voraussetzung für Cloud Computing können die klassischen Outsourcer – zum Beispiel IBM oder Siemens Information Services (SIS) – so nicht anbieten, da sie über keine eigenen Netzwerke verfügen", sagt Spies.
IBM verfügte einmal über diese Voraussetzung, hat sich aber schon vor Jahren im Zuge der Ausrichtung auf ein neues Servicemodell von diesem Geschäftsbereich getrennt. T-Systems, BT und weitere Anbieter aus dem TK-Bereich haben jetzt auch deshalb ganz gute Karten, weil ihre Service-Konkurrenten zum Teil einen anderen Weg gegangen sind. Ob IBM, HP oder jetzt auch Dell mit der Übernahme von Perot Systems hier mithalten oder nachziehen können, bleibt abzuwarten. Allerdings stehen ihnen mögliche Partnerschaften mit Netzwerkbetreibern offen.
Wenn man die drei Layer von Cloud Computing auseinander hält – also Infrastruktur, Plattform und Application oder Software –, dann spielen T-Systems und Partner NetApp zum großen Teil auf dem untersten Layer mit, bei der Infrastruktur oder Storage as a Service. IDC-Analyst Spies ist der Ansicht, dass es an dieser Stelle eigentlich keine großen Änderungen zum klassischen Outsourcing-Geschäft gibt. Denn die Art und Weise, wie diese Services bezogen werden, habe sich in den letzten Jahren auf technischer Ebene nicht geändert.
Das wesentlich Neue, das jetzt mit Cloud Computing kommt
Anders sei es aber bei der Plattform und insbesondere bei der Software: "Die Software wird jetzt nicht mehr wie früher im klassischen Outsourcing-Geschäft gekauft und dann dem Outsourcer übergeben, sondern der Outsourcer kauft die Software oder bekommt sie vom Software-Hersteller und stellt sie dann nach Nutzung in Rechnung", so Spies. Das mache eigentlich das wesentlich Neue aus, das jetzt mit Cloud Computing kommt.
So etwas gab es in der Vergangenheit nicht bei den Service-Anbietern. Mit Cloud Computing ziehen die Outsourcer jetzt diesen Software-Anteil der Infrastruktur an sich. Spies ist sich sicher:
"Damit kommt es zu einer größeren Konzentration bei den Anbietern von Cloud Services, denn die Anwender aus der Unternehmenswelt kaufen die Software-Lizenzen gar nicht mehr selbst."
T-Systems sieht in Virtualisierung und Cloud Computing keine revolutionäre Umwälzung der IT. Man zieht es vor, von "Evolution" zu sprechen und verweist auf den bisher schon erfolgten Ausbau der eigenen Rechenzentren in Richtung mehr "Flexibilität" oder "Dynamik". Dabei gibt man sich in der Auswahl der Begriffe für diesen Prozess eher undogmatisch und räumt auch ein, dass es sich teilweise nur um neue Labels oder Marketingsprüche handelt. Andreas König, Europa-Chef des Storage-Partners NetApp, geht sogar noch einen Schritt weiter: Sein Unternehmen habe eigentlich schon länger, so König, Cloud Computing im Angebot gehabt – "aber ohne es so zu nennen". Insofern sei man auch nicht nur ein weiterer Player bei Clouds, da die eigene Technologie das schon länger unterstütze.
T-Systems will vom Cloud-Computing-Boom profitieren
Damit positioniert sich der Hersteller jetzt als Anbieter von Cloud Computing, worauf man bisher verzichtet hatte. Man kann es auch so sagen: Beide, T-Systems und sein Ausstatter bei Storage, wollen schlicht von dem gegenwärtigen Boom bei Cloud Computing profitieren.
Für den Analysten Spies stellt dies nichts Neues dar: "So etwas gibt es bei jeder neuen Welle." Als Ende der 90er Jahre die große CRM-Welle (Customer Relationship Management) über die ganze IT-Industrie rollte, sei die Anzahl der CRM-Anbieter ebenfalls mit einem Schlag explodiert. Jeder Anbieter von Business Intelligence (BI) gerierte sich plötzlich als CRM-Anbieter: "Zwei Jahre später war dies bereits anders – die Anzahl der CRM-Anbieter ist wieder gesunken, und die Anzahl der BI-Anbieter pendelte sich wieder auf ihrem früheren Niveau ein. So etwas passiert jetzt auch."
Im Moment ist es laut Spies so, dass der Industrietrend mit Virtualisierung und Cloud Computing auf etablierte Hardware-Hersteller zukommt und man nicht unbedingt neue Produkte und Services anbieten muss. Insofern benutzt man jetzt diese Welle und profitiert ganz gut davon, solange die Produkte in das neue Schema passen. Der IDC-Analyst weist darauf hin, dass das bei anderen Playern anders aussieht: "Software-Anbieter wie Microsoft zum Beispiel müssen neue Produkte und Services entwickeln, um bei diesem Trend überhaupt mitspielen zu können."