"Wir haben im VMware-Umfeld 160 Server konsolidiert", sagt Thomas Schott, Leiter Corporate Service Center IT der Rehau AG. Er gewann kürzlich den von der Experton Group ausgelobten Green CIO Award in der Sparte Konsolidierung. "Auf drei Jahre betrachtet sparen wir dadurch insgesamt rund 500.000 Euro." Schott meint hier alleine direkte Einsparungen durch die Virtualisierung der Server-Architektur. Nicht einberechnet seien zusätzliche Effekte, weil er in seinem Rechenzentrum nun effizienter mit seinem Personal haushalten könne.
Green IT im Trend
Green IT liegt eindeutig im Trend. Das sieht auch Experton so: Die Analysten sagen ein Wachstum dieses Marktes bis 2010 um zwei Drittel allein in Deutschland voraus. Die Investitionen in Green Services explodieren demnach förmlich von 0,82 Milliarden Euro im Jahr 2007 auf 8,43 Milliarden. Im gleichen Zeitraum wächst laut Prognose der Markt für Software in "grünen Rechenzentren" von 0,38 auf 1,78 Milliarden Euro, jener für Green Hardware von 0,61 auf 3,58 Milliarden Euro.
Gleichwohl sieht Experton-Analyst Wolfgang Schwab durchaus ein Spannungsfeld zwischen "Green IT" als Modewort und wirtschaftlicher Notwendigkeit. Am Nutzen einiger auf der jüngsten Cebit präsentierter Anwendungen äußert Schwab erhebliche Zweifel. Nichtsdestotrotz lässt Experton keinen Zweifel daran, dass Green IT ein Segen für die Umwelt und zugleich für die Unternehmen sein kann. Vorausgesetzt, sie gehen richtig an die Materie heran.
Der Rehau AG ist das augenscheinlich gelungen. "Es vergeht viel weniger Zeit, bis Anwendungen reibungslos laufen", kommentiert Schott einen entscheidenden Nutzen der Anstrengungen beim Kunststoff-Spezialisten. Was zuvor in der Regel mehr als vier Wochen dauerte, gelingt nun meist innerhalb von drei Tagen. Sein Hauptproblem vor Beginn der Konsolidierung 2006 sei gewesen, dass immer mehr Stellplatz in den Bereichen Strom und Klima belegt war. Das Problem sei nun gelöst.
Hohe Verfügbarkeit durch Virtualisierung
Ein drittes Argument für eine Green IT-Initiative geht nach Schotts Empfinden in der Diskussion oft unter: Bei Störfällen kann bedingt durch die Virtualisierung eine deutliche höhere Verfügbarkeit der Anwendungen gewährleistet werden. Auch der Umzug ins neue Rechenzentrum ließ sich so denkbar einfach bewerkstelligen. Ein einfaches Backup der Software genügte. "Dann konnten wir ohne großen Aufwand die Kisten einpacken", so Schott, in dessen neuem Rechenzentrum nun vieles einfach per Mausklick funktioniert.
Ein anderer Überzeugungstäter in Sachen ökologischer und zugleich rentabler IT ist Roman Hoffmann, Geschäftsführer der Wilken Rechenzentrum GmbH und von Experton als Green CIO in der Wertung "Overall" geehrt. Gepriesen werden an ihm besonders innovative Ideen wie jene, ein Rechenzentrum schlicht in einen alten Weinkeller zu verlegen. Die Returns-On-Investment sind durchweg gut, die Energie-Einsparungen durch die Bank hoch. Seit 2005 erzielt Wilken bei einem Server-Wachstum um ein Fünftel einen konstanten Stromverbrauch.
"Green IT ist für mich eine Kombination aus wirtschaftlichen und umwelt-technischen Aspekten", lautet Hoffmanns Credo. "Jede unserer Maßnahmen hat ein wirtschaftliches Potential." Beispielsweise verbessere ein virtualisierter Server nicht nur die Energie-Bilanz, sondern sei auch aus administrativer Sicht leichter zu verwalten. Eine weitere Erfahrung seines Kollegen von Rehau bestätigt Hoffmann: "Auf dieser Basis kann eine Hochverfügbarkeit viel leichter sichergestellt werden." Das Einspar-Potenzial von Wilken beziffert Hoffmann auf mehrere zehntausend Euro jährlich. Bei größeren Unternehmen sei selbstverständlich eine sehr viel größere Summe möglich.
An diesen Beispielen können sich Firmen durchaus orientieren. Die Konsolidierung und Virtualisierung der IT-Infrastruktur hält Experton für den ersten wesentlichen Schritt in Richtung Green IT. In den meisten Rechenzentren arbeiteten Server und Storage Systeme mit einer Auslastung von deutlich unter 40 Prozent. Insbesondere bei Servern, die älter als zwei Jahre sind, und bei Primärspeichern werde unnötig Energie verbraucht und Rechenzentrums-Platz vergeudet.
Als zweiten strategisch wichtigen Aspekt nennt Experton eine energie-effiziente Hardware und Steuerung. Den Herstellern attestieren die Analysten für die vergangenen Monate große Fortschritte. Mit Hilfe wirksamer Lüfter und Netzteile sei ein Wirkungsgrad von 95 Prozent zu erreichen, der sich durch weitere Komponenten sogar noch weiter senken lasse.
Enegieeffizienz durch gezielte Kühlung
Die Nutzung von Abwärme sei ein aktuell noch eher unbeachteter Baustein innerhalb der IT, so Experton. Der Kühlung komme eine entscheidende Bedeutung zu, vor allem weil immer höhere Leistungsdichten etwa durch Blade Server und ein sehr dicht gepacktes Netzwerk-Equipment die Anforderungen erhöhen. Zu empfehlen sei es, den Einsatz von Wasserkühlungen auf Rack-Ebene und sogar auf Chip-Ebene zu prüfen.
Das neue Rechenzentrum von Rehau setzt auf Blade-Server und Storage-Racks, die auf die eigenen Bedürfnisse hinsichtlich Klimatisierung, Stromverversorgung, Kupfer- und LWL Verkabelung zugeschnitten sind. "Ich will in diesem Bereich keine vorgefertigten Hersteller-Systeme einsetzen, die nicht unseren eigenen Vorstellungen entsprechen", sagt Thomas Schott. Er hat die Kupfer- und Glasfaserverkabelung konsequent standardisiert. "Wir bauen auf drei Standard Rack-Typen, und es gibt keinerlei fliegende Patch-Kabel zwischen den Racks." Überhaupt zählt bei den Kabeln eine klare Struktur, um "Verkabelungsbäume im Abluftbereich der aktiven Komponenten" zu vermeiden. "Wir haben dadurch eine deutlich effektivere Klimatisierung und somit auch einen reduzierten Energiebedarf erzielt", schwärmt Schott über einen weiteren Benefit.
Diese Linie der Standardisierung und klaren Strukturierung erscheint als eine passende Antwort auf eine der laut Experton größten Herausforderungen im Bereich der Rechenzentren. Es gilt, den Wildwuchs von Servern und Storage Systemen in den Griff zu bekommen. Des Weiteren liegt ein Fokus darauf, den Administrationsaufwand für die IT-Infrastruktur zu senken und sie zu flexibilisieren. Virtualisierungs-Lösungen werden zwar in immer mehr Unternehmen eingesetzt. Gegenüber der Storage Virtualisierung hinkt die Server Virtualisierung allerdings deutlich hinterher. Anfang 2008 waren nur rund ein Zehntel der relevanten Server in deutschen Rechenzentren virtualisert.
Als "nur von mittlerer Wichtigkeit" stuft Experton die Faktoren Klimatisierung sowie Platz- und Energie-Restriktionen ein. Energie-Effizienz-Untersuchungen setzt nur gut ein Fünftel der deutschen Unternehmen ein. Ein gutes Drittel davon verwendet dabei Software, und lediglich ein Fünftel nimmt Hilfe von externen Dienstleistern in Anspruch.
Diese Zurückhaltung mag einmal mehr der Unsicherheit geschuldet sein, ob derlei Aufwand sich rechnet. Die Analysten von Forrester haben unlängst die Kosten-Nutzen-Rechnung für verschiedene Green IT-Aktivitäten in einer Art strategischen Landkarte verzeichnet. Der von der Rehau AG gewählte Weg, die Rechenzentren zu konsolidieren, erscheint dabei tatsächlich als der Königsweg zumindest auf längere Sicht.
Power-Management spart Energie
Dass sich mit geringerem Aufwand an Ressourcen durchschlagender Nutzen erzielen lässt, zeigen die Analysten am Beispiel der Abschaltung nicht benutzter Geräte. Es bräuchte lediglich ein Power-Management-System, das in Phasen geringerer Beanspruchung überflüssige Apparate herunterfährt.
Die kalkulatorische Logik von Green IT lässt sich alles in allem breit auffächern. Für die simple Abschaltung nicht benötigter Geräte benötigt es keine besonders ausgefeilte Strategie, um betriebswirtschaftliche Erfolge zu feiern. Je nach Engagement der Unternehmen lässt sich mit deutlich höherem Aufwand zusätzlicher Ertrag abschöpfen. Thomas Schott von der Rehau AG ist dabei schon sehr weit gelangt. Eine vereinfachte Verkabelung im Rechenzentrum bringt laut Forrester-Schema bei mittlerem Aufwand einen eher geringen Nutzen. Aber auch der kann wertvoll sein.
Mit Green IT beschäftigt sich Experton in der Studie "Green IT - im Spannungsfeld zwischen Modewort und wirtschaftlicher Notwendigkeit" sowie Forrester im Report "Creating The Green IT Action Plan".