Projektmanagement

Die wichtigsten Erfolgskriterien für Projekte

07.05.2018 von Christiane Pütter
Rein agile Methoden kommen nur bei sieben Prozent der Projekte zum Einsatz. Sie werden besser bewertet als Vorhaben nach dem klassischen Projektmanagement. Das zeigt eine Studie der Hochschule Koblenz.
  • Fast 90 Prozent der Projekte, die agil durchgeführt wurden, erhalten gute bis sehr gute Bewertungen, bei den klassisch durchgeführten Projekten sind es zehn Prozent weniger
  • 88 Prozent der Unternehmen, die agile Methoden einsetzen, bezeichnen sich als überdurchschnittlich erfolgreich, unter den „Klassikern“ sind es 74 Prozent
  • In Sachen Projektdurchführung schreiben sich 70 Prozent der Unternehmen einen hohen bis sehr hohen Reifegrad zu, beim Change Management nur knapp 30 Prozent
Der Erfolg eines Projektes hängt von vielen Kriterien ab.
Foto: HS Koblenz, Process-and-Project.net, Projektmagazin

Wie bewerten Entscheider ihre Projekte? Diese Frage will die Hochschule Koblenz in der "Ökosystem Projekt - Projektumfeldstudie" klären. Der Wirtschaftsinformatiker Ayelt Komus von der HS Koblenz arbeitete dafür mit dem Portal Process and Project sowie dem Projektmagazin zusammen. In der Gesamtbetrachtung schneiden Projekte, die nach agilen Methoden durchgeführt werden, besser ab als solche nach klassischen Methoden.

44 Prozent der untersuchten Vorhaben stammen aus der IT (Software-Entwicklung, Software-Einführung und anderes), 24 Prozent beschäftigten sich mit Reorganisation (beispielsweise von Prozessen) und 14 Prozent mit Produktentwicklung. Weitere Bereiche sind Bau- und Konzeptentwicklung.

Agil durchgeführte Projekte erhalten bessere Wertungen als klassisch durchgeführte.
Foto: HS Koblenz, Process-and-Project.net, Projektmagazin

Insgesamt zeigen sich die über 500 Befragten zufrieden. 71 Prozent bewerten ihre Projekte als "gut", weitere zwölf Prozent sogar als "sehr gut". 16 Prozent finden ihre Projekte dagegen "schlecht" und zwei Prozent als "sehr schlecht". Die Wissenschaftler betrachten das Ergebnis allerdings differenziert. Sie verweisen auf einen möglichen "Dunning-Kruger-Effekt", demzufolge sich weniger kompetente Menschen überschätzen.

Niemand bewertet agil durchgeführte Projekte als "sehr schlecht"

Ein genauerer Blick auf die Zufriedenheit zeigt folgende Unterschiede: Agile Projekte erhalten von 22 Prozent der Befragten ein "sehr gut" und von weiteren 65 Prozent ein "gut". Zwölf Prozent vergeben ein "schlecht", niemand ein "sehr schlecht". Projekte nach dem klassischen Management bewerten sieben Prozent als "sehr gut" und 72 Prozent als "gut". 19 Prozent halten diese Projekte für "schlecht" und knapp drei Prozent für "sehr schlecht". Alle weiteren Projekte - solche, bei denen die Methoden kombiniert werden ("hybrid") und solche, bei denen fallweise entschieden wird - bewegen sich dazwischen.

Darüber hinaus wollten Komus und seine Kollegen wissen, ob die Studienteilnehmer ihr Unternehmen als überdurchschnittlich erfolgreich einschätzen. 88 Prozent derer, die agile Methoden einsetzen, bestätigen das "voll" oder "teilweise". Unter den Nutzern klassischer Methoden gilt das für 74 Prozent.

Je nach Rolle im Projekt werden unterschiedliche Erfolgskriterien priorisiert.
Foto: HS Koblenz, Process-and-Project.net, Projektmagazin

Dabei hängen die Kriterien für den Erfolg eines Projektes von der Rolle des Teilnehmers ab. Werden alle Angaben summiert, ergibt sich folgende Rangfolge: "Sehr wichtig" sind die Zufriedenheit der Nutzer (63 Prozent) und der Auftraggeber (60 Prozent) sowie das Einhalten der Qualitätsanforderungen (ebenfalls 60 Prozent) und der Nutzen des Projektergebnisses (56 Prozent). Die geringste Rolle spielt für die Befragten, dass sie das Budget einhalten (21 Prozent bewerten dies als "sehr wichtig", 28 Prozent als "weniger wichtig" bis "gänzlich irrelevant").

Nutzerzufriedenheit wichtiger als Qualität

Betrachtet man nur die Antworten der Auftraggeber, gelten folgende Punkte als "sehr wichtig": Nutzerzufriedenheit 77 Prozent, Nutzen des Projektergebnisses 67 Prozent, Zufriedenheit der Auftraggeber 61 Prozent. Dass die Qualitätsanforderungen erreicht werden, halten "nur" 51 Prozent der Auftraggeber für "sehr wichtig". Anders die Daten der Teilnehmer, die in einem Projekt Management Office (PMO) organisiert sind. Hier liest sich das Ranking so: Einhalten der Qualitätsanforderungen und Nutzerzufriedenheit jeweils 61 Prozent, Auftraggeberzufriedenheit 54 Prozent und Nutzen des Projektergebnisses 50 Prozent.

Ein solches eigenes Office haben 37 Prozent der Unternehmen ihren Projektmanagern eingerichtet. In 32 Prozent arbeiten einzelne Projektmanagement-Experten über das Unternehmen verteilt und in 27 Prozent sind Projektmanagement-Teams in den jeweiligen Abteilungen verankert.

In Sachen Change Management gestehen sich die Unternehmen den geringsten Reifegrad zu.
Foto: HS Koblenz, Process-and-Project.net, Projektmagazin

Reifegrad der Projektabwicklung

Ein weiteres Ergebnis der Studie bezieht sich auf den Reifegrad, den sich die Entscheider in Sachen Projektabwicklung zutrauen. Den höchsten Reifegrad sehen die Befragten bei der Projektdurchführung an sich (70 Prozent "sehr hoch" bis "hoch"), bei der Motivation ihrer Teams (65 Prozent "sehr hoch" bis "hoch") und bei der Projektsteuerung (63 Prozent "sehr hoch" bis "hoch"). Ganz anders beim Change Management: Hier bescheinigen sich das nur knapp 30 Prozent - die restlichen 70 Prozent sprechen von einem "geringen" bis "sehr geringen" Reifegrad. Das ist der schlechteste Wert bei dieser Frage.

Komus und seine Kollegen haben außerdem nach den Zertifizierungen der Projektmanager gefragt. Die Antworten entsprechen der geringen Verbreitung agiler Methoden. So verfügen zwölf Prozent über Scrum.org und zehn Prozent über Scrum Alliance. Knapp vier Prozent haben eine Kanban Zertifizierung. Dagegen können 34 Prozent IPMA/GPM-Zertifikate vorweisen und 27 Prozent weitere Zertifikate klassischen Projektmanagements.

10 Basics für Projektmanager der nächsten Generation
Macher-Typen sind nicht mehr gefragt
Der Projektmanager mit rein technischer Expertise ist out, findet Mary Gerush von Forrester Research. Sie beschreibt den Projektmanager der nächsten Generation als kommunikativ, kompetent und stark in Soft-Skills.
1. Emotionale Intelligenz
Das meint die Fähigkeit, Augen und Ohren offen zu halten, um den Input von Projektmitarbeitern und Kunden in Zusammenhang mit dem Ziel in die Arbeit einfließen zu lassen.
2. Anpassungsfähige Kommunikation
Die Fähigkeit, seine Ideen - mündlich oder schriftlich - einem weiten Kreis von Interessenten zu vermitteln, egal, aus welcher Abteilung, aus welchem Kulturkreis und mit welcher Vorbildung sie stammen.
3. Fähigkeit, mit Leuten umzugehen
Die Begabung, schnell positive Beziehungen zu Team-Mitgliedern und Stakeholdern aufzubauen und zu pflegen.
4. Fähigkeit zu managen
Das Können, in einem Team zu arbeiten, es zu motivieren, auf das Ziel zu fokussieren und die Zusammenarbeit im Team zu fördern.
5. Flexibilität
Der Wille und die Fähigkeit, seinen Denkansatz zu überarbeiten, wenn es der Projektgegenstand und das Business verlangen
6. Business-Kenntnisse
Wissen über das Business des Kunden und seine Branche. Die Fertigkeit, seine Strategie zu verstehen und seine Projektarbeit an dieser Strategie auszurichten.
7. Analyse-Fähigkeit
Die Eignung, Probleme analysieren zu können und seine Entscheidungen aufgrund solcher Analysen zu treffen.
8. Blick für den Kunden
Das Vermögen, Kunden- und Anwenderbedürfnisse zu verstehen und den Drang, diese Kundenbedürfnisse im Projekt auch befriedigen zu wollen.
9. Ausrichtung am Ergebnis
Die Fähigkeit, das Projekt effizient und wirksam abzuschließen.
10. Charakter
Der Projektmanager der Zukunft sollte eine ansprechende Persönlichkeit sowie starke Wertvorstellungen und einen moralisch einwandfreien Charakter besitzen.