Frei schwebt die IT in Unternehmen längst nicht mehr. Sie muss ihren geschäftlichen Nutzen tagtäglich beweisen, Business Alignment lautet das dazugehörige Stichwort. Im Umkehrschluss bedeutet das: Wer als IT-Experte etwas werden will, muss mehr anbieten können als Fachkenntnisse. „Technische Fertigkeiten sind nur in Kombination mit businessnahen Skills interessant für den Arbeitsmarkt“, heißt es in der IT-Skills-Studie 2010 des Software- und Beratungshauses Data Assessment Solutions.
So weit, so eingängig. Ein echtes Verdienst der Studie ist es allerdings, konkret und erfrischend anschaulich aufzuzeigen, was genau an Fertigkeiten gefragt ist. Und das auf fundierter Basis. Wissenschaftlicher Leiter der Erhebung ist Professor Joachim Giesen, Lehrstuhlinhaber für Theoretische Informatik an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass sich vor allem ein Mix aus Branchenwissen, Projektmanagement-Skills und Analyse- und Modellierungsfähigkeiten auszahlt.
Vorneweg lohnt sich ein Blick auf die Methodik der Studie. Sie beruht darauf, Personalchefs jeweils aus zwei Bewerberprofilen wählen zu lassen und diese Ergebnisse dann zu einem allgemeinen Raster zusammenzufügen. Auf diesem Wege generierte schon die erste IT-Skills-Studie im vergangenen Jahr einen aufschlussreichen Befund. Die viel beschworenen Soft Skills wie Teamfähigkeit und Kommunikationsgabe sind demnach völlig überbewertet.
IT-Spezialisten sind diesbezüglich auf der sicheren Seite, solange sie durchschnittliche Teamfähigkeit und Selbstorganisation mitbringen. „Viel stärker können sie ihren Marktwert steigern, indem sie sich in die Besonderheiten bestimmter Wirtschaftszweige einarbeiten“, fasst Data Assessment Solutions das Ergebnis von 2009 zusammen.
Die aktuelle Befragung knüpft an diese Erkenntnis an und fragt, in welchem Maße sich welche Kenntnisse rentieren. Untersucht wurden fünf Ebenen: Branchen- und Fachwissen, Projektmanagement, Analyse und Modellierung, Software-Implementierung sowie Service-Management. Die Studie unterscheidet jeweils vier Niveaus: Laie, Kenner, Könner, Experte.
Gute Branchenkenntnisse reichen aus
Nachvollziehen lassen sich die Ergebnisse am besten, indem man sich einen Berufseinsteiger ohne besondere Expertise in den fünf Bereichen vorstellt. Zu fragen ist dann, wann in welchem Segment Weiterbildungsschritte besonders vorteilhaft sind.
Zunächst ist der größte Sprung durch das Ansammeln von Branchen- und Fachwissen möglich. Heißt konkret: Wer einen Job in der Versicherungs-IT anstrebt, sollte sich tunlichst in Abläufen der Schadensabwicklungen kundig machen. Auch IT-Experten brauchen Business-Wissen – allerdings nur zu einem gewissen Grad. Ohne fachliche Grundkenntnisse geht quasi nichts. Wer diese schon erworben hat, sollte aber an anderen Skills feilen.
Von herausragender Bedeutung sind fortan Fähigkeiten im Projektmanagement und vor allen Dingen im Bereich Analyse und Modellierung, wo sich jeder Wissenssprung auszahlt. Business Alignment erfordert in der Realität also, auch als IT-Spezialist Geschäftsanforderungen im Detail zu verstehen und sich fachlich vom Laien zum Kenner zu entwickeln. Wichtiger ist es dann, auf dieser Basis zum Brückenbauer zwischen IT und Business zu werden.
Weitergehendes Wissen müsse nicht in der IT selbst vorhanden sein, sondern könne „direkt bei den Experten in den Fachabteilungen abgegriffen werden“, heißt es in der Studie. Lukrativ für Berufseinsteiger ist als zweiter Schritt der Aufbau von Projektmanagement-Skills wie Kostenschätzung, Zeit- und Ressourcen-Planung sowie Steuerung. Wer darauf ausreifte Kenntnisse in Analyse und Modellierung sattelt, braucht sich fast keine Sorgen mehr zu machen.
Wer bei Branchen- und Fachwissen, Projektmanagement sowie Analyse und Modellierung Grundkenntnisse mitbringt, verfügt als "Business Generalist" über beste Perspektiven. "Durch keine andere Kombination lässt sich mit so wenig Aufwand ein so hoher Marktwert erzielen", konstatiert die Studie.
Service-Management: Nur Knochenarbeit verspricht Erfolg
Der Ausbau der rein technischen Fertigkeiten in der Software-Implementierung lohnt sich im Vergleich dazu weit weniger. Wer damit punkten will, sollte sich zuerst in den genannten Business-Skills fortentwickeln. "Es ist für Software-Entwickler deutlich interessanter, ihr Profil zu verbreitern als ihre Kernkompetenz zu vertiefen", ergab die Befragung.
Auf dem Arbeitsmarkt kaum gefragt sind Service-Management-Skills. Der Bereich sei in ähnlicher Weise speziell wie jener der IT-Architektur in der vorausgegangenen Studie, so Data Assessment Solutions. Service-Management-Spezialisten begeben sich in einen vergleichsweise begrenzten Arbeitsmarkt und müssen hart knüppeln, um zu reüssieren.
Im Niveau-Raster der Studie bedeutet das: Nur wer sowohl in der Software-Implementierung wie im Service-Management absoluter Experte ist, besitzt vergleichbare Perspektiven wie ein Rivale mit Grundkenntnissen fachlicher Art und in Projektmanagement und Analyse und Modellierung.
„Es wird lediglich darauf geachtet, ob jemand ein Könner auf diesem Gebiet ist oder nicht“, heißt es in der Studie. Einfacher ist es, sich nicht auf technisches Know-how zu versteifen, sondern den Geboten des Business Alignment zu gehorchen. Also zu lernen, Brücken zwischen IT und Fachabteilungen zu bauen.